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Stevens, Chevy

Stevens, Chevy

Titel: Stevens, Chevy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Still Missing
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uns.« Jetzt klang seine Stimme heiter.
    Einen
Moment lang wusste ich nicht, von welcher Frage er sprach. Dann fiel es mir
wieder ein. Ich hatte ihn gefragt, wie es sich anfühlte, jemanden zu töten.
     
    Während
ich weiterhin die Beine des Hirsches festhielt, steckte er die Hand in den
Schlitz und hob vorsichtig den Magensack, etwa von der Größe eines Strandballs,
in den Schnee. Er hing an etwas, das aussah wie eine Nabelschnur und in den
Brustkorb hineinführte. Der Psycho zog das Messer aus dem Hals - es blieb einen
Moment stecken und löste sich dann mit einem ploppenden Geräusch. Dann griff er
damit in die Bauchhöhle und schnitt die inneren Organe heraus. Er ließ sie
neben den Magensack fallen, als seien es Abfälle. Beim Geruch des rohen
Fleischs kam mir die Galle hoch, aber ich würgte sie wieder herunter.
    Er sagte:
»Bleib hier«, und verschwand in einem großen Schuppen an der Seitenwand der
Hütte. Innerhalb weniger Sekunden kehrte er mit einer kleinen Kettensäge und
einem Stück Seil zurück. Mir stockte der Atem, als er sich neben den Kopf des
Hirsches kniete. Die unberührte Stille der winterlichen Wildnis wurde vom
Geräusch der Säge zerrissen, die sich durch den Hals des Tieres fraß. Ich
wollte wegsehen, aber ich konnte es nicht. Er legte die Säge ab, hob das Messer
auf und kam zur Rückseite des Hirsches. Als er nach mir griff, zuckte ich zusammen,
was ihn zum Lachen brachte, aber er nahm mir nur die Beine aus der Hand. Dann
schnitt er bei beiden Beinen mit dem Messer ein Loch durch die Ferse, gleich
hinter der Achillessehne, und stopfte das Seil hindurch.
    Wir
zerrten den Kadaver zum Schuppen, jeder von uns zog an einem der Vorderbeine.
Ich warf einen Blick zurück. Der Hirschkadaver hatte eine Blutspur und eine
blutige Mulde im Schnee hinterlassen. Ich werde nie den traurigen Anblick
vergessen, den der Kopf des Hirsches, sein Herz und die Eingeweide boten, die
dort in der Kälte lagen.
    Der
Schuppen bestand aus solidem Metall - damit keine wilden Tiere eindrangen -,
und an einer Wand stand eine große Gefriertruhe. Eine Maschine, die ich für
einen Generator hielt, summte laut an der Rückwand, daneben war eine Pumpe, das
musste der Brunnen sein. Sechs große Fässer mit der Aufschrift »Diesel« standen
aufgereiht an der gegenüberliegenden Wand. Daneben stand ein Propangastank.
Ich sah nirgends Feuerholz, woraus ich schloss, dass es woanders gelagert
wurde. Die Luft roch nach einer Mischung aus Öl, Gas und Hirschblut.
    Er warf
das Seil, das er durch die Hinterläufe des Tieres gezogen hatte, über einen
Querbalken an der Decke, dann zogen wir beide so lange daran, bis der Hirsch in
der Luft hin und her schwang. Würde meine Leiche eines Tages ebenfalls hier
hängen?
    Ich
dachte, wir hätten es geschafft, doch als er anfing, das Messer an einem Stein
zu schärfen, begann ich, heftig zu zittern. Er begegnete meinem Blick, bewegte
das Messer mit rhythmischen Bewegungen vor und zurück, während ein Lächeln
seine Lippen umspielte. Nach einer Weile hielt er es in die Höhe.
    »Was
meinst du? Scharf genug?«
    »Für ...
für was?«
    Er kam auf
mich zu. Ich hielt mir die Hände vor den Bauch. Unbeholfen stolperte ich in den
Gummistiefeln zurück.
    Er blieb
stehen und sagte verwirrt: »Was ist los mit dir? Wir müssen ihn noch häuten.«
Er schnitt um jeden Knöchel herum, dann nahm er ein Bein. »Steh nicht so dumm
rum, nimm das andere Bein.« Wir zogen das Fell ab. Hin und wieder musste er das
Gewebe mit dem Messer lösen, aber fast nur an den Beinen, und als wir am Rumpf
angelangt waren, ließ es sich so leicht abpellen wie tote Haut nach einem
Sonnenbrand.
    Als das
Fell abgelöst war, rollte er es zusammen und steckte es in die Gefriertruhe.
Dann musste ich mich draußen hinstellen, damit er mich sehen konnte, während er
die Säge holte, sie zurück in den Schuppen brachte und abschloss. Ich fragte
ihn, was wir mit den Innereien und dem Kopf machen würden, und er antwortete,
er würde sich später darum kümmern.
    Zurück in
der Hütte, stellte er fest, dass ich zitterte, und befahl mir, mich neben den
Ofen zu setzen, um mich aufzuwärmen. Unsere Unterhaltung schien ihn nicht
weiter aufgeregt zu haben. Ich überlegte, ob ich ihn fragen sollte, ob er noch
jemanden umgebracht hatte, aber allein bei der Vorstellung, was er antworten
könnte, zog sich mein Magen zusammen. Stattdessen bat ich: »Bitte, darf ich
mich waschen?«
    »Ist es
denn schon Zeit für dein Bad?«
    »Nein,
aber ich

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