Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
dass es sich weniger um einen Diebstahl vonseiten Apples als um ein Versagen bei Xerox gehandelt habe. »Das waren eben Kopiererleute, die keine Ahnung hatten, wozu Computer imstande sind«, sagte er über das Management von Xerox. »Sie haben es geschafft, dem größten Sieg in der Geschichte der Computerherstellung eine Niederlage abzuringen. Xerox hätte sich die gesamte Branche in die Tasche stecken können.«
Beide Einschätzungen enthalten viel Wahres, aber es ist noch ein bisschen mehr an der Geschichte dran. Wie T. S. Eliot bemerkte, fällt zwischen Idee und Schöpfung immer ein Schatten. In den Annalen der Erfindungen sind neue Ideen immer nur ein Teil der Gleichung. Die Umsetzung ist genauso wichtig.
Jobs und seine Ingenieure verbesserten die grafischen Oberflächen-Ideen, die sie im Xerox PARC gesehen hatten, entscheidend und setzten sie praktisch um, wozu das Xerox-System nicht in der Lage war. Eine Xerox-Maus beispielsweise hatte drei Tasten, war kompliziert, kostete 300 Dollar und rollte nicht einmal ordentlich. Einige Tage nach seinem zweiten Besuch im Xerox PARC ging Jobs zu einem ortsansässigen Industriedesignbüro und erklärte einem der Gründer, Dean Hovey, er wolle ein einfaches Ein-Tasten-Modell mit einem Verkaufspreis von 15 Dollar, »und sie muss auch auf Sperrholz und auf meiner Jeans funktionieren«. Hovey sagte zu.
Der Fortschritt lag aber nicht nur in den Details, sondern in der ganzen Konzeption. Mit der Xerox-Maus konnte man zum Beispiel keine Fenster auf dem Bildschirm verschieben. Die Apple-Ingenieure entwickelten eine Oberfläche, auf der sich Dateien und Fenster nicht nur verschieben, sondern auch in Ordner ablegen ließen. Das Xerox-System erforderte für jede Handlung einen Befehl, ob man ein Fenster vergrößern oder verkleinern oder eine Datei an eine andere Verzweigung im Inhaltsverzeichnis setzen wollte. Das Apple-System machte dagegen aus der Metapher eine virtuelle Realität – man konnte alles auf dem Desktop direkt anfassen, manipulieren, verschieben und umordnen. Und bei Apple arbeiteten die Ingenieure bei der Gestaltung des Desktops mit den Designern zusammen – täglich angetrieben von Jobs. So entstanden die verspielten Icons, die Menüleisten über jedem Fenster und der Doppelklick zum Öffnen von Dateien und Ordnern.
Die Xerox-Bosse wussten übrigens sehr wohl, was ihre Forscher im PARC geschaffen hatten, sie hatten auch versucht, es auf den Markt zu bringen – und dabei gezeigt, weshalb eine gute Umsetzung genauso wichtig ist wie eine gute Idee. Bereits 1981, lange vor dem Apple Lisa oder dem Macintosh, brachten sie den Xerox Star heraus. Dieser Rechner arbeitete mit einer grafischen Benutzeroberfläche samt Fenstern auf einem Desktop, einer Maus und der Bitmap-Technologie, aber er war furchtbar umständlich (manchmal dauerte es Minuten, eine größere Datei abzuspeichern), ziemlich teuer (16595 Dollar im Einzelhandel) und zielte nur auf Firmenkunden. Er floppte – insgesamt wurden nur 30000 Stück verkauft.
Jobs und sein Team sahen sich bei einem Händler den Xerox Star an, sowie er herauskam. Aber Jobs hielt das Gerät für so wertlos, dass er die Firma anwies, keinen anzuschaffen. »Wir waren ziemlich erleichtert«, erinnerte er sich. »Wir wussten jetzt, dass sie es nicht hinbekommen hatten, dass wir es aber konnten – zu einem Bruchteil des Preises.« Einige Wochen später rief er Bob Belleville an, einen der Hardware-Designer des Xerox-Star-Teams. »Alles, was Sie je gemacht haben, ist scheiße«, meinte Jobs, »wollen Sie nicht lieber für mich arbeiten?« Belleville sagte zu, ebenso Larry Tesler.
In seiner Begeisterung riss Jobs immer mehr das tägliche Management des Lisa-Projekts an sich, das eigentlich der ehemalige HP-Ingenieur John Couch leitete. Jobs überging Couch und bombardierte Atkinson und Tesler direkt mit seinen Ideen, besonders zur Gestaltung der grafischen Benutzeroberfläche. »Manchmal rief er um zwei Uhr nachts an oder um fünf Uhr morgens«, erzählte Tesler. »Ich fand es klasse. Aber es störte meine Chefs in der Lisa-Abteilung.« Jobs wurde ermahnt, den Dienstweg einzuhalten. Eine Weile hielt er sich daran, aber nicht lange.
Ein entscheidender Konflikt war die Frage des Bildschirmhintergrunds. Atkinson entschloss sich, dass er weiß statt wie bisher schwarz sein solle. Das entsprach dem sowohl von Atkinson wie Jobs propagierten Prinzip WYSIWYG (»What You See Is What You Get«): Auf dem Bildschirm sollte das zu sehen sein,
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