Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
Außenspiegel auf der Beifahrerseite des Vito. Das Glas splitterte, Scherben fielen zu Boden.
Stiller sah sich noch einmal um, warf den Spaten auf die Rückbank seines Kangoo und setzte sich hinters Steuer. Ein paar hundert Meter und drei Ecken weiter hielt er am Straßenrand an. Er zog das Handy aus der Tasche und wählte.
Es erschien ihm wie eine Ewigkeit, bis Mike Staab sich meldete. »Hi, Mike«, sagte er und sammelte sich kurz. »Du musst mir helfen, ich glaub, ich hab was Blödes angestellt.«
»Schon wieder? Lass hören.« Staab klang ziemlich reserviert.
»Ja also, wenn er nicht schon vorher kaputt war, dann hab ich womöglich an einem Auto den Außenspiegel abgefahren.«
»Sag bloß, du bist einfach weggefahren … Paul, das ist Fahrerflucht!«
»Ich hatte keine Ahnung, wem das Auto gehört oder wo ich nach dem Fahrer suchen soll«, entschuldigte sich Stiller. »Aber ich hab mir das Kennzeichen notiert.«
»Du hättest besser deine Handynummer hinterlassen sollen.«
»Ja, das weiß ich auch«, sagte Stiller kleinlaut. »Aber vielleicht komme ich ja noch aus der Sache raus.«
»Und wie stellst du dir das vor?«
»Du müsstest nur den Halter feststellen.«
»Für dich? Paul, das läuft nicht.«
»Ich weiß. Aber so geht es: Ich will gar nicht wissen, wer es ist. Du rufst ihn an und gibst ihm meine Handynummer. Ich bin bereit, für den Schaden aufzukommen.«
Staab zögerte. »Na gut, weil du es bist. Sag mir die Autonummer.«
Stiller gab sie ihm durch.
»Okay«, sagte Staab. »Aber mach das nie wieder. Eigentlich dürfte ich dich nicht so leicht davonkommen lassen.«
»Danke, Mike!« Stillers Erleichterung war echt.
12
Staab legte auf und steckte den Zettel mit der Autonummer ein. Er würde sich am Nachmittag darum kümmern, jetzt musste er sich erst einmal beeilen: Strobel hatte eine Konferenz einberufen, die anderen erwarteten ihn bereits. Er betrat als Letzter den Besprechungsraum, wie er es befürchtet hatte, und murmelte eine Entschuldigung. Niemand erwiderte etwas. Die Luft war zum Schneiden dick.
Strobel wartete, bis er sich gesetzt hatte. Dann zog er eine Zeitung aus dem Papierstapel, den er vor sich liegen hatte, klappte sie auf und warf sie auf den Tisch. »Strunke wollte sein Haus verkaufen! Warum erfahre ich das erst aus der Zeitung?« Äußerlich wirkte er ruhig, aber wer ihn kannte, wusste, was in ihm vorging.
Bühler versuchte, ihn zu beschwichtigen. »Ich hab’s dir heute Nacht schon gesagt, Jo: Es dauert noch, bis wir durch Strunkes Unterlagen durch sind. Das ist kistenweise Material.«
»Die Witwe«, sagte Strobel. »Strunkes Frau muss das wissen. Aber sie hat uns nichts gesagt. Warum? Hat jemand Vorschläge?«
Claudia Junk meldete sich zu Wort. »Es gibt da ein paar interessante Aspekte. Erstens das Auto. Strunke hat den Rover erst vor zwei Wochen geliefert bekommen. Funkelnagelneu und sündhaft teuer. Zweitens: Für den Herbst hat er eine Luxusreise gebucht. Südasien und Neuseeland. Acht Wochen am Stück, Anreise, Unterkunft, alles nur vom Feinsten. Nach allem, was wir wissen, hat er so was noch nie gemacht. Drittens lagen in seiner Laube jede Menge Prospekte herum, zum Beispiel für Reisemobile, Bootsführerschein und Tauchkurse mitsamt der nötigen Ausrüstung. Und das Edelmaklerbüro in der Steingasse schickt ihm seit Wochen regelmäßig Angebote von Villen rings um Aschaffenburg.« Stolz sah sie in die Runde.
»Strunke war dabei, sein Vermögen zu verprassen.« Strobel pfiff durch die Zähne. »Kein Wunder, dass uns die Witwe davon nichts sagen wollte. Die Aussicht, dass in drei Jahren nichts mehr übrig ist, liefert ein hübsches Motiv, so schnell wie möglich an das Geld zu kommen, statt zu warten. Denn die Hälfte von null ist null.«
»So einfach geht das nicht«, bremste Staab. »Entscheidend ist der Trennungszeitpunkt. Wenn Strunke nach der Trennung Verfügungen vornimmt, die das Vermögen schmälern, muss er bei der Scheidung genau nachweisen, was er mit dem Geld gemacht hat. Die Ausgaben für Reisen und Kurse sind dann natürlich futsch. Aber zumindest Villen, Autos oder Boote kommen wieder in den Jackpot.«
»Ja, aber nur wenn es dann noch Häuser, Autos oder Boote gibt«, entgegnete Bühler. »Strunke hatte immerhin schon vor, sein Haus zu verkaufen. Ich schätze mal, er wollte nach und nach alles flüssigmachen. Wenn er das Geld geschickt hin- und hergeschoben hätte, dann wär’s mit dem Vermögensnachweis vor Gericht verdammt schwer
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