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Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)

Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)

Titel: Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Isaacson
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Diejenigen, die er für Idioten hielt – alles hart arbeitende, intelligente Ingenieure –, sahen sich von jeder Anerkennung ausgeschlossen.
    Aber diese Kategorien waren nicht unwandelbar. Vor allem wenn es um Ideen ging – im Unterschied zu Menschen –, änderte Jobs sein Urteil mitunter abrupt. Als Tribble Hertzfeld vom Reality Distortion Field erzählte, warnte er ihn besonders vor Jobs’ Ähnlichkeit mit Hochspannungs-Wechselstrom. »Wenn du ihm von einer neuen Idee erzählst, sagt er dir meistens, er hält sie für Blödsinn. Wenn er sie aber eigentlich gut findet, kommt er eine Woche später zu dir und schlägt sie dir vor, als sei es seine eigene.«
    Die Skrupellosigkeit dieser abschließenden Pirouette hätte selbst Sergej Diaghilev, den Begründer der Ballets Russes, frappiert. Bruce Horn, der Programmierer, der gemeinsam mit Tesler vom Xerox PARC abgeworben worden war, erlebte es mehrfach. »Ich erzählte ihm von einem Einfall, den ich gehabt hatte, und er meinte, das sei Blödsinn«, erinnerte sich Horn. »Aber in der nächsten Woche kam er dann zu mir: ›Ich habe eine tolle Idee‹ – es war meine! Wies ich ihn darauf hin: ›Steve, das habe ich dir doch letzte Woche vorgeschlagen‹, erwiderte er nur ungeduldig: ›Ja, ja, ja‹, und redete einfach weiter.«
    Fast schien es, als fehlte Jobs’ Gehirn eine Schaltung, die die Extreme seiner Emotionen ausglich. Im Umgang mit ihm nahm sich das Mac-Team daher den Tiefpassfilter aus der Audiotechnik zum Vorbild: Bei der Verarbeitung seines Inputs reduzierten seine Mitarbeiter sozusagen die Amplitude der Hochfrequenzsignale. Dadurch wurde seine Meinung leichter in ihrer Entwicklung fassbar, indem man gleichsam den Durchschnitt seiner wild hin und her springenden Positionen nahm. »Nach einigen schlagartigen Meinungswechseln«, so Hertzfeld, »hatten wir gelernt, seine Signale durch den Tiefpassfilter zu schicken und auf die Extreme gar nicht zu reagieren.«
    Lag Jobs’ rücksichtsloses Verhalten an mangelndem Einfühlungsvermögen? Nein, eher das Gegenteil war der Fall; er konnte sich sehr gut in andere Menschen einfühlen und hatte die fast unheimliche Fähigkeit, Menschen zu lesen und ihre psychischen Stärken und Schwächen, ihre Verwundbarkeit und Unsicherheit zu erkennen. Er konnte ein nichts ahnendes Opfer mit einem einzigen, perfekt gezielten Satz lähmen. Er wusste intuitiv, ob jemand Wissen vortäuschte oder sich wirklich auskannte. Das machte ihn zum Meister der bewussten Manipulation anderer Menschen. »Er fand sofort deinen schwachen Punkt heraus, und du fühltest dich klein und krümmtest dich innerlich«, erinnerte sich Hoffman. »Das sieht man oft bei charismatischen Menschen, die wissen, wie sie ihr Gegenüber manipulieren können. Wenn man weiß, dass er einen zerquetschen kann, fühlt man sich schwach und giert nach seiner Anerkennung, damit er einen aufhebt, auf ein Podest stellt und vereinnahmt.«
    Dieses Verhalten hatte auch positive Seiten. Diejenigen, die Jobs nicht zerquetschte, wurden gestärkt. Sie arbeiteten besser, sowohl aus Angst und um einen guten Eindruck zu machen als auch, weil sie wussten, dass es von ihnen erwartet wurde. »Sein Verhalten kann einen emotional fertigmachen, aber wenn man es überlebt, funktioniert es«, sagte Hoffman. Manchmal konnte man auch dagegenhalten und nicht nur überleben, sondern gedeihen. Das funktionierte allerdings nicht immer; Raskin, dem es eine Weile gelang, ging schließlich doch unter. Aber wenn man ruhig und korrekt blieb, wenn Jobs zu der Auffassung kam, dass man wusste, was man tat, dann respektierte er einen. Privat wie beruflich umfasste sein innerer Kreis von Freunden und Kollegen sehr viel mehr starke Persönlichkeiten als Schmeichler.
    Die Mitarbeiter im Mac-Team wussten das. Seit 1981 verliehen sie jährlich einen Preis an denjenigen, der sich Jobs gegenüber am besten behauptet hatte. Die Preisverleihung war teilweise scherzhaft gemeint, aber eben nur teilweise. Jobs wusste übrigens davon und freute sich darüber. Die erste Preisträgerin war Joanna Hoffman, die aus einer osteuropäischen Flüchtlingsfamilie stammte und als willensstark und launisch galt. Als sie beispielsweise eines Tages entdeckte, dass Jobs ihre Marketingvoraussagen völlig verdreht hatte, marschierte sie wütend in Richtung seines Büros. »Auf der Treppe sagte ich seiner Sekretärin, dass ich ein Messer nehmen und es ihm ins Herz stoßen würde«, erzählte sie. Daraufhin kam ihr Al Eisenstat, der

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