Stiefbruder - Liebe meines Lebens
etwas mitgenommen. Es war wohl nicht – nett – in kindisches Gelächter zu verfallen, nachdem man das Sperma eines Mannes getrunken hatte.
„Das willst du nicht wissen“, entschied ich und kämpfte darum, das Bild aus dem Kopf zu kriegen. Wie mit Lachen, das man unterdrückt – oder einem Ohrwurm, dem man nicht mehr zuhören will – wurde das Bild immer aufdringlicher und absurder.
„Hab ich was Blödes gemacht?“ Jakob machte sich scheinbar richtig Sorgen, dass er schuld an meinem Lachanfall war.
„Überhaupt nicht“, beruhigte ich ihn, „Ich hatte nur einen wirklich bescheuerten Einfall.“
„Darf ich auch lachen?“
„Vielleicht findest du es gar nicht lustig, und nur mein krankes Hirn amüsiert sich“, erklärte ich, aber er ließ nicht locker, also schilderte ich ihm haarklein das Bild – mehr oder weniger die gesamte Fertigungsstraße – meiner spontan im Kopf entstandenen Spermafabrik. Er fand es auch lustig.
„Du bist albern“, meinte er nach einer Weile, „Total verrückt, sexy und liebenswert.“ Bei
'sexy und liebenswert'
bremste sich mein Lachen ab und stürzte in meinem Inneren hinab bis in den Bauch, wo es tausend Schmetterlinge aufscheuchte. Ich musste schwer schlucken und Röte stieg in mein Gesicht. Er wusste, dass er mich damit gefangen genommen hatte, lächelte, legte eine Handfläche zärtlich auf meine Wange und seine Augen bekamen einen betörenden Glanz. Da kam ein großer Moment auf mich zu!
„Ich liebe dich“, erklärte er leise, hatte es wohl ruhig und klar sagen wollen, doch seine Stimme kippte, beschlug, brach und klang heiser. Noch ehe er es fertig ausgesprochen hatte, kullerte eine Träne über seine Wange. Seine Mundwinkel wackelten, er wurde richtig rot vor Verlegenheit und ergänzte mit erstickter Stimme: „Schon lange.“
Ich war wie gelähmt, bekam kaum Luft, mein Herz hämmerte zäh, laut und heftig, wummerte bis in meinen Kopf und ich hatte das Gefühl, auf der Stelle zu verbrennen. Er neigte sich vor und legte ganz sanft und weich seine Lippen auf meinen Mund. So ähnlich wie auf der Hütte letztes Jahr, nur noch vorsichtiger. Eine kurze aber intensive Berührung mit so viel Zärtlichkeit, wie sie ein Mensch nur aufbringen konnte. Es gab nichts mehr auf dieser Welt, außer uns, unserer Lippen, diese so zarte wie starke Verbindung. Er lächelte liebevoll als er sich von mir löste, betrachtete den Mund, den er eben geküsst hatte, als erwarte er darauf seinen Abdruck zu entdecken – er könnte fündig werden, ich spürte ihn noch und würde ihn immer spüren.
„Ich begehre dich schon so lange. Selbst die große Entfernung und die Trennung über diesen Zeitraum konnten daran nichts ändern. Vor Verlangen nach dir bin ich fast verrückt geworden“, gestand Jakob. Bei den letzten Worten überwältigte ihn ein Schluchzen und er suchte wieder meine Lippen, küsste mich ein weiteres Mal zart und sinnlich, legte auch die andere Hand um mein Gesicht, hielt meinen Kopf liebevoll fest, stützte seine Stirn gegen meine. Als er weitersprach betrachtete ich seine so schönen, vollen, vom Kuss glänzende Lippen aus nächster Nähe.
„Ich will dich, Clemens, ich will dich ganz. Ich will mit dir zusammen sein, und mit dem heutigen Tag darf ich das auch. Natürlich nur, wenn du willst.“
Oh, Mann, das war alles, was ich seit Jahren hören wollte, alles, wonach ich mich verzehrte – und er zog in Erwägung, dass ich das
nicht
wollen könnte?
„Ich will“, hauchte ich, fiel ihm um den Hals und wiederholte immer wieder, „Ich will, ich will, ich will, ich will.“
Möglich, dass wir Heulsusen waren, aber nun saßen wir hier, mitten im Wald, splitternackt, umklammerten uns, als hinge unser Leben davon ab, und all die Verzweiflung stürzte über eine unermessliche Erleichterung, Freude und dem Glück, das wir empfanden, heraus. Wir steckten uns gegenseitig an und kickten uns von einer Gefühlswallung in die nächste, als wären wir völlig verrückt geworden. Dann erinnerten uns unsere Körper daran, dass wir einander nackt umschlungen hielten –
'NACKT!'
. Zwei hitzige, emotional völlig aufgelöste Männer, die aneinander klebten und sich seit Jahren nacheinander sehnten.
So wurde aus der verzweifelten Umarmung eine stürmische. Unsere Lippen gierten nach dem Mund des anderen, wir öffneten uns weit, um die Zungen so tief vordringen zu lassen, wie nur möglich, sie feucht, warm und wollüstig miteinander zu verschmelzen. Dabei befühlten wir uns
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