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Stimme aus der Unterwelt

Stimme aus der Unterwelt

Titel: Stimme aus der Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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wie
Wut, Haß, Rache dahinter. Keine Bereicherung. Hat Ihr Freund, der Käsehändler“,
wandte er sich an Sigi, „Feinde?“ Der Arzt schüttelte den Kopf. „Marcel ist
eine Seele von Mensch. Gütig und ehrlich. Ich glaube, ihm war’s früher
peinlich, Schweizer Käse zu verkaufen. Wegen der Löcher drin. Damit meine ich:
Er hat niemals irgendwen übervorteilt. Nur beim Kartenspielen — da betrügt er
wie Graf Cagliostro.“
    „Wer ist das?“ fragte Klößchen.
    Wie aus der Pistole geschossen,
antwortete Karl: „Ein italienischer Abenteurer, lebte im 18. Jahrhundert, hieß
eigentlich Guiseppe Balsamo, war einfacher Herkunft und machte Karriere als
Hochstapler, Geisterbeschwörer, Alchimist und Freimaurer. Jeder, der mit ihm zu
tun hatte, wurde übers Ohr gehauen.“
    „Alle Wetter!“ staunte Sigi. „Du weißt
aber gut Bescheid.“
    „Karl hat nicht umsonst den Spitznamen
Computer“, erklärte Tim. „Weil er ein Gehirn besitzt wie ein Datenspeicher. Was
Karl liest, behält er. Und er liest viel.“
    Klößchen sprang auf. „Himmel, die
Gasflamme brennt noch.“
    Er lief in die Küche und schaltete den
Herd aus.
    „Bei dem Täter kann es sich natürlich
auch um einen Bekloppten handeln“, sagte Tim. „Aber das wäre die billigste
Erklärung. Überlegen Sie nochmal, Sigi! Ist Ihr Freund wirklich in aller Augen
der Engel vom Dienst? Oder gibt es mindestens eine schlagstarke Person, die das
anders sieht?“
    Sigi starrte in seine Kaffeetasse.
Plötzlich hob er den Kopf. „Du hast recht. Er hat einen Feind.“
    „Wunderbar!“ freute sich Tim. „Wer ist
es?“
    „An den Namen entsinne ich mich nicht.
Es war was Ostisches, endete auf -ky. Und vorn... ja, mit Grob... fing der Name
an. Grob... und... ky.“
    „Lassen wir’s mal bei Grobky“, riet
Tim. „Und?“
    Sigi legte einen Finger an seine
kräftige Nase, was offenbar beim Nachdenken half.
    „Es muß vor sieben oder acht Jahren
gewesen sein. Da konnte Marcel einen Bankräuber überführen. Eine putzige
Situation war das. Der Kerl hatte — maskiert und bewaffnet — unser hiesiges Bankhaus
überfallen, eine Kundin bedroht und ansehnlich Beute gemacht. Er konnte fliehen
und rannte, immer noch maskiert, in die Salamander-Gasse, die hinter dem
Bankhaus verläuft. Dort stand der Fluchtwagen. Auch andere Fahrzeuge parkten in
der Gasse. Aber alle schienen leer zu sein. Deshalb nahm der Bankräuber seine
Maske ab, bevor er losfuhr. Das erwies sich als Fehler. Denn Marcel sah den
Gangster genau. Marcel wartete in seinem Wagen auf Pauline, die er mitnehmen
wollte, war müde geworden und tief in die Polster gerutscht. Deshalb hatte
Grobky ihn nicht bemerkt. Noch am selben Tag wurde er aufgrund von Marcels
Beschreibung festgenommen. Marcel identifizierte ihn bei der Gegenüberstellung.
Und trat auch vor Gericht als Zeuge auf. Bei der Verhandlung hat Grobky gewütet
und angekündigt, er werde es Marcel heimzahlen.“
    „Wurde Grobky verurteilt?“ fragte Tim.
    „Na, und wie! Er war mehrfach
vorbestraft. Bei dem Bankraub — das fällt mir jetzt ein — hatte er einen Kunden
niedergeschlagen. Die Strafe betrug, glaube ich... ja, acht Jahre.“
    „Also könnte Grobky jetzt auf freiem
Fuß sein?“
    „Keine Ahnung. Vielleicht.“
    „Wie sieht er aus?“
    „Ich habe ihn nie gesehen.“
    Tim überlegte. „Wir müßten Ihren Freund
Marcel fragen. Ich denke da nämlich an einen bestimmten Typ. Der ist etwa 40,
kräftig, hat starke Kiefer und einen Mittelscheitel.“
    Verblüfft sahen seine Freunde ihn an.
    „Meinst du den aus dem Gasthaus Traube?“
fragte Karl. „Genau den. Ich hab’s noch nicht gesagt, weil es mir zu wischi-waschi-vage
erschien. Aber als gestern abend die erste Morddrohung einlief, erinnerte mich
die Zischstimme an diesen Kerl. Außerdem hatte er einen Koffer bei sich, ist
also möglicherweise mit dem Alpen-Expreß gekommen.“
    „Uff!“ meinte Klößchen mit vollen
Backen. „Dem könnte man allerdings ein paar Gemeinheiten zutrauen.“
    „Im Polizei-Archiv der Landeshauptstadt“,
sagte Sigi, „gibt es bestimmt ein Foto von dem Mann — wie von allen
Vorbestraften. Aber soviel Umstände müssen wir gar nicht machen. Die
,Bad-Fäßliftl-Nachrichten’ haben damals ausführlich über den Prozeß berichtet,
auch Fotos von dem Bankräuber veröffentlicht.“
    „Wir werden Susi bitten“, sagte Tim, „uns
den alten Zeitungsband zu zeigen.“
    Augenblicklich verschloß sich Sigis
Gesicht. „Macht ihr das“, brummelte er, „ich

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