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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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hatte es gegen Ende des Krieges bis zum Kapitän eines Kriegsschiffes, der HMS Faithful , geschafft. Im Krieg hatte er viele Freunde verloren und war darüber härter geworden. Zugleich war er voller Tatendurst und durchdrungen von dem Wunsch, das Leben voll auszukosten.
    Nach dem Krieg bot man ihm eine Stelle bei Vickers an, einer Firma, die Waffen herstellte und verkaufte. Er reiste kreuz und quer durch Europa, verhandelte mit Regierungen, Generälen und Politikern, um mit ihnen ins Geschäft zu kommen. Zwei Jahre lang lebte er nur in Hotels, bis er auf einer seiner Reisen eine hübsche junge Frau kennen lernte, Monique Delacroix, die Tochter eines wohlhabenden Schweizer Industriellen. Kurz darauf hielt er bereits um ihre Hand an. Sie versuchten sesshaft zu werden und ein normales Leben zu fuhren, dennoch war Andrew häufig unterwegs. James kam in Zürich zur Welt und im Alter von sechs Jahren hatte er bereits in der Schweiz, in Italien, Frankreich und London gelebt. Als James älter wurde, setzte Monique dem Nomadenleben ein Ende. Sie wollte nicht länger durch die Lande ziehen. Sollte Andrew nur reisen, soviel er wollte, sie selbst würde mit ihrem kleinen Sohn fortan ein richtiges Zuhause haben. In den darauf folgenden Jahren lebten James und seine Mutter die Hälfte des Jahres in einer Wohnung in Chelsea und die andere Hälfte in einem großen Landhaus in der Nähe von Basel in der Schweiz. James ging in Basel zur Schule, sprach fließend Englisch, Französisch und Deutsch und fand daran nichts Außergewöhnliches.
    James blieb das einzige Kind, und weil seine Eltern so oft umzogen, war er daran gewöhnt, rasch Freundschaften zu schließen, die er oft genug ebenso rasch wieder aufgeben musste. Obwohl er sehr beliebt war und schnell Anschluss fand, hatte er gelernt, sich selbst zu genügen, und konnte sich gut allein beschäftigen.
    Sein Vater arbeitete unermüdlich und war häufig für längere Zeit weg von Zuhause, und wenn er einmal nicht arbeitete, dann trieb er mit Leidenschaft Sport. Andrews Vorstellung von Urlaub bestand in Skilaufen, Bergsteigen, Reiten und Segeln. Hin und wieder durfte James seine Eltern begleiten, meistens jedoch hieß es, das sei für einen kleinen Jungen zu gefährlich. Er konnte sich noch gut an einen Urlaub in Jamaica erinnern, als er schwimmen lernte; und an die unbeschwerten Ferientage in Norditalien, als sein Vater ihm das Reiten beibrachte und er zum ersten Mal ein Gewehr in der Hand hielt. Die meiste Zeit jedoch musste er daheim bleiben.
    James war daran gewöhnt, mit seiner Mutter allein zu sein, und er ließ sie nur ungern gehen, wenn sein Vater sie auf Abenteuertour mitnahm und James daheim zurückließ. Beim Abschied nahm seine Mutter ihn ganz fest in die Arme und flüsterte in sein Ohr: »Ich will ja gar nicht weggehen, James. Ich vermisse dich jedes Mal schrecklich, aber was soll ich machen? Ich liebe euch beide. Ich möchte bei dir sein und auch bei deinem Vater … Du hast mich den Großteil des Jahres für dich, jetzt ist dein Vater dran. Aber keine Angst, ich bin bald wieder zurück.« Er spürte ihre Tränen auf seiner Wange. Dann lächelte er jedes Mal tapfer und erklärte, dass sie sich keine Sorgen zu machen bräuchte. Seine Mutter tat alles, damit es ihm in der Zwischenzeit gut ging, trotzdem hasste er es, wenn sie nicht da war. Und so hatte er über die Jahre hinweg eine beeindruckende Zahl von Kinderfrauen vergrault. Es passte ihm nicht, wenn man ihm vorschrieb, was er zu tun hatte, und die Mutter konnten sie ihm ohnehin nie ersetzen.
    Das führte dazu, dass er bei den zahlreichen Verwandten seiner Mutter untergebracht wurde. Sie stammte aus einer weit verzweigten Familie und ihre Tanten, Onkel, Schwestern, Brüder und Vettern waren in ganz Europa verteilt. Einige waren sogar nach Australien ausgewandert. Die Familie seines Vaters hingegen war klein und bestand aus dem jüngeren Bruder Max, den James kaum kannte, und dessen Schwester Charmian.
    Tante Charmian mochte James von allen am liebsten und die Aufenthalte bei ihr waren immer sehr schön. Sie besaß ein kleines Häuschen südöstlich von London in der Nähe von Canterbury in einer kleinen Ortschaft mit dem lustigen Namen Pett Bottom. Charmian hatte keine eigenen Kinder und behandelte James daher wie einen Erwachsenen: Sie ließ ihn gewähren, ohne ständig dreinzureden.
    Charmian war Anthropologin. Sie hatte viele verschiedene Völker und Kulturen auf der ganzen Welt erforscht und ihr Haus war voll

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