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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freudenberger
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Stiller an seinem Packesel liebte. Nachdem Renault den Kleinwagen vom Markt genommen hatte, war er lange auf der Suche nach einem geeigneten Ersatz gewesen: ein Auto, in das nach und nach eine fünfköpfige Familie passen musste sowie eine komplette Campingausrüstung und das trotzdem nicht wie einer dieser panzerartigen Vans daherkam. Schließlich war er am Kangoo hängen geblieben, wenngleich ihm dieser Franzose wie ein etwas missgestalteter Nachkomme des R4 erschien.
    Kurz: Stiller war ein Freund von Kleinwagen. Er hatte auch keine Abneigung gegen französische Fabrikate. Doch der Peugeot 107, in dem er in diesem Augenblick klemmte, verwandelte die Fahrt vom Büro des Kleingärtner-Stadtverbands zum Radieschenparadies in einen Höllentrip.
    Es war Fraukes Peugeot. Sie hatte darauf bestanden, Stiller in ihrem Wagen mitzunehmen. Dorn würde vielleicht Zweifel am Stand ihrer »Ehe« bekommen, wenn sie getrennt erschienen und schieden. Die Sache mit dem Doppelnamen Heiner-Döberlin müsste ihm schon dubios genug vorkommen.
    Die Sorge war unbegründet. Dorn hatte sich den Personalausweis, den sie ihm hinschob, nicht einmal angesehen. Er war sichtlich froh, einen Betreuer für den Garten gefunden zu haben. Der Vertrag war vorbereitet. Dorn heftete eines der Exemplare fein säuberlich in eine Mappe, die bereits einen Ausdruck des Bundeskleingartengesetzes (Dorn nannte es stets » B K lein GG «) und der städtischen Kleingartenverordnung enthielt. Außerdem die To-do-Liste des eigentlichen Pächters. Mit einem »Wenn Sie Fragen haben: jederzeit« schob er die Mappe Stiller hin.
    In einem hatte Frauke recht gehabt: Dorn sah ihnen vom Bürofenster aus zu, wie sie in den winzigen Peugeot einstiegen. Vermutlich grinste er dabei.
    Frauke hatte in den Kleinwagen alles hineingepackt, was ihr für die spontan-innovative Recherche im Radieschenparadies nützlich erschien. Mehrere Alukoffer enthielten Pappwolken, Pappblumen, Pappquadrate und Pappkreise in allen Farben des Regenbogens; Notizblöcke mit selbstklebenden Zettelchen, Klarsichtfolien, bunte Filzmarker in jeder Länge und Breite, Stecknadeln und Reißnägel, Klebstofftuben und -stifte, Heftklammern und Magneten – die Grundausstattung an Kreativmaterial bis hin zum Laminiergerät. Dazu kamen zwei Flipcharts und, falls das Papier nicht reichen sollte, zwei Rollen Ersatzbogen.
    Die Krönung war eine mit Stoff bezogene Stellwand, ein Utensil, auf das sie nicht verzichten wollte. Stiller schätzte ihr Maß auf anderthalb mal anderthalb Meter. Er hatte bezweifelt, dass sie sich überhaupt in der Kabine des Peugeot unterbringen ließ. Doch dank langjähriger Erfahrung war es Frauke gelungen, die Tafel schräg von vorne oben nach hinten unten so zu verstauen, dass Stiller mit eingezogenem Kopf auf dem Beifahrersitz Platz fand. Allerdings stachen ihm die Stative der Flipcharts durch die Rückenlehne ins Kreuz. Ein Alukoffer hatte nur noch im Fußraum des Beifahrers Platz gefunden; Stiller musste die Knie weit spreizen, das rechte klemmte schmerzhaft zwischen der Kiste und der Tür, das linke kollidierte ständig mit dem Schaltknüppel.
    »Hoffentlich verwechsele ich da nichts«, hatte Frauke beim Losfahren gescherzt.
    Beim Fahren folgte sie offenbar der chaotisch-intuitiven Methode. Stiller erkannte das Muster nicht, nach dem sie überraschend bremste, wenn die Straße frei war, oder vor einem Hindernis noch einmal kräftig Gas gab. Unvermutet wurde Stiller nach vorne geschleudert oder in den Sitz gepresst, was jedes Mal einen stechenden Schmerz zur Folge hatte. Er fragte sich, ob sich die spitzen Stativbeine bereits durch die Lehne gearbeitet hatten.
    »Ist die Pinnwand wirklich nötig?«, erkundigte er sich, als der Peugeot über den notdürftig geflickten Pflasterbelag der Dämmer Ottostraße ratterte und ihm die wippende Tafel auf den Kopf schlug. Es schien ihm, als habe die CITT absichtlich eine Route gewählt, die ausschließlich über Kopfsteinpflaster oder löchrige Asphaltdecken führte. Andererseits: Es gab von beidem genug in Aschaffenburg.
    »Ich weiß ja nicht, wie Sie die letzten Jahre gearbeitet haben. Aber glauben Sie mir: Mit ein bisschen Mindmapping geht es doppelt so schnell.« Vor ihnen bog ein Wagen ab. Die Straße war frei, Frauke bremste. »Die Tafel wird uns helfen, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen. So bekommen wir unsere grauen Zellen frei von störendem Ballast.«
    Die Ampel an der Bahnunterführung schaltete auf Rot, Frauke beschleunigte.

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