Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
obenauf ein Bild, das einen kleinen kompakten Mann vor einem Frankfurter Hochhaus zeigte.
»Über diesen Giuliano Vapore gibt es nicht viel«, erklärte Kerstin. »Aber über seinen Vater Claudio. Hat in Frankfurt als Fliesenleger oder so angefangen und ist heute Chef eines gigantischen Bauimperiums. Vapore Hoch und Tief. Seine Spezialität sind ehemalige Ami-Kasernen. Du solltest den Namen kennen, er war auch schon in Aschaffenburg aktiv.«
Schlagartig fiel es Stiller ein. Vapore hatte ehemalige Mannschaftsgebäude an der Würzburger Straße in hochwertige Wohnhäuser umgebaut. Die Anleger waren völlig aus dem Häuschen – und die örtliche Bauträger-Konkurrenz ebenfalls, weil Vapore die üblichen Quadratmeterpreise gnadenlos unterboten hatte. Sein Modell hatte bundesweit Schule gemacht. Zuletzt war er ins Neubaugeschäft gewechselt und hatte im Rosenpark, wo die Stadt gerade ein riesiges Kasernenareal in ein völlig neues Siedlungsgebiet verwandeln ließ, ein paar Blöcke hochgezogen.
»Ich werde echt alt«, sagte Stiller kleinlaut. Niemand widersprach ihm.
»Was sollte ein Bauunternehmer in der Kleingartenkolonie wollen?«, fragte Kleinschnitz stattdessen.
Kerstin sah ihn groß an. »Na, bauen.«
Stiller schüttelte den Kopf. »Das ergibt keinen Sinn. Das Gelände ist als Grünfläche ausgewiesen. Außerdem ist es vom Siedlungsgebiet abgeschnitten, es liegt jenseits der Hafenbahn und direkt am Schönbusch. Egal, wie einflussreich Vapore ist – dort baut niemand mehr.«
Er stutzte. Irgend etwas war da gewesen. Einer der Kleingärtner hatte es ihm erzählt. Aber er wusste weder wer noch was.
»Das ist euer Bier«, sagte Kerstin. »Ihr kennt meine Meinung, und ihr habt alles, was ich finden konnte. Ich gehe wieder an meine Arbeit.« Sie warf einen schnellen Blick auf Stiller. »Übrigens hab ich es gehört.«
Stiller lief rot an.
»Neue Männer braucht das Land.« Sie feixte. »Wenn ich mir euch zwo so betrachte, kann ich da nur zustimmen.«
Kleinschnitz hielt ihr galant die Tür auf. »Ich verschwinde ebenfalls. Hab schon zu viel Zeit mit dem Stau und dem Rasenmäher verloren.«
Stiller blieb allein zurück und massierte sich die Schläfen. »Mit wem hab ich gesprochen?«, murmelte er.
17
»Ich komm nicht drauf. Ich bin wie vernagelt.« Stiller saß auf der Eckbank in der Laube, Ruth an seiner Seite. Sie und die Kinder hatten ihn begleitet, um später mit aufs Radieschenfest zu gehen. Er würde Ruth als seine Schwägerin vorstellen, falls jemand fragen sollte. Die Kinder waren kein Problem: Er hatte sich in der Anlage schließlich als Familienvater ausgegeben. Frauke stand an dem Flipchart. Gemeinsam waren sie noch einmal alle Gärtner durchgegangen, mit denen Stiller gesprochen hatte. Er wusste, dass ihm einer von ihnen eine Information gegeben hatte, die ihm damals nebensächlich, jetzt aber wichtig erschien.
Er ärgerte sich über sich selbst, weil er erst nach Strunkes Beerdigung angefangen hatte, die Gespräche zu protokollieren. Bis dahin hatte er nur Stichwörter auf Fraukes Pappkarten notiert und an die Pinnwand geheftet. Aber es war darunter keines, bei dem es »Klick« machte.
»Mach dir nichts draus«, sagte Frauke sanft. Sie war in ihrem Element. »Das ist uns allen schon mal passiert. Du musst dich entspannen, loslassen. Denk an etwas anderes. Schließ die Augen. Nenn mir eine Situation, in der du dich wohlfühlst …«
»Pass bloß auf, was du sagst«, warnte ihn Ruth.
Frauke schnappte ein. »Ich versuche nur eine Form des autogenen Trainings. Eine leichte Abwandlung der Schultz-Methode. Du glaubst gar nicht, was sich dadurch aus dem Unbewussten herausholen lässt.«
»Ich glaub’s auch nicht«, sagte Stiller. »Aber ich glaube, es war etwas, was Mooser gesagt hat.«
»Siehst du, es wirkt schon.«
Ruth lächelte. »Meinst du, es bringt dir etwas, wenn du mit diesem Mooser noch einmal sprichst?«
Stiller hob die Schultern. »Ich kann es ja versuchen. Er ist gerade am Vereinsheim und hilft beim Aufbau fürs Radieschenfest.«
»Na, das passt doch prima. Du bietest kurzerhand deine Mithilfe an. Frauke und ich kümmern uns so lange um den Garten. Unter uns: Der sieht grausig aus.«
Ruth hatte den Stiller’schen Rasenmäher in den Kangoo geschoben und in die Laubenkolonie mitgenommen, Frauke war auf dem Wochenmarkt gewesen und mit einem flachen Karton voller Setzlinge für die Beete gekommen. Gemeinsam wollten sie die Parzelle ein wenig aufpäppeln.
Stiller ließ »seine«
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