Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
was man erhielt, wenn man das Dokument ausdruckte. »Das Hardware-Team schrie Zeter und Mordio«, erinnerte sich Atkinson. »Sie sagten, man würde eine weniger haltbare Sorte Phosphor nehmen müssen und der Bildschirm würde stärker flimmern.« Atkinson rief Jobs zu Hilfe, der sich hinter ihn stellte. Die Hardware-Leute murrten, aber sie fanden eine Lösung. »Steve war selbst kein großer Ingenieur, aber er hörte es den Ingenieuren an, ob sie sich nur sträubten oder etwas wirklich nicht konnten.«
Eine von Atkinsons erstaunlichen Leistungen (an die wir uns heute so gewöhnt haben, dass wir sie kaum mehr wahrnehmen) war es, die Fenster auf dem Bildschirm überlappen zu lassen, sodass sich eines »über« das andere legen konnte. Atkinson gelang es, dass man die Fenster wie Papiere auf einem Schreibtisch verschieben konnte, wodurch die unteren dem Blick verborgen blieben, wenn ein anderes darüberlag. Natürlich gibt es auf einem Computerbildschirm keine »unteren« Pixelschichten, die wieder zum Vorschein kommen, wenn man das »obere« Fenster wegschiebt. Um diese Illusion überlappender Fenster zu erzeugen, bedurfte es einer komplizierten Codierung, die sich um sogenannte Regionen dreht. Atkinson trieb sich selbst gnadenlos dazu an, diesen Trick erfolgreich einzubauen, weil er sich zu erinnern glaubte, ihn bei der Vorführung im Xerox PARC schon gesehen zu haben. Dort aber war man noch gar nicht so weit, und später sagten ihm die PARC-Leute, wie erstaunt sie gewesen seien, dass er es geschafft hatte. »Naivität kann einen manchmal ziemlich beflügeln«, sagte Atkinson. »Weil ich nicht wusste, dass es nicht ging, konnte ich es.« Atkinson arbeitete so verbissen, dass er eines Morgens völlig übermüdet seine Corvette in einen geparkten Lkw fuhr und dabei fast ums Leben kam. Jobs besuchte ihn sofort im Krankenhaus. »Wir haben uns ziemliche Sorgen um dich gemacht«, meinte Jobs, als Atkinson wieder bei Bewusstsein war. Atkinson lächelte gequält und erwiderte: »Keine Sorge, ich erinnere mich noch an die Regionen.«
Jobs wollte außerdem unbedingt gleichmäßiges Scrollen. Die Dokumente sollten nicht Zeile für Zeile auf dem Bildschirm nach oben springen, sondern fließend ablaufen. »Er bestand darauf, dass alles auf der Benutzeroberfläche ansprechend und angenehm gestaltet sein sollte«, erzählte Atkinson. Die Maus sollte den Cursor in alle Richtungen bewegen können, nicht nur rechtwinklig nach oben, unten, rechts oder links. Dazu musste sie allerdings auf einer Kugel statt auf den üblichen zwei Rädern rollen. Einer der Ingenieure erklärte Atkinson, eine solche Maus sei für die Massenherstellung einfach nicht machbar. Atkinson berichtete Jobs beim Mittagessen davon und als er am nächsten Tag wieder zur Arbeit kam, stellte er fest, dass Jobs den Ingenieur entlassen hatte. Als dessen Nachfolger Atkinson begegnete, waren seine ersten Worte: »Ich kann diese Maus konstruieren.«
Atkinson und Jobs waren eine Zeit lang eng befreundet und aßen oft zusammen im Good Earth. Aber John Couch und die anderen professionellen Ingenieure im Lisa-Team, viele von ihnen konservative HP-Typen, verwahrten sich gegen Jobs’ Einmischungen und waren empört über seine beleidigende Art. Auch in ihren Visionen stimmten sie nicht überein. Jobs wollte aus dem Apple Lisa eine Art VW Käfer machen, ein einfaches und preiswertes Produkt für jedermann. »Es gab ein Tauziehen zwischen denen, die wie ich einen einfachen Rechner wollten, und den HP-Ingenieuren, die wie Couch hauptsächlich an Firmen verkaufen wollten«, erinnerte sich Jobs.
Scott und Markkula wollten endlich etwas Ordnung in die Firma bringen und waren zunehmend besorgt über Jobs’ unkonstruktives Verhalten. Im September 1980 brüteten sie insgeheim eine Umstrukturierung des Unternehmens aus. Couch wurde zum unumstrittenen Leiter der Lisa-Abteilung. Jobs verlor damit die Kontrolle über den Computer, der nach seiner Tochter benannt war, und außerdem seinen Posten als Vizepräsident für Forschung und Entwicklung. Stattdessen wurde er zum Non-Executive Chairman of the Boardernannt. So blieb er zwar in der Öffentlichkeit die Identifikationsfigur für Apple, konnte jedoch keine Anweisungen mehr erteilen. Das tat weh. »Ich war wütend und fühlte mich von Markkula verraten«, sagte er. »Er und Scotty trauten mir die Leitung der Lisa-Abteilung nicht zu. Ich habe lange gebraucht, um darüber hinwegzukommen.«
Kapitel 9 Börsengang: Ein reicher und
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