Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
Frauen in der Laube zurück und zog los. Am Kirschbaum blieb er kurz stehen: Charlotte und Jan lagen sich in der Hängematte gegenüber. »Ihr könntet Ruth helfen«, schlug er vor.
Charlotte verdrehte die Augen. »Oh Papa, siehst du nicht, dass wir chillen?«
»Wie ihr wollt. Bleibt ihr nachher zum Radieschenfest?«
»Gibt’s da nur Würste und Steak oder auch was Vegetarisches?«, fragte Charlotte zurück.
»Soweit ich weiß, gibt es vegetarische Radieschen in allen Variationen.«
»Cool. Dann bleib ich.«
Jan hob den Kopf. »Radieschen sind Wurzeln, Charlotte. Erklär das mal deinem Freund.«
Stiller stutzte. Hatte er »Freund« gehört? Jetzt bloß nicht zu neugierig nachbohren. »Wieso, was ist denn mit ihm?«
»Er ist Frutarier«, antwortete Jan an Charlottes Stelle. »Er isst nur Obst, das man pflücken kann, ohne dass die Pflanze stirbt.«
»Genau genommen ist er sogar ein verschärfter Frutarier«, ergänzte Charlotte. »Er isst nur Früchte, die von alleine vom Baum gefallen sind.«
»Es wäre schade, wenn er deswegen nicht käme.« Stiller hätte den Freund seiner Sechzehnjährigen gerne kennengelernt. »Du kannst ihm ja sagen, dass die Radieschen hier von alleine aus dem Boden springen«, witzelte er und wandte sich zum Gehen.
»Ha, ha, Papa. Du bist ja sooo lustig«, rief ihm Charlotte hinterher.
Am Vereinsheim stieß Stiller auf Mooser und Scherer. Sie balancierten auf Klappleitern und waren dabei, eine Plastikplane aufzuspannen, um die überdachte Pergola hinter dem Haus zu verlängern.
»Hallo«, begrüßte ihn Mooser. »Na, hast du wieder Damenbesuch? Wer ist es denn diesmal?«
»Meine Schwägerin – die Schöpferin meiner Gartenfiguren.« Stiller räusperte sich. »Ihr seid nur zu zweit, wo sind denn all die anderen?«
»Du kennst doch den Spruch: Viele Ärsche, viele Winde.« Mooser lachte rostig. »Ich brauch mal den Blumendraht, Kalle.«
Scherer zog die grüne Spule aus der Gesäßtasche und warf sie Mooser zu, der sie geschickt auffing. Mit einem Seitenschneider zwickte er ein Stück Draht ab und warf die Spule zurück. Die beiden waren ein eingespieltes Team.
Stiller klatschte in die Hände. »Was soll ich tun?«
»Wir kommen gut allein zurecht«, rief Scherer von der Leiter.
»Lass ihn doch«, entgegnete Mooser und deutete auf die zusammengeklappten Biertischgarnituren, die sich unter der Pergola stapelten. »Du kannst schon mal anfangen, die aufzustellen. Ich bin hier gleich fertig, dann mach ich mit.«
Stiller ging ans Werk. Scherer warf ihm von Zeit zu Zeit misstrauische Blicke zu und gab Anweisungen. »Stell die Bank nicht so nah an die Stufe« oder »An der Wand vom Vereinsheim musst du Platz lassen. Da kommt eine Reihe von Tischen hin. Fürs Salatbuffet«.
Nach und nach tröpfelten weitere Helfer ein. Einige Gärtner, darunter Froeses, bauten Grills auf. Mangold schleppte in einem Leiterwagen einen Laptop, ein Mischpult und zwei riesige Lautsprecher herbei und begann, alles zu verkabeln. Wagner kümmerte sich um die Zapfanlage. Mooser war noch immer mit der Plane beschäftigt. Stiller gab die Hoffnung auf, ungestört mit ihm sprechen zu können. Stattdessen packte ein Spätaussiedler mit an, um die letzten Tische und Bänke aufzustellen. Er hieß Sascha.
Gerti Blum führte einen Zug von Frauen an, die Schüsseln, Platten und Bretter auf den Tischen am Vereinsheim absetzten: Radieschensalate mit unterschiedlichen Dressings, Radieschenbrote, Radieschenquark, Radieschen mit Strunk, als »Fingerfood« deklariert, kunstvoll geschnitzte Radieschen, die Käfer und Igel, Tulpen und Rosen darstellten. In die Lücken rückte allerlei Zeitloses wie grüner Salat, Tomaten-Mozzarella-Basilikum, Kräuterbutter und der Beilagen-Höhepunkt, der Kartoffelsalat.
Stiller lauschte auf die Gespräche ringsum. Ingrid Mangold war voll des Lobs für Gerti Blum. »Ein Traum, dein Kartoffelsalat! Bei Regina gab es neulich einen Kartoffelsalat aus dem Eimer. Wie Gummi. Die Kinder haben den Ball reingeschossen, ich glaub, da waren alle froh. Aber dein Kartoffelsalat – ein Traum!« Sie verscheuchte die Kinder, die begonnen hatten, den Ball hin und her zu werfen.
Gerti Blum gab das Lob zurück. »Ach komm, mein Kartoffelsalat ist doch nichts gegen dein Käsedressing. Da könnt ich mich jedes Mal reinlegen.«
Der Rest ging in Musik unter. Mangold nahm die Anlage in Betrieb, hatte jedoch die Lautstärke noch nicht im Griff. »Ich hab dich tausendmal belogen«, dröhnte es aus den
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