Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
Adele Goldberg, die ebenfalls präsentierte, war jedoch entsetzt, dass ihre Firma anscheinend ihre Kronjuwelen hergeben wollte. »Das war unglaublich dumm, völlig verrückt, und ich kämpfte dagegen, Jobs irgendetwas zu zeigen«, erzählte sie.
Bei der ersten Vorführung setzte sich Goldberg noch durch. Jobs, Raskin und John Couch, der Leiter des Lisa-Teams, wurden in die Hauptlobby geführt, wo ein Xerox Alto aufgebaut war. »Es war nur eine sehr eingeschränkte Demonstration der möglichen Anwendungen, hauptsächlich Textverarbeitung«, erinnerte sich Goldberg. Jobs war unzufrieden, rief die Xerox-Zentrale an und verlangte mehr.
Daraufhin wurde er einige Tage später erneut eingeladen, und diesmal brachte er ein größeres Gefolge mit, darunter Bill Atkinson und Bruce Horn, Programmierer bei Apple, der früher im Xerox PARC gearbeitet hatte – die beiden wussten, wonach sie suchen mussten. »Als ich zur Arbeit kam, herrschte ziemliche Unruhe, und ich hörte, dass Jobs mit einem Haufen seiner Programmierer im Konferenzraum sitzt«, erzählte Goldberg. Einer ihrer Ingenieure versuchte, ihn mit weiteren Displays von Textverarbeitungsprogrammen hinzuhalten, aber Jobs wurde ungeduldig. »Schluss mit dem Unsinn!«, rief er immer wieder. Die Xerox-Leute zuckten innerlich zusammen und öffneten zögernd den Vorhang ein bisschen weiter: Tesler durfte die Programmiersprache Smalltalk vorführen, allerdings nur die »nicht geheime« Version des Prototyps. »Das wird ihn blenden, und er merkt gar nicht, dass er das Vertrauliche nicht gesehen hat«, erklärte der Leiter des Teams Goldberg.
Sie irrten sich. Atkinson und andere hatten die vom Xerox PARC publizierten Artikel gelesen und wussten, dass sie immer noch nicht alles gezeigt bekommen hatten. Jobs beschwerte sich telefonisch beim Leiter der Investitionsabteilung von Xerox; es folgte postwendend ein Rückruf aus der Zentrale in Connecticut mit der Anweisung, Jobs und seiner Gruppe alles offenzulegen. Goldberg stürmte wütend hinaus.
Als Tesler dann demonstrierte, was sie tatsächlich alles konnten, staunten die Apple-Leute. Atkinson prüfte jedes Pixel auf dem Bildschirm aus so kurzer Entfernung, dass Tesler seinen Atem im Nacken spürte. Jobs sprang herum und fuchtelte aufgeregt mit den Armen. »Er hüpfte dermaßen umher, dass ich mich fragte, wie er irgendetwas von der Präsentation mitbekam, aber er tat es, denn er stellte ununterbrochen Fragen«, erinnerte sich Tesler. »Er war das Ausrufezeichen zu jedem Schritt, den ich vorführte.« Jobs sagte immer wieder, er könne nicht glauben, dass Xerox diese Technologien nicht vermarkte. »Ihr sitzt hier auf einer Goldmine«, rief er. »Ich glaube einfach nicht, dass Xerox nichts daraus macht.«
Die Smalltalk-Vorführung demonstrierte drei erstaunliche Errungenschaften: erstens, wie man Computer zu Netzwerken verband; zweitens, wie Objekt-orientierte Programmierung funktionierte. Aber Jobs und sein Team achteten nicht besonders darauf, weil sie – drittens – von der grafischen Benutzeroberfläche des Bitmap-Bildschirms so begeistert waren. »Es war, als würde ein Schleier von meinen Augen weggezogen«, erinnerte er sich später. »Ich konnte die Zukunft des Computers deutlich vor mir sehen.«
Als das Meeting im Xerox PARC nach über zwei Stunden zu Ende war, fuhr Jobs Bill Atkinson zum Apple-Firmensitz in Cupertino zurück. Er raste – auch in Gedanken und Worten. »Das ist es!«, rief er und betonte dabei jedes Wort. »Das müssen wir machen!« Es war der Durchbruch, nach dem er so lange gesucht hatte: ein massentauglicher Rechner mit dem freundlichen, aber erschwinglichen Design eines Eichler-Hauses und der Konsumentenfreundlichkeit eines durchdesignten Küchengeräts.
»Wie lange brauchen wir, um das umzusetzen?«, fragte er.
»Keine Ahnung«, meinte Atkinson. »Vielleicht sechs Monate.« Es war eine sehr optimistische Schätzung, aber sie motivierte.
»Große Künstler klauen«
Der Apple-Raubzug im Xerox PARC gilt mitunter als einer der größten Industriediebstähle aller Zeiten. Jobs schloss sich dem gelegentlich an, und zwar unverkennbar stolz: »Es kommt darauf an, sich mit dem Besten vertraut zu machen, was Menschen geschaffen haben, und es in die eigene Arbeit einzubeziehen«, erklärte er einmal. »Picasso sagte immer: ›Gute Künstler kopieren, große Künstler klauen.‹ Und wir haben schon immer schamlos große Ideen geklaut.«
Eine andere Einschätzung, die Jobs ebenfalls teilt, lautet,
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