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Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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vorbeikam, hätte er sie zweifellos auch umgebracht.«
    »Ja, das denke ich auch«, pflichtete Evan ihm widerstrebend bei. »Da sie geschrien hat, hätte er sie zumindest zum Schweigen gebracht. Was ist mit dem alten Briggs, der Sie geholt hat?«
    »Der weiß von nichts. Ich habe ihn gefragt.«
    Evans begann seine Suche und entfernte sich immer weiter von der Stelle, an der die beiden Leichen gelegen hatten. Er ging ganz langsam, den Blick auf den Boden geheftet. Er wußte nicht, wonach er suchte, nach irgend etwas vielleicht, das jemand fallen gelassen hatte, einem Abdruck, einem weiteren Blutfleck. Es mußte noch mehr Blutflecken geben!
    »Es hat nicht geregnet«, meinte Shotts mit unterdrückter Wut.
    »Die beiden Männer haben um ihr Leben gekämpft wie Tiger. Es muß noch mehr Blut geben. Nicht daß ich wüßte, was uns weiterhelfen sollte! Nur daß noch jemand verletzt sein muß, das kann ich mir auch so zusammenreimen.«
    »Hier ist Blut«, entgegnete Evan, dem ein dunkler Fleck auf dem Pflaster in der Nähe des Rinnsteins in der Straßenmitte aufgefallen war. Er mußte es mit dem Finger berühren, um sicherzugehen, daß es rot war und nicht braun wie andere Körperexkremente. »Und hier auch. Das muß die Stelle sein, an der zumindest ein Teil des Kampfes stattgefunden hat.«
    »Ich habe hier auch etwas gefunden«, fügte Shotts hinzu. »Ich wüßte gerne, wie viele es waren.«
    »Mehr als zwei«, erwiderte Evan leise. »Wenn es ein auch nur annähernd fairer Kampf gewesen wäre, hätten wir vier Leichen hier gehabt. Wer auch immer sonst noch an dem Kampf beteiligt war, muß noch in der Verfassung gewesen sein, sich zu entfernen. Es sei denn natürlich, jemand anders hätte ihn weggebracht. Aber das ist unwahrscheinlich. Nein, ich glaube, wir suchen nach mindestens zwei oder drei Männern.«
    »Bewaffnet?« Shotts sah ihn an.
    »Das weiß ich nicht. Der Arzt wird uns sagen, wie er gestorben ist. Ich habe keine Messerwunden gesehen und auch keine Wunden von einem Stock oder einem Knüppel. Und erdrosselt worden ist er ganz gewiß nicht.« Er schauderte, als er dies sagte. St. Giles genoß einen besonderen Ruf für die plötzlichen und schauerlichen Morde, die mit Hilfe eines Stückchens um die Kehle geschlungenen Drahts begangen wurden. Jeder schmutzige und heruntergekommene Vagabund war da schon einmal verdächtigt worden. Bei einer denkwürdigen Gelegenheit hatten zwei solcher Männer einander verdächtigt, und das Ganze hätte beinahe mit gegenseitigem Mord geendet.
    »Das ist aber seltsam.« Shotts stand reglos da und zog unbewußt seinen Mantel in der Kälte fester um sich. »Wer in so einer Gegend auf Raubzug geht, hat für gewöhnlich ein Messer oder ein Stück Draht dabei. Er ist nicht auf Streit aus, er will einen hübschen Gewinn und eine schnelle Flucht, ohne sich dabei zu verletzen.«
    »Genau«, pflichtete Evan ihm bei. »Ein Stück Draht um den Hals oder ein Messer in die Seite. Lautlos wirksam. Ohne Gefahr. Man nimmt das Geld und verschwindet in die Nacht.
    Also, was ist hier passiert, Shotts?«
    »Keine Ahnung, Sir. Je länger ich die Sache betrachte, um so weniger verstehe ich sie. Es war jedenfalls keine Waffe im Spiel. Und wenn doch, haben sie sie mitgenommen. Und mehr noch, ich sehe nirgendwo eine Blutspur. Wenn die Täter also verletzt wurden, dann waren ihre Verletzungen lange nicht so schlimm wie die der beiden armen Seelen, die der Doc und der Leichenwagen weggebracht haben. Ich weiß, die beiden waren tot, oder so gut wie, das tut im Augenblick nichts zur Sache. Was ich meine, ist…«
    »Ich weiß, was Sie meinen«, gab Evan ihm recht. »Es war eine sehr einseitige Angelegenheit.«
    »Man muß einen Menschen schon sehr hassen, um ihn totzuschlagen«, sagte Evan, und seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Es sei denn, man wäre wahnsinnig.«
    »Die kamen nicht hier aus der Gegend«, meinte Shotts kopfschüttelnd. »Sie waren sauber… oberflächlich betrachtet jedenfalls, gut genährt und mit ordentlichen Kleidern. Sie kamen beide aus einem anderen Viertel, irgendwo weiter westlich, soviel steht fest. Oder auch vom Land.«
    »Aus der Stadt«, verbesserte Evan ihn. »Stadtstiefel. Stadthaut. Männer vom Land wären nicht so blaß gewesen.«
    »Dann kommen sie von weiter westlich in der Stadt. Hier aus der Gegend waren sie jedenfalls nicht, das steht absolut fest. Also, welcher von den Leuten hier könnte sie gut genug kennen, um sie so sehr zu hassen?«
    Evan schob die Hände

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