Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
Verschluss auf die Klebstofftube und griff nach dem Hörer.
»Ihr Sohn«, kündigte ihm die Sekretärin an.
Er übernahm. »Giuliano?«
Wie immer, wenn er diesen verwöhnten Burschen in der Leitung hatte, waren die Nachrichten nicht gut. Giuliano und Gianluca hatten in der Nacht der Laube einen Besuch abstatten wollen, aber nichts erreicht, weil es dort von Bullen nur so wimmelte. Am Vormittag hatten sie endlich den Gewährsmann getroffen, aber der gab vor, dass nichts von dem existiere, wonach sie suchten.
»Er lügt«, sagte Claudio nach kurzem Nachdenken. »Er weiß nur selbst nicht, wo es steckt. Egal, im Auto war es nicht, sonst hätte sich die Kripo schon gemeldet. Und wenn es in der Laube war, ist es jetzt zu spät. Meinetwegen hört euch noch bis zum Wochenende um, aber dann kommt zurück! Wir müssen das Problem auf andere Weise lösen.«
Er verabschiedete sich und legte auf. Nachdenklich betrachtete er das Modell. Das Geschäft war schmutzig geworden, und wer mitmachte, durfte nicht damit rechnen, unbefleckt herauszukommen. Claudio ließ den Bürostuhl rotieren und sah zum Fenster hinaus auf die Hochhäuser. Er saß in diesem riesigen Bankenviertel. Aber sein Geld war längst ins Ausland unterwegs – und wer weiß, vielleicht würde er ihm bald folgen.
Erneut klingelte das Telefon. »Ein Anruf der Polizei«, sagte die Sekretärin beunruhigt. »Aus Aschaffenburg.«
***
»Es sind nicht alle so. Aber manchen hier sind Maulwürfe lieber als Kinder.« Mangold plauderte drauflos, ohne seine Arbeit zu unterbrechen. Er bastelte an einem ferngesteuerten Spielzeugauto herum. »Kleingartenanlagen sind wie Wohnviertel. Wenn sie neu sind, ziehen junge Familien ein. Zwei, drei Jahrzehnte später sind die Kinder groß und in alle Winde verstreut. Dann sitzen nur noch Alte in den Häusern und Gärten. Genau in dieser Phase steckt das Radieschenparadies.«
Es war einfach gewesen, mit Mangold ins Gespräch zu kommen. Stiller hatte sich auf dem Lageplan informiert, wo die Parzelle der Familie lag. Als er den Garten erreicht hatte, war ein bunter Plastikball über den Zaun geflogen und vor seinen Füßen gelandet. An der Gartentür waren zwei braun gebrannte blonde Kinder aufgetaucht. Stiller hatte ein wenig mit ihnen herumgealbert, bis Mangold aufgetaucht war, um sich besorgt zu entschuldigen. Stiller hatte ihm versichert, dass nichts passiert war, und ein paar Komplimente über die Kinder folgen lassen. Der Zusatz »Ich hab selber drei« hatte ihm schließlich die Tür geöffnet.
Mangold hatte ihn zur Veranda geführt, die nach dem Vorbild uriger Almhütten gestaltet war, und seitdem fast ununterbrochen erzählt. Er hieß Ekkehard mit Vornamen, ließ sich aber von allen »Ekki« nennen. Auch von den Kindern. Er hatte fünf. Im Gehen hatte ihn Stiller aufmerksam gemustert. Ekki sah nicht aus wie der typische Gärtner. Statt der häufig üblichen Bermudas trug er eine graue Stoffhose und ein frisch gebügeltes Polohemd. Er hatte einen blonden Lockenkopf und einen kräftigen blonden Schnauzbart.
»Ich weiß, irgendwann geht diese Phase vorbei.« Ekki schraubte konzentriert an dem Elektroflitzer. »Die Alten sterben weg, und es ziehen wieder junge Familien nach. Aber das kann hier noch einige Jahre dauern. Und bis dahin bleiben die Kinder für manche ein Störfaktor.«
Stiller blickte an ihm vorbei in den Garten. Die Kinder, drei Jungs und zwei Mädchen, spielten Fußball auf der Wiese. Mit Stecken hatten sie ein Tor markiert. Das größte Kind, ein Junge, hatte sich hineingestellt, die anderen schossen der Reihe nach darauf.
»Ich hatte natürlich gehofft, einen Garten im Tannenwald zu bekommen. Das ist die jüngste Laubenkolonie der Stadt. Die liegt zwar direkt am Waldfriedhof, aber da herrscht ein Leben! Lauter junge Familien. Der Friedhof, das ist hier.« Ekki beschrieb mit dem Schraubenzieher einen weiten Kreis.
Der Ball flog gegen den Zaun zum Nachbargarten. Die Kinder erstarrten. »Ich hab das gesehen, ihr Fratzen«, gellte eine Stimme hinter den Büschen. »Noch einmal, und ich hol die Polizei!«
Ekkis Frau richtete sich auf. »Florian«, rief sie entnervt. »Pass doch auf!« Sie jätete Unkraut mit einer kleinen Harke. Stiller hatte sie im Vorbeigehen kurz gegrüßt. Ekki hatte sie ihm als Ingrid vorgestellt.
»Da hörst du’s.« Ekki begann wieder zu schrauben. »Noch Saft?«
»Gerne«, sagte Stiller. Ekki schenkte ihm Johannisbeersaft nach. Selbst gepresst und eingekocht, eigene Ernte aus dem
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