Stille Sehnsucht
Tom hat ihn nie verraten und auch nicht angezeigt.“
„Mein Gott“, murmelte Niko fassungslos und wusste nicht wohin mit seinen Händen, weshalb er sie zwischen seine Oberschenkel schob. „Wieso bleibt Tom bei ihm?“
„Weil er Eric liebt.“ Tyler seufzte kaum hörbar. „Ich weiß nicht, was für eine Beziehung die zwei führen. Um ehrlich zu sein, ich will es nicht wissen. Ich bin ein Cop, Niko, und wenn ich nichts tun kann, wie in diesem Fall, macht mich das stinkwütend. Toms Anblick hat sich für immer in mein Gedächtnis gebrannt. Genau wie Erics schuldiger Gesichtsausdruck. Ich würde ihn einbuchten, wenn ich könnte, aber ich kann nicht, weil Tom Eric seit zwanzig Jahren beschützt. Vermutlich sogar noch länger, aber Erics Jugendakte ist an seinem einundzwanzigsten Geburtstag geschlossen worden. Ich habe keine Beweise gegen Eric und damit auch keinerlei Befugnis, mir seine Akte anzusehen.“
„Du hast dich über sie auf dem Laufenden gehalten“, sagte Niko begreifend und Tyler nickte.
„Ich konnte nicht anders. Die Sache ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Mittlerweile habe ich begriffen und akzeptiert, dass Tom Eric nie verlassen wird, und glaub' mir, ich habe oft versucht, ihn dazu zu überreden.“ Tyler fuhr sich durch die Haare. „Ich glaube, sie können ohne den anderen nicht leben. Keine Ahnung, wie das klappt, obwohl Tom sich andere Männer ins Bett holt, aber das tut es.“
Niko schwieg eine Weile, bis er schließlich mit einem Bein aus dem Wagen stieg und sich räusperte. „Kommst du noch mit nach oben?“
„Nein“, antwortete Tyler entschieden und startete den Wagen. „Nicht, so lange du mich für einen Lügner hältst. Gute Nacht, Niko.“
Das hatte er verdient und wahrscheinlich tat es genau aus diesem Grund auch so weh. „Gute Nacht“, murmelte Niko und stieg aus.
„Ich werde niemals fragen, was du getan hast, bevor ich dich gefunden habe, und ich will auch nicht, dass du es mir erzählst. Diese Nacht hat nie existiert.“
Niko zuckte heftig zusammen. „Tyler, ich...“
„Nein!“, unterbrach Tyler ihn rabiat. „Ich will es nicht wissen, denn wenn ich es weiß, verlasse ich dich, weil ich viel dulde, aber keinen Betrug. Deshalb hat diese Nacht nie existiert.“
Es wäre so einfach zu nicken, die Autotür zu schließen und ins Hotel zu gehen. Nur ein Nicken und es würde sein wie zuvor, was immer das auch bei ihnen bedeutete. Er müsste nur nicken, nicht mehr, aber Niko konnte es einfach nicht, weil es falsch gewesen wäre. Weil Mikael recht damit hatte, ihm vorzuwerfen, sich oft feige aus der Affäre zu ziehen. Und weil er wenigstens ein einziges Mal in seinem Leben, etwas richtig machen wollte.
Niko schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht, weil es nicht richtig wäre. Tyler, du weißt, dass ich...“
Der Motor erstarb, eine Wagentür schlug zu und Niko sah verblüfft über seine Schulter. Er wich instinktiv ein paar Schritte zurück, als Tyler mit zusammengepressten Lippen um den Wagen herum auf ihn zukam. Bevor Niko sich entscheiden konnte, ob er nicht doch besser flüchten sollte, hatte Tyler ihn bereits am Kragen gepackt und mit dem Rücken gegen das Auto gedrückt.
„Ich bin besitzergreifend. Mehr als gut für uns ist, das weiß ich, Niko, aber wie ich bereits sagte, ich teile nicht. Mit niemandem. Ich stelle dir jetzt eine Frage und ich will eine ehrliche Antwort. Danach ist dieses Thema für mich beendet, und zwar für immer. Ist das klar?“
Niko schluckte und nickte. „Ja.“
„Hattest du heute Sex mit einem anderen Mann? Und ich rede nicht von Fummeleien, Knutschereien oder dem Lecken an diversen Körperteilen.“
Niko fühlte sich mit jeder Sekunde schlechter, denn Tyler war so wütend, dass es ihm Angst machte. „Nein, ich hatte keinen Sex“, antwortete Niko leise, aber ehrlich, und verfluchte sich, weil seine Lippen zitterten und Tyler das sehen konnte. „Aber ich habe dich betrogen.“
„Das weiß ich!“
„Tyler...“
„Mach' das nie wieder, Niko.“ Tyler drängte sich dicht an ihn heran, schob ein Knie zwischen seine Beine. „Ich will dich. Ständig und überall. Das macht mich verrückt, weil ich Angst davor habe, wie tief das zwischen uns geht oder gehen könnte. Aber ich will dich trotzdem. Und ich will dich für mich. Keine anderen Männer. Sieh sie an, bewundere sie, wenn du das willst, aber alles andere ist allein mir vorbehalten.“
„Du machst mir Angst.“
Tyler schloss für einige Sekunden die Augen, um ihn
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