Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
gleich sieben«, wandte Stiller ein.
»Dann morgen, denk dran. Am Samstag ist Radieschenfest, da kommen jede Menge Gäste. Wäre schön, wenn deine Wiese dann nicht aussieht wie ein Unkrautacker. Die Nachbarn reden schon.« Mooser warf einen kurzen Blick in Froeses Garten. Dann wedelte er mit dem Plastikbeutel. »Wahrscheinlich hast du noch immer keine Abfalltonne. Kümmer dich drum. Und einen Kompostplatz brauchst du auch. Gebot Nummer acht.«
Stiller versprach es. Etwas milder gestimmt, trollte sich Mooser mitsamt Spaten und Maulwurf.
Einen Moment lang blieb Stiller unschlüssig neben der Hängematte stehen, dann stapfte er in die Laube, warf den Stenoblock auf den Tisch und nahm den Schlüssel für den Geräteschuppen.
Im Schuppen herrschte Chaos. Rechen, Besen, Harken mit langen und kurzen Stielen, eine Schaufel, eine Kabeltrommel, Drahtrollen, Holzpflöcke, alles kunterbunt durcheinander. Ein schiefer Stapel aus Obstkisten stürzte um, als Stiller den Rasenmäher aus dem Schuppen zerrte.
Er zog ihn hinter sich her auf die Terrasse. Die Räder drehten sich kaum, dicke Batzen aus fauligem Gras klebten an den Achsen. Obwohl der Rasenmäher bis vor Kurzem noch unter der alten Kolter gesteckt hatte, war er verdreckt und wirkte wenig vertrauenswürdig. Stiller kehrte zum Schuppen zurück, wählte im düsteren Durcheinander eine kleine Pflanzschaufel aus, nahm die Kabeltrommel mit und verschloss die Tür.
Lustlos kratzte er mit der Schaufel die Grasbüschel von den Achsen und der Auswurfklappe des Rasenmähers. Dann schob er das Gerät probeweise hin und her. Besser. Er holte einen Spüllappen aus der Laube und wischte den Holm ab. Schließlich räumte er die Schaufel, den Lappen und die Kabeltrommel in die Laube.
Als er wieder herauskam, war es merklich dunkler geworden. Prüfend betrachtete er den Himmel. Von Westen zogen schwarze Wolken auf, es sah nach Regen aus. Stiller überlegte, ob er den Rasenmäher ebenfalls in die Laube schieben sollte, verwarf den Gedanken jedoch wieder. Zu eng. Stattdessen parkte er ihn auf der Terrasse unter dem Dachvorsprung der Gartenhütte. Das würde genügen.
In der Ferne grollte Donner. Eilig schloss Stiller die Laube ab. Er war ein begeisterter Radler – aber er hatte nicht den geringsten Spaß daran, in Regen zu kommen.
15
Es regnet nicht mehr. Aber es gurgelt noch in den Rinnen der Gartenlauben, es gluckst, wenn das Wasser in die Tonnen tropft, es drippelt unter den Bäumen und Sträuchern, wenn die Windböen in die Zweige fahren.
Sie ist durchnässt. Ein Käfer, der in ihrem Strohleib Zuflucht gesucht hat, krabbelt durch einen Riss in der Stoffhaut ins Freie. All das stört sie nicht. Unverwandt blickt ihr blasses Gesicht in den Nachbargarten, als sei sie dazu bestimmt, ihn zu hüten.
Die Nacht ist dunkler als die vorigen, der Mond verhüllt. Fast finster ist es bis auf das Wetterleuchten im Osten, über den Bergrücken des Spessarts, das anzeigt, wohin das Gewitter gezogen ist. Geräuschlos zuckt und blinkt das Licht ein ums andere Mal, breitet sich unter dem Gewölbe der Wolken aus und lässt die nassen Gärten aufschimmern.
Bei jedem Schimmern hält der Schatten im Nachbargarten kurz inne, um sich vorsichtig umzublicken. Es ist derselbe Schatten, der schon einmal ihr Blickfeld gekreuzt hat, ohne dass sie sich je daran erinnern könnte. Dieselbe Gestalt, gesichtslos unter der Kapuze der schwarzen Jacke. Es ist der Tod.
Diesmal sucht er nichts auf der Wiese. Er beugt sich über die Maschine, die der Gärtner von nebenan abends auf der Terrasse hat stehen lassen. Er tut, wovor ein gelber Aufkleber mit schwarzer Inschrift auf dem Motorgehäuse dringend warnt: Er ist dabei, die elektrische Ausrüstung zu verändern.
Die Vogelscheuche kann den Warnhinweis nicht lesen, sie kann überhaupt nicht lesen. Sie kennt keine Rasenmäher. Sie versteht nichts von Elektrik. Es ist ihr nicht bewusst, dass Stromschläge tödlich sein können, zumindest aber zu schweren Verletzungen führen.
Anders der Schatten im Nachbargarten. Er kennt die Technik und beherrscht sie. Er weiß, sobald das Kabel angeschlossen wird, fließen zweihundertdreißig Volt Wechselstrom von der Steckdose in das Netzteil am Holm des Rasenmähers. Von dort leitet sie der Gärtner an den Motor weiter, indem er den roten Arretierungsknopf am Netzteil drückt und gleichzeitig mit der anderen Hand den Schaltbügel an den Holm zieht. Danach kann er den roten Knopf loslassen. Der Motor läuft, solange der
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