Stille Seele (German Edition)
Verwünschungen aus und starrte gegen die Zeltwand.
Connor brummte unwillig neben ihm. „Schnauze halten, Jay! Will schlafen!“ Und schon setzte wieder sein gleichförmiger Atem ein.
Eine Detonation war zu hören, aber sie war weit entfernt von der schützenden Basis. Irgendwo im Stadtkern, vermutete Jakob. Er schloss die Augen und zwang seine Gedanken nach Montana. Zu dem Ort, an dem seine Familie lebte und von wo ihn heute der Brief seiner jüngeren Halbschwester erreicht hatte. Hin zu sattem Grün, klarer, kühler Luft und seinem Zuhause. Ein Zuhause, das er gehasst und nicht zu schätzen gewusst hatte und für das er in diesem Moment alles gegeben hätte. Er seufzte und konzentrierte sich darauf, ruhig zu atmen. Der Drang, einfach loszuheulen, wurde schwächer, während die Bilder vor seinem inneren Auge miteinander verschmolzen und sein Atem langsamer wurde. Unter seinen bloßen Füßen tauchten die Holzdielen seines Elternhauses auf. Er stand reglos im Flur und lauschte auf die Geräusche aus dem Wohnzimmer, während ihn der vertraute Geruch seiner Kindheit umgab. Die Stimme seines Vaters war gedämpft durch die angelehnte Tür zu hören - liebevoll, aber streng. Die weiche, melodische Stimme seiner Mutter mischte sich dazu und das Gelächter seiner beiden Geschwister. Jakobs Muskeln entspannten sich, als er immer tiefer in den Traum hinabglitt.
„Aufstehen. Lagebesprechung in zehn Minuten!“
Jakob hörte den Befehl, aber sein Körper weigerte sich, aus der viel zu kurzen Erholung aufzutauchen. Connor klopfte ihm unsanft auf den Rücken.
„Komm schon, Prinzessin. Der Schönheitsschlaf ist vorbei!“
Jakob hörte, wie Connor in seine Uniform schlüpfte, seine Ausrü stung anlegte, und kämpfte sich ebenfalls von der Pritsche hoch.
Keine zwanzig Minuten und eine kurze Einsatzbesprechung später saßen sie auf der Ladefläche des Humvees und konzentrierten den Blick auf die potenzielle Gefahr in der Dunkelheit der Nacht.
Es war zehn vor halb zwei, als ihre Kolonne in einer kleinen Seitenstraße vor einer Reihe unauffälliger Reihenhäuser hielt. Die Fassade war farblos und wie alles in diesem Land von einer feinen Staubschicht überzogen. Ansonsten wirkte die Gegend geradezu gutbürgerlich, aber das hatte nicht viel zu sagen. Jakob sprang hinter Connor von der Ladefläche und nahm seine Waffe in Anschlag. In Dreiergruppen positionierten sie sich vor der Haustür. All dies passierte lautlos. In einiger Entfernung fing ein Hund an zu bellen, aber Jakob bezweifelte, dass er wegen ihnen so einen Krach veranstaltete. Er lenkte seinen Blick zu der Tür, an der Ben Tyrel, ein Hüne von Mann und ihr Sergeant, den Befehl gab, auf die Scharniere zu schießen. Der folgende Knall zerriss die nächtliche Stille. Die Tür gab nach einem beherzten Tritt nach und Jakob hörte Schreie, als eine Rauchbombe im Inneren des Hauses hochging. Er folgte Tyrel und Fletcher Clark in den Wohnraum, während Connor und zwei Kameraden sich den Keller vornahmen und Kyle Wheathers, Clover und Torres das Obergeschoss inspizierten.
Jakob zuckte zusammen, als Tyrel mehrmals und ohne Vorwarnung in die Decke des niedrigen Wohnbereichs schoss. In dem spärlich möblierten Raum befanden sich zwei Männer und zwei Frauen mittl eren Alters, die panisch vor ihnen zurückwichen. Jakob ließ sich nichts anmerken, aber in seinem Inneren meldete sich die längst vertraute, aufdringliche Stimme, die ihm sagte, dass heute Nacht irgendetwas anders lief als sonst – falsch und das in einem noch ernsteren Sinne als all die anderen Momente, in denen er das Gefühl gehabt hatte, es wäre falsch. Die Schreie wurden lauter. Ein Kind begann im Obergeschoss herzergreifend zu weinen. Wheathers, selbst viel mehr Tischler als Soldat, und Clover scheuchten es gemeinsam mit drei anderen vor sich her und wiesen es an, sich zu den zwei Frauen in die eine Ecke des Raums zu setzten.
„Clover, du bliebst hier bei Atwood und passt auf. Torres, du kommst mit mir!“ Wheathers gab dem Mann neben sich einen Wink ihm zu folgen. An alle gerichtet, bemerkte er: „Ich geh runter zu A tkins. Er sagt, er hat vielleicht was gefunden!“
Jakob nickte knapp und richtete seine Waffe auf die Frauen und Kinder, die sich dicht an der Wand zusammendrängten. Er sah Hass und Panik in ihren Augen. Sie hielten ihn für ein Monster und zumi ndest für den Moment fühlte er sich genauso. Trotzdem waren die Befehle klar und noch etwas ließ ihn seine Waffe unverwandt auf die
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