Stille meine Sehnsucht
nicht in der vielen Arbeit, sondern in ihrer Unerfahrenheit lag. Nur Jack wusste genau, wie er sich zu verhalten hatte. Dani verbrachte viel Zeit in seiner Nähe, um von ihm zu lernen. Er machte seine Sache hervorragend. Die Gäste liebten ihn als echten Cowboy, und mit seiner ruhigen Art und seinem Charme gewann er im Nu ihre Sympathie.
Dani blickte ihm nach, wie er die lange Reihe von Reitern beim täglichen Ausritt anführte, und sie konnte nur ungläubig den Kopf schütteln. Hayley Browne ritt direkt hinter ihm auf einer kleinen grauen Stute. Sie ritt grauenhaft schlecht, aber dafür trug sie wie ein Cowgirl eine mit Fransen verzierte Bluse, eine enge Hose und Stiefel, die aussahen, als seien sie aus dem Leder irgendwelcher exotischer Reptilien gefertigt. An ihrem Hutband glitzerten große grüne Steine.
Die meisten Reiter waren ausgelassen, und obwohl sie sich alle im Reiten nicht auskannten, amüsierten sie sich prächtig. Dani wünschte, sie könnte sich ihnen anschließen.
Seufzend kehrte sie ins Haus zurück, wo Toni und Granny sie bereits in der Küche erwarteten. Dani sprach es nur ungern an, aber das Thema ließ sich nicht länger vermeiden.
Ein Blick zu ihrer Schwester reichte Toni schon. “Das wird jetzt unangenehm, stimmt’s?”
“Ich fürchte ja.” Dani füllte sich ein Glas Wasser, um Zeit zu gewinnen. Dann blickte sie Granny und Toni entschlossen an.
“Ich habe gerade die Kontoauszüge durchgesehen und die weiteren Ausgaben überschlagen. Wir stecken in größeren Schwierigkeiten, als wir dachten.”
“O nein!”, rief Toni entsetzt. “Was ist denn passiert?”
“Zum einen ist da die hohe Rechnung für die Pferde.”
Unglücklich nickte Granny. “Es überrascht mich, dass Jack dir nicht angeboten hat, das Geld erst später zu zahlen.”
“Darauf hätte er sich bestimmt eingelassen.” Dani presste die Lippen aufeinander. “Aber ich wollte bei ihm nicht in der Schuld stehen.”
Fassungslos lachte Toni auf. “Wie bitte? Wir stehen ohnehin in seiner Schuld. Ohne ihn hätten wir hier keine Gäste empfangen können, und wir wären auch ganz sicher nicht ausgebucht.”
“Du weißt davon?”
“Natürlich. Mrs. Headly, die mit ihrem Mann in der Doc-Holliday-Hütte wohnt, sagte mir, dass Jack uns empfohlen hat.”
“Trotzdem …”
“Dani Keene”, unterbrach ihre Großmutter sie, “hat dir schon mal jemand gesagt, dass du viel zu misstrauisch bist? Jack ist für uns ein Geschenk des Himmels, und ich habe keinen blassen Schimmer, weshalb du an jedem Wort von ihm zweifelst.”
“Das tue ich gar nicht.”
“O doch.” Toni nickte. “Am Tag, als wir mit Petey aus der Stadt kamen und ihr in der John-Wesley-Hardin-Hütte wart, dachte ich …” Sie warf ihrer Großmutter einen vielsagenden Blick zu. “Egal. Jetzt denke ich jedenfalls, dass wir nicht zuletzt wegen deines Stolzes in der Klemme stecken.”
Verletzt betrachtete Dani ihre sonst so friedliebende Schwester. “Mein Stolz? Um den geht es hier doch gar nicht.”
“Mein Vertrauen hat Jack auf jeden Fall”, warf ihre Großmutter ein. “Dir traue ich natürlich auch, meine Liebe. Und was unser finanzielles Problem betrifft, so werden wir uns eben etwas einschränken müssen. Darin kennen wir uns schließlich aus.”
Toni nickte und blickte ihre Schwester erwartungsvoll an. Schließlich nickte Dani auch zustimmend. Sie hätte den beiden noch mehr erzählen können, um sie zu demselben fatalen Schluss kommen zu lassen. Wenn nicht noch ein Wunder geschah, würden sie ihre Ranch verkaufen müssen.
Dani führte Sundance von der Koppel, als Jack und Dylan gerade die Pferde für den Ritt zum Aussichtspunkt sattelten. Granny, Toni und Dobe waren bereits dort, um alles für die Grillparty vorzubereiten.
Jack blickte auf. Er sattelte gerade Hayleys graue Stute. Jeder Gast bekam für die Dauer seines Aufenthalts ein Tier zugewiesen, und die alte Stute passte vom Tempo her perfekt zu Hayleys Reitkünsten. “Kommst du mit auf den Ausritt?”, fragte er Dani überrascht.
“Ich möchte gern. Schließlich bleibt keiner der Gäste auf der Ranch zurück.” Einen Moment lang dachte sie schon, Jack werde das ablehnen, doch dann nickte er. “Gut. Dann kannst du ja auch die Führung übernehmen.”
“Das tue ich gern.” Sie hob den Kopf. Wenn er dachte, er könne sie damit in Verlegenheit bringen, so hatte er sich getäuscht.
Aber wieso sollte er sie bloßstellen wollen? Vielleicht hat Granny recht, dachte Dani und ich bin
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