Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stimme aus der Unterwelt

Stimme aus der Unterwelt

Titel: Stimme aus der Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
legte er neben die Zeitung auf den Tisch.
    „Verstehen Sie, Frau Welmhoff, warum
ich hier eingedrungen bin? Wenn ich das tue und Sie nicht ins Jenseits
befördere, beweise ich doch, daß ich nicht der Gewalttäter bin. Denn der, das
ist klar, würde Sie als die einzige Zeugin, die ihn wiedererkennen kann,
umbringen. Die Phantomzeichnung und die Beschreibung von mir sind kein Beweis.
Nur auf Ihre Aussage käme es an vor Gericht. Deshalb wären Sie eine große
Gefahr für mich — wenn ich ein schlechtes Gewissen hätte.“
    Offenen Mundes starrte Susi ihn an. „Ich...
verstehe.“
    „Technisch wäre es für mich kein
Problem, Sie zu töten“, er lächelte beruhigend, griff aber unter die Jacke. „Ich
war so frei, mir aus Ihrer Küche ein großes Messer auszuleihen. Leicht kann man
damit einem Menschen den Lebensfaden abschneiden.“
    Rüdiger zog Susis neues Brotmesser aus
dem Gürtel. Es hatte 59 Schilling gekostet, schnitt aber nicht besonders gut.
Susi benutzte es selten.
    Rüdiger hob die Hand mit dem Messer. Er
war fünf Schritte von Susi entfernt und wollte das Messer auf den Tisch werfen
— auf der Zeitung sollte es landen.
    Für jemanden, der auf der Terrasse
stand, sah das allerdings so aus, als würde der Hoteldieb sich mit dem Messer
auf Susi stürzen.
    Deren Blick wurde nach links gelenkt,
zur Terrassentür, vor der ein Schatten auftauchte.
    „Nein!“ schrie Susi. „Nicht! Irrtum!“

16. Man kann sich ja mal irren
     
    Tim joggte, bewegte locker die Arme,
achtete auf den grasigen Boden, ohne den Kopf zu senken, und atmete tief.
    Tolle klare Luft. Allmählich wurde es
heiß. Gräser streiften die nackten Beine. Ab und zu mußte er Stechfliegen
abwehren.
    Nach knapp zwölf Minuten hatte er Susis
Anwesen erreicht.
    Es war offenbar das kleinste im Tal,
aber immer noch groß genug und sehr hübsch im alpenländischen Baustil. Ein Fiat
parkte vor dem Haus. Auch hier friedliche Stille. Neben der Garage, die etwas
abgesondert stand, war ein gemauerter Brunnen.
    Kühles, sauberes Wasser. Tim tauchte
die Arme bis zu den Schultern hinein und wusch sich den Schweiß vom Gesicht.
Für einen Moment steckte der TKKG-Häuptling den Kopf unter Wasser und
blubberte.
    Schuldbewußt hielt er dann inne. Das
Blubbern klang, als tauche ein Flußpferd auf. Aber er wollte Susi nicht wecken.
    Selbstverständlich marschierte er auch
hier ums Haus — machte einen Kontrollgang.

    Die Terrasse betrat er von der Seite.
    Weiße Gartenmöbel waren aufgestellt,
auch Kakteen. Einige blühten. Tim erkannte die Königin der Nacht, deren Blüte
wie ein Stern strahlte.
    Nach nur zwei Schritten verharrte der
TKKG-Häuptling.
    Sofort drückte er sich neben dem
Fenster an die Mauer.
    Im Terrassenzimmer — Gardinen und
Vorhänge waren beiseite gezogen — stand ein Mann im hellen Anzug.
    Susis Lebensgefährte?
    Tim riskierte ein Auge. Jetzt sah er
die Reporterin.
    Totenbleich war sie. Angstvoll weiteten
sich die Augen. Susis Haltung drückte aus, daß sie sich bedroht fühlte. Sie
hatte die Arme um sich geschlungen. Unter dem grünen Schlafanzug schien sie zu
zittern.
    Der Mann wandte der Terrassentür den
Rücken zu.
    Tim konnte den Tisch sehen.
    Neben einer Zeitung lagen dort: eine
goldene Armbanduhr, zwei Ringe und eine Brieftasche.
    Mehr brauchte er nicht zu wissen.
    Seine Muskeln spannten sich. Er starrte
auf den Nacken des Mannes. Das also war der Räuber. Und hier war er
eingedrungen, um die gefährliche Zeugin auszuschalten. Die Zeitung dort — aha!
da stand der Bericht.
    Bei den Borsten der Stachelschweine!
dachte Tim, ich komme keine Sekunde zu früh.
    Der Verbrecher redete, aber gedämpft.
Türen und Fenster waren geschlossen. Tim verstand nichts.
    Jetzt griff der Kerl unter die Jacke,
zog ein Messer aus dem Gürtel und hob die Hand.
    Alles weitere spielte sich innerhalb
von zwei, höchstens drei Sekunden ab.
    Tim hechtete zur Tür. Die gekreuzten
Arme schützten Kopf und Gesicht. Wie ein Taifun brach der TKKG-Häuptling durch
die Glasscheibe, so schnell, daß keinem Splitter Zeit blieb, auf ihn
herabzufallen.
    Drei, aber nur oberflächliche
Schnittwunden ließen sich nicht vermeiden: am linken Arm und an den Beinen.
    Doch das merkte Tim erst später.
    Mit einem Hammerschlag seiner rechten
Faust traf er den Verbrecher im Nacken. Ein Hieb war das, unter dem ein Amboß erzittert
wäre.

    Tim hörte zwar, daß Susi aufschrie,
verstand aber nicht, weil jetzt das Prasseln der zerbrochenen Scheibe alles
übertönte.
    Der

Weitere Kostenlose Bücher