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Stigma

Stigma

Titel: Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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suche sie seine Bestätigung.
    »Das ist gut, Tom«, meinte sie schließlich. »Das ist sogar mehr, als ich zu hoffen gewagt hätte. Ich freue mich für Sie.« Ein Strahlen zeigte sich auf ihrem Gesicht, als sie Tom die Hand drückte.
    Tom musste daran denken, was er dieser Frau alles zugemutet hatte. Und trotzdem hielt sie weiter zu ihm, als Ärztin und als Mensch. Ihr Mitgefühl und ihre Freude waren aufrichtig, daran bestand kein Zweifel, und als Tom das begriff, öffnete sich etwas in seinem Herzen, was lange Zeit verschlossen gewesen war. Er empfand ein Gefühl von Wärme und Güte, das Bedürfnis, etwas von dem zurückzugeben, was ihm diese Frau entgegenbrachte. In diesem Moment verspüre er tiefe Dankbarkeit dafür, dass selbst ein sturer Eigenbrötler wie er das Glück erleben durfte, von solchen Freunden umgeben zu sein.
    »Das … das mit Ihrem Auto tut mir wirklich sehr leid«, versuchte er etwas hilflos, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, während er ihren Händedruck erwiderte. »Und das mit Ihrem Handy auch.« Verlegen kratzte er sich an der Schläfe und betrachtete das breite Pflaster an ihrer Stirn. »Und natürlich das mit Ihrem Kopf. Ich hoffe, es tut nicht allzu weh.«
    Sie lächelte. »Wunden heilen, Tom.«
    »Ja«, antwortete er zögernd. »Manchmal tun sie das.«
    »In Ihrem Fall bin ich mir da jetzt ziemlich sicher.«
    »Ich möchte Ihnen danken. Sie waren mir immer eine große Hilfe, auch wenn ich gelegentlich ziemlich unerträglich war. Das werde ich Ihnen nie vergessen. Und natürlich komme ich für alle Schäden auf.«
    »Darüber mache ich mir keine Sorgen, Tom.«
    Er nickte und erhob sich. »Dasselbe gilt natürlich für dich, mein Freund«, sagte er an Fanta gewandt. »Ich denke, ich habe auch bei dir einiges wiedergutzumachen.«
    »Schon okay, Alter«, meinte Fanta, »aber bevor wir hier in Harmonie verfallen, sollten wir nicht vergessen, dass der Kerl noch immer deine Familie in seiner Gewalt hat.«
    »Das weiß ich«, sagte Tom, »aber das sollte mich nicht davon abhalten, ein bisschen mehr Dankbarkeit zu zeigen. Ohne euch wäre ich nie so weit gekommen. Außerdem haben wir keinerlei Anhaltspunkte, wo sie sich befinden.«
    »Das sollte uns aber nicht daran hindern, weiter nach ihnen zu suchen.«
    »Wird es auch nicht. Aber im Moment können wir nur raten, und das dürfte uns nicht weiterhelfen. Wir brauchen einen konkreten Ansatz.«
    »Und wo willst du den hernehmen?«
    »Keine Ahnung«, seufzte Tom. »Wir müssen abwarten, was als Nächstes geschieht. Wenn er wirklich gefunden werden will, dann wird er uns einen weiteren Hinweis geben.«
    Fanta betrachtete ihn eingehend. »Alle Achtung, Alter. Deine Denkweise scheint sich wirklich verändert zu haben.«
    Einen kurzen Augenblick lang hielt Tom inne. Die plötzliche Besonnenheit, mit der er vorging, schien ihn selbst zu überraschen. »Na ja«, antwortete er schließlich. »Wenn ich mich recht erinnere, warst du derjenige, der behauptet hat, ich klammere mich zu sehr an meine Gefühle.«
    »Sieht aus, als hättest du mir tatsächlich mal zugehört.«
    »Ich habe wohl einfach nur begriffen, dass ich meiner Familie nicht helfen kann, wenn ich einen weiteren Zusammenbruch riskiere. Das kostet nur unnötig Energie und Zeit. Und von beidem habe ich im Laufe der Jahre schon zu viel verschwendet.«
    Fanta nickte anerkennend und wechselte abermals einen Blick mit Dr. Westphal. Sie strahlte Tom noch immer an.
    »Ich bin sehr stolz auf Sie.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen, die sie sogleich wegwischte. »Wie sieht’s aus?«, fragte sie verlegen. »Sie müssen doch völlig ausgehungert sein.«
    »Ich könnte einen Bären vertilgen«, gestand Tom.
    Nachdem sie in die Küche gegangen war, sah sich Tom ein wenig um. Die halbrunde Couch, auf der er gelegen hatte, bildete den Mittelpunkt des Raumes. Auf der rechten Seite befand sich eine Art Arbeitszimmer, mit einem Schreibtisch vor einer überfüllten Bücherwand. Die linke Seite des Zimmers, ihm gegenüber, war weniger überfrachtet. Ein weißes Sideboard, das sich dekorativ von der braun gestrichenen Wand abhob und auf dem ein Breitbildfernseher stand. Dieser wurde auf beiden Seiten von einem halben Dutzend Regale flankiert, in denen fast ausschließlich gerahmte Fotografien standen.
    »Und, was hältst du von ihr?«, fragte Tom, während er neugierig einige der Schnappschüsse betrachtete.
    »Tolle Frau«, stellte Fanta fest.
    »Ja, das stimmt.« Sein Blick blieb an einem Urlaubsfoto

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