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Stevens, Chevy

Stevens, Chevy

Titel: Stevens, Chevy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Still Missing
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mir erstarrte. Ich sah ihn immer noch nicht an, sondern blickte
gegen die Wand. Seine freie Hand schoss nach oben und umklammerte meinen Mund.
Er drehte meinen Kopf zurück, so dass ich ihn anschauen musste, meine Lippen
wurden gegen meine Zähne gequetscht. Er drückte noch fester zu. Ich schmeckte
Salz.
    »Schlampe!«,
schrie er und besprühte mich mit Spucke. Dann änderte sich sein
Gesichtsausdruck. Jede Regung verschwand daraus. Er sprang aus dem Bett, blies
alle Kerzen aus und verschwand im Badezimmer. Kurz darauf hörte ich die Dusche.
    Ich rannte
zur Eingangstür und rüttelte am Türgriff. Abgeschlossen. Die Dusche wurde
abgestellt, mein Herz begann zu pochen, und ich raste zurück zum Bett. Mit zur
Wand gedrehtem Gesicht saugte ich an meiner blutenden Lippe und weinte. Tränen
vermischten sich mit Blut. Das Bett sackte nach unten, als er sich neben mich
legte.
    Er
seufzte. »Gott, ich liebe diesen Ort. Es ist so ruhig! Ich habe alles extragut
isoliert. Man hört nicht einmal die Grillen.«
    »Bitte
bringen Sie mich nach Hause. Ich werde niemandem etwas sagen, ich schwöre es. Bitte!«
    »Hier habe
ich die besten Träume.«
    Er legte
seinen Arm um mich, schob die Beine über meine und hielt meine Hände fest, bis
er einschlief. Ich lag da mit diesem nackten Irren, der sich an mich schmiegte,
und wünschte, das Bett würde sich öffnen und mich verschlucken. Mein Arm tat
weh, mein Gesicht tat weh, mein Herz tat weh. Ich weinte mich in den Schlaf.
     
    Wir haben
noch etwas Zeit, aber ich bin fertig. Und ja, ich denke daran, dass die nächste
Sitzung wegen Weihnachten ausfällt. Auch gut - ich brauche mal eine Pause von
diesem Wahnsinn. Um Ihnen davon zu erzählen, muss ich wieder dorthin
zurückkehren. Mich dem zu entziehen wäre wesentlich einfacher. Na ja,
zumindest kann ich mir einreden, es wäre so ... für vielleicht eine halbe
Sekunde. Es zu verdrängen ist, als würde ich versuchen, einen reißenden Strom
aufzuhalten, indem ich die Tür schließe. Kleine Rinnsale dringen durch die
Spalten ein, und ehe ich mich versehe, ist die Tür verschwunden. Jetzt, wo ich
ein bisschen von dem Wasser durchlasse - wird die Tür demnächst zusammenkrachen?
Wenn ich alles loslasse, was in mir ist, wird der Strom mich dann mit sich
reißen? Egal, jetzt fahre ich erst einmal nach Hause und steige unter die heiße
Dusche. Und danach werde ich wahrscheinlich noch einmal duschen.
     
    4. Sitzung
     
    Wie war
Ihr Weihnachten, Doc? Ich hoffe, der Weihnachtsmann hat Ihnen was Nettes
gebracht. Dass Sie jede Woche so einer Durchgeknallten wie mir zuhören,
beschert Ihnen bestimmt einen Platz ganz oben auf der Liste der guten
Menschen. Ich? Trotz aller guten Vorsätze, jede Form von fröhlicher
Weihnachtsstimmung zu vermeiden, blieb ich nicht davon verschont. Ein paar
Pfadfinder klopften an meine Tür und wollten mir einen Tannenbaum andrehen.
Möglicherweise hat mich Ihr Adventskranz inspiriert, oder ich wollte
honorieren, dass sie so mutig waren und an die einzige Tür ohne
Weihnachtsschmuck geklopft hatten - jedenfalls habe ich schließlich doch einen
gekauft. Ich bin schon immer auf Typen in Uniform abgefahren.
    Das
Problem war nur, dass Mom meine ganze Weihnachtsdeko weggegeben hatte, und
jedes Mal, wenn ich daran dachte, in einen Laden zu gehen ... selbst wenn die
Leute mich nicht anstarren, als wüchse mir ein Elchgeweih, würde ich lieber
barfuß auf zerbrochenen Weihnachtskugeln tanzen, als zu dieser Jahreszeit in
einen Laden zu gehen. Ich wurde es so leid, den verdammten Baum anzustarren,
wie er so nackt und traurig in der Ecke stand, dass ich ihn nach draußen
schleppte und an die Straße stellte. Ich dachte mir, irgendjemand wird sich
schon drüber freuen.
    Ich hatte
ohnehin nichts, das ich darunterlegen konnte. Meinen Freunden und meiner
Familie hatte ich erzählt, dass ich keine Geschenke wollte, und ich bin auch zu
keiner Weihnachtsfeier gegangen. Das, so hatte ich beschlossen, war mein
Geschenk für die Allgemeinheit. Nicht nötig, dass ich allen anderen die
Stimmung verdarb. Verglichen mit dem Jahr davor, war dieses Weihnachten ein
glänzender Erfolg.
     
    Am Morgen,
nachdem der Psycho versucht hatte, mich zu vergewaltigen, musste ich mit ihm
zusammen duschen. Er wusch mich wie ein Kind und ließ keine Stelle aus. Danach
sollte ich ihn waschen - überall.
    Während er
sich rasierte, musste ich mich mit dem Gesicht zur Wand drehen und ihm den
Rücken zukehren. Ich schielte nach dem Rasiermesser. Ich wollte ihm den

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