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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freudenberger
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erneut mit Schweigen.
    »Meine Eier!« Bausback wartete vergeblich auf eine Reaktion. »Jeden Mittwoch um sieben holt meine Frau frische Frühstückseier beim Geflügelzuchtverein. Die Eier sind mittwochs absolut energierelevant für uns, verstehen Sie? Um acht spiele ich Tennis mit Possmann. Da brauche ich meine Eier. Und meine Frau muss mittwochs gleich in der ersten Stunde unterrichten. Können Sie sich vorstellen, was es bedeutet, wenn sie vorher keine Eier hat?«
    Stiller wollte es sich nicht vorstellen. Er hatte Bausbacks Frau einmal gesehen. Seitdem hatte er endlich ein Bild, das er mit dem Begriff »Walküre« verbinden konnte.
    Bausback sah sie lauernd an. »Und? Gab es Eier?«
    »Wenn Sie so fragen …«
    »Es gab keine!« Bausback fuchtelte wild mit den Armen. Stiller und Kleinschnitz zuckten zusammen. »Ja, erschrecken Sie nur, das geschieht Ihnen recht. Sie haben die armen Hühner in der Nacht so aus dem Häuschen gebracht, dass sie seitdem keine Eier mehr legen können. Niemand weiß, wie lange das anhält. Die Gänse sind samt und sonders ein Fall für den Tierpsychologen. Mindestens zwei Hähne sind impotent, für die Züchter eine Katastrophe. Und ich habe glatt in drei Sätzen gegen Possmann verloren.«
    Stiller ließ ein bedauerndes »Oh« hören.
    »Oh ja. Da kommt noch einiges auf Sie zu. Denken Sie bloß nicht, dass ich bei den Geflügelzüchtern auch nur ein einziges gutes Wort für Sie einlege. Sie haben nicht nur dem Verein großen Schaden zugefügt, sondern auch mir und dem Image der Zeitung. Die Regressforderungen des Vereins werden Ihnen eine Lehre sein.«
    Bausback lehnte sich zurück und sammelte sich. »Wie mir Possmann sagt, haben Sie Bilder vom flüchtenden Einbrecher geschossen?«
    Kleinschnitz nickte.
    »Exklusiv?«
    »Wir haben niemanden von der Konkurrenz gesehen. Es war natürlich dunkel.«
    »Die Fotos sind pressefrei?«
    »Strobel hat nichts gesagt, was gegen eine Veröffentlichung spricht. Sie haben ihm sowieso nicht weitergeholfen.«
    »Worauf warten Sie dann noch?« Bauback beugte sich demonstrativ über den Ausdruck eines Zeitungsartikels, den er vor sich liegen hatte. »Die Arbeit ruft.«
    Stiller und Kleinschnitz erhoben sich. An der Tür hielt Bausback sie noch einmal auf. »Ich gebe Ihnen noch eine Woche«, rief er und ließ ein scharfes »Herr Stiller« folgen. »Entweder ist der Spuk dann vorbei, oder ich mache ihm ein Ende.«
    Sie rannten fast über den Flur. In Stillers Büro warfen sie die Tür zu und lachten, bis ihnen die Tränen kamen.
    »Paul«, prustete Kleinschnitz, »ich muss dir sagen: Ich war heute Nacht stinkesauer auf dich. Aber dass du Bausback um seine Eier gebracht hast – da ist das, was mir passiert ist, eine Petitesse.«
    »Mir tun die Schüler seiner Frau leid.« Stiller wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. »Er hat ja uns, um sich abzureagieren, aber sie …« Plötzlich wurde er ernst und legte eine Hand auf Kleinschnitz’ Schulter. »Wie sieht’s denn mit deiner Beziehung aus?«
    Kleinschnitz zuckte die Achseln. »Sie geht nicht ans Telefon. Ich hab ihr auf den Anrufbeantworter gesprochen und sie zum Radieschenfest eingeladen. Als Wiedergutmachung.«
    Stiller fragte sich, ob das eine gute Idee war. Laut sagte er: »Ich halte dir die Daumen.«
    »Und Ruth?«, fragte Kleinschnitz.
    »Sie hat mir verziehen.« Stiller schaltete den Computer ein.
    »Du hast eine tolle Frau, Paul. Lass sie heute Abend nicht wieder warten!«
    Stiller nickte bestätigend. »Hab ich auch nicht vor. Bis fünf bleibe ich hier. Dann fahre ich noch einmal kurz in die Kolonie.« Beiläufig öffnete er den Posteingang, sah die Mail der Polizei und klickte sie an. »Ich muss mit drei Gärtnern reden, Mangold, Kohl und Wagner. Vielleicht erwische ich einen von ihnen. Spätestens um sieben bin ich zu Hause.« Er begann zu lesen.
    »Brauchst du mich?«
    »Heute nicht, aber morgen.« Stiller wies mit dem Kinn auf den Bildschirm. »Strunkes Leiche ist freigegeben. Die Beerdigung ist morgen um zehn.«
    ***
    Die Stunde nach der Stunde nach Mittag gehörte Claudios Lieblingsbeschäftigung. Er ließ es sich nicht nehmen, die Modelle selbst zu basteln. Es hatte etwas Beruhigendes, wenn er die Häuschen aus Pappe aufklebte, kleine Löcher in die Spanplatte bohrte, in die er die Zahnstocher mit den Baumkronen aus grün bemalten Styroporkugeln steckte, und bunte Spielzeugautos an Straßenrändern oder auf Stellplätzen absetzte. Das mit den Spielzeugautos war seine Spezialität.

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