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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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fragte James. »Es war doch nur ein sportlicher Wettkampf. Du hast versucht zu betrügen und es hat nicht geklappt.«
    Ohne Vorwarnung boxte Hellebore James mit voller Wucht in den Bauch. James blieb die Luft weg und er krümmte sich vor Schmerz.
    Hellebore beließ es nicht dabei, sondern versetzte dem gebeugt dastehenden James mit beiden Händen einen Hieb auf den Hinterkopf. James wehrte sich, indem er George gegen das Schienbein trat.
    Hellebore schrie auf und wich zurück. »Dafür bringe ich dich um«, knurrte er.
    Er warf sich auf James und stieß ihn gegen die Waggontür, und noch ehe James sich dagegen wehren konnte, drückte Hellebore seinen Kopf durch das offene Fenster hinaus.
    James war wie betäubt von dem eisigen Fahrtwind. Er stach so in den Augen, dass diese zu tränen anfingen. Das Rattern des Zuges war irrsinnig laut. Sein Kopf war nur wenige Zentimeter von den vorbeiflitzenden Telefonmasten entfernt. Der Geruch von Rauch und Kohle stieg James in die Nase. Die Lokomotive stieß einen langen, schrillen Warnpfiff aus, weil der Zug gleich einen Tunnel passieren würde.
    »Hör auf, Hellebore!«, schrie James, aber seine Stimme ging in dem lauten Dröhnen unter. »Hör auf, du Idiot!«
    George zog ihn in den Waggon zurück. Er lachte wie verrückt.
    »Schiss gehabt, was?«
    »Natürlich, du hättest mich beinahe geköpft. Hast du noch alle Tassen im Schrank?«
    »Ich hab dir doch gesagt, dass ich dich umbringen werde, Bond.«
    Da ließ sich eine vertraute Stimme vernehmen. »Nein, das wirst du nicht.«
    James drehte sich um und sah Kelly im Gang stehen. Er starrte Hellebore so wutentbrannt an, dass James froh war ihn auf seiner Seite zu haben.
    »Jetzt steht’s zwei gegen eins«, stellte Kelly fest. »Ich sollte dich vielleicht warnen: Ich kämpfe unfair.«
    Hellebore wirkte verunsichert. Er wusste ganz offensichtlich nicht, was er von Kelly halten sollte. Da war etwas in dem Blick des rothaarigen Jungen, das ihn warnte, nicht zu weit zu gehen. Hellebore zog eine Grimasse, zwängte sich an Kelly vorbei und kehrte in den Speisewagen zurück.
    Kelly sah James mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Kann man dich denn keine Minute allein lassen, Jimmyboy?«
     
    Später, als sie in dem gedämpften Licht des Schlafabteils in ihren Betten lagen, wollte Kelly von James Näheres wissen.
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen«, sagte James. »Er besucht dieselbe Schule wie ich und wir kommen nicht gut miteinander aus.«
    »Das hab ich gemerkt. In welche Schule gehst du eigentlich?«
    »Eton«, sagte James.
    »Eididei« sagte Kelly spöttisch. Er beugte sich über den Rand der Liege nach unten und schob mit dem Finger die Nase hoch. »Hätte nicht gedacht, dass du einer von diesen eingebildeten Lackaffen bist. Macht nichts, du bist schon in Ordnung, Kumpel. Ich mag dich.« Er grinste breit. »Und jetzt holen wir uns ’ne Mütze voll Schlaf. Ich seh dich dann in Schottland wieder.«
    James lag da, spürte das Ruckeln des Zuges und versuchte einzuschlafen. Aber es half nichts, er war hellwach und die verwirrendsten Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Er dachte an Eton, an den seltsamen Jungen in dem Bett über ihm, an Hellebore und an Schottland. Und er dachte an seine Mutter und seinen Vater.
    James sprach so gut wie nie über seine Eltern. Er behielt seine Privatangelegenheiten für sich und wollte es auch nicht anders. Aber im Augenblick war sein Leben so ereignisreich, dass er gerne mit ihnen darüber geredet hätte.
    Er vermisste sie. Er vermisste sie ganz schrecklich.

Ein Vater auf Reisen
    J edes Kind denkt, dass sein Leben ganz normal ist, denn es kennt nichts anderes und hat keine Vergleichsmöglichkeit. James Bond war in dieser Hinsicht keine Ausnahme, obwohl seine Kindheit in der Tat alles andere als normal gewesen war.
    Sein Vater, Andrew Bond, kam ursprünglich aus Glencoe in Westschottland. Im Alter von zwölf Jahren verließ er sein Zuhause und ging in ein Internat. Er kehrte nie wieder zurück. Im Anschluss an die Schule besuchte er die Universität von St. Andrews und studierte Chemie. Doch dann kam der Große Krieg von 1914 dazwischen, der ganz Europa und schließlich sogar die ganze Welt in eine blutige Auseinandersetzung verwickelte.
    Andrew zögerte nicht lange, sondern trat bei der ersten sich bietenden Gelegenheit in die königliche Marine ein. Er nahm an mehreren Seeschlachten teil, wurde einmal sogar versenkt und erst in letzter Minute aus dem eisigen Wasser des Nordatlantiks gerettet und

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