Stille Sehnsucht
Mikaels Hand. „Er kann das viel besser als wir Normalsterblichen ohne Anwaltspatent.“
Mikael grinste kurz und sah danach zu Tyler. „Du bist seit ein paar Minuten verdächtig still, Schwager. Hast du uns etwas zu sagen?“
Niko zuckte zusammen. „Mik!“
„Schwager?“ Tyler sah verblüfft zwischen Mikael und ihm umher und Niko hätte Mikael am liebsten erwürgt, als sich Tylers Blick schließlich auf ihn richtete. „Niko?“
„Das meint er nicht so.“ Niko winkte hektisch ab. „Er ärgert mich damit schon seit Wochen.“
Zu Nikos Überraschung fing Tyler an zu grinsen. „Ach deswegen diese komischen Fragen, als wir zusammen im Kino waren.“
„Was für komische Fragen?“ Niko sah misstrauisch zu seinem Bruder, der seinen Blick mit einem unschuldigen Lächeln erwiderte. „Mik? Was hast du getan?“
„Nichts?“
„Mik!“
Alles lachte.
„Zu sagen hätte ich allerdings wirklich etwas“, meinte Tyler, nachdem sie sich wieder beruhigt hatten, und warf Mikael einen wissenden Blick zu. „Ich kann dich sehr gut verstehen, weil ich Ähnliches mit Grace erlebt habe. Ihre Vergangenheit ist...“ Tyler brach ab und überlegte kurz. „Das soll sie euch selbst erzählen. Jedenfalls hatte ich bis zu dem Abend, wo sie mir auf meinem alten Revier über den Weg lief, keine Ahnung, wie sie lebte. Wir kannten uns nicht und es dauerte Jahre, bis sie begann, sich mir anzuvertrauen. Es gibt heute noch Zeiten, an denen ich mir nutzlos vorkomme, weil ich einfach nicht da war, als sie mich brauchte.“ Tyler zuckte mit den Schultern und goss sich Kaffee nach. „Du kannst nichts daran ändern, dass Alex und Niko dich damals nicht um Hilfe gebeten haben. Je eher du das akzeptierst, umso besser für dich und Niko. Außerdem kannst du jetzt für ihn da sein, so wie ich für Grace.“ Tyler schüttelte den Kopf, als Mikael etwas sagen wollte. „Bevor wir jetzt alle gefühlsduselig werden...“ Sein Bulle sah weiter zu Adrian und setzte ein überhebliches Lächeln auf, was Adrian die Brauen heben ließ. „Wenn Sie nächstes Mal einen Blick in Graces oder meine Akte riskieren wollen, machen Sie es ein bisschen dezenter.“
„Du hast sogar Grace überprüft?“, fragte Mikael nach und lachte anschließend leise. „Du bist unmöglich.“
„Das behauptet Trey ständig.“ Adrian schmunzelte. „Außerdem habe ich nur Tyler gründlich überprüft, denn Graces Akte war wundersamerweise nicht aufzufinden. Und ich frage jetzt besser nicht nach dem Grund dafür.“
„Den würde ich Ihnen sowieso nicht erzählen.“
„Das dachte ich mir schon“, konterte Adrian trocken und Niko fing an zu grinsen.
„Mister FBI und Oberglucke vom Dienst kommt also wirklich nicht an jede Information heran? Wahnsinn, es gibt tatsächlich noch Wunder auf der Welt.“
Mikael und Colin prusteten los, Tyler warf ihm einen belustigten Blick zu und Niko streckte Adrian frech die Zunge raus, als der ihn mit seinem Anwaltsblick ansah, was Adrian mit einem Kopfschütteln inklusiven Seufzen kommentierte, bevor er zu Tyler schaute.
„Ach übrigens, Bulle, es heißt 'du' oder 'Adrian', nicht Sie, klar?“
Tyler nickte amüsiert. „Klar.“
- 21. Kapitel -
Drei Tage später war es vorbei.
Sowohl die Hitzewelle, die dank starker Gewitter mit Sturmböen und Hagelschauern über Nacht ein abruptes Ende fand, als auch das Geschäft mit seinem Vater. Niko wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Er hatte rein gar nichts gegen das Ende der Hitzewelle einzuwenden, aber Adrians Anruf eben, dass es vorbei war und dass er in Zukunft Ruhe von seinem Vater haben würde, ließ ihn nicht los. Wieder und wieder ließ Niko das Gespräch mit Adrian im Kopf Revue passieren, hörte Adrians ruhiger Stimme zu, die ihm erzählt hatte, dass ihr Vater mit dem Geschäft einverstanden war. Dass Niko das Schweigegeld behalten könne und dass er, genauso wie Mikael, offiziell nicht mehr zur Corvin-Familie gehörte.
Letzteres störte Niko nicht im Geringsten. Er fand es allerdings befremdlich, dass Adrian ihm sogar mitgeteilt hatte, dass Mikael und er in etwa einem halben Jahr eine neue Schwester oder einen Bruder bekommen würden. Die momentane Geliebte seines Vaters war schwanger. Offenbar hatte sein Vater vorausgeplant, für den Fall der Fälle, dass er nicht zurückkehren würde. Sein alter Herr war wirklich mit allen Wassern gewaschen, dachte Niko und fragte sich gleichzeitig, was aus diesem Kind werden würde. Und wie seine Mutter dazu stand.
Aber
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