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Stimmen

Stimmen

Titel: Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Ziegel- und Zementsteinen sowie Betonresten auf. Schlammige, von Lastwagen zerfurchte Schotterwege führten kreuz und quer durch einen breiten Streifen Niemandsland, in das Rasenfetzen an manchen Stellen ein wenig Farbe brachten.
    Das berühmte Nordtor mit seinem hohen Bogen aus Ziegelsteinen, verewigt in Film und Fernsehen, stand noch. Viele einprägsame und oft wiederholte Sätze hatten dem Angst einflößenden Tor über die Jahre einen makabren Glanz verliehen, darunter die berüchtigte Begrüßungsformel Schmerz ist dein letztes Bürgerrecht – willkommen in San Andreas! und die Empfehlung Gib nicht die Hoffnung auf – gib einfach auf. An die Stelle dieser alten plakativen Ermahnungen war jetzt ein glänzendes, im Wind leicht wehendes Plastikbanner getreten, das verkündete: HAMPTONS SAN ANDREAS-PARK – GESCHÄFTSRÄUME ZU VERMIETEN.
    Die neuen rundum verglasten Empfangsschalter waren mit Sicherheitsleuten der ansässigen Firmen besetzt, die schlichte schwarze Uniformen trugen. Sie glichen Peters Namen mit der Liste der angemeldeten Besucher ab. »Aha, Sie treffen sich also mit den Jungs von Trans«, sinnierte der Sicherheitschef, ein stattlicher Mann mit freundlichem Gesicht, und drehte seinen elektronischen Notizblock abwägend hin und her. »Bei denen herrscht schon den ganzen Tag ein Kommen und Gehen. Viel beschäftigte Leute. Können Sie sich mit einem Lichtbild ausweisen?«
    Als Peter seinen Führerschein vorwies, der in einem Klarsichtfach der Brieftasche steckte, nutzte der Sicherheitschef das elektronische Notizbuch zum Scannen. Anschließend gab er ihm die Brieftasche zurück und verschwand im hinteren Teil des Raumes.
    Einmal in seinem Leben wäre Peter fast ins Gefängnis gekommen. Die Anklage wegen Verstoß gegen die Sittlichkeit und Erregung öffentlichen Ärgernisses, bei der es 1973 in Los Angeles zum Prozess gekommen war, hatte damit geendet, dass sich die Geschworenen auf kein Urteil hatten einigen können. Aber selbst wenn man ihn verurteilt hätte, wäre Peter nicht in San Andreas gelandet. In diesem Knast hatte man nur die ganz harten Brocken von Kriminellen, die kaputten Typen untergebracht. »Den Abschaum vom Abschaum«, murmelte Peter gerade nervös, als der Sicherheitschef aus seinem Verschlag trat.
    »Wie bitte?«
    »Haben Sie hier früher schon gearbeitet?«
    »Ich nicht. Hab aber ein paar Leute gekannt, die hier früher Dienst taten. Gruselig. Ich selbst bin ein Freigeist.« Er händigte Peter eine kleine elektronische Karte aus. »Alles klar bei Ihnen, Mr. Russell. Das hier ist Ihr elektronischer Pass. Wenn Sie sich außerhalb Ihrer Zone bewegen, piepst die Karte, und Sie tauchen hier auf unserem Bildschirm auf. Dann müssen wir kommen und nach Ihnen suchen. Falls Sie die Karte verlieren, handeln Sie sich alle möglichen Probleme ein. Sie gehen zu dem alten T-Gebäude hinüber.« Er reichte Peter einen Lageplan aus festem Papier und zeichnete den Weg mit einem Markierungsstift ein. »Mitten ins Herz von San Andreas. Sehr exklusiv.« Er lächelte und zeigte dabei eine Reihe schöner, gleichmäßiger Zähne, die ganz sicher nicht seine eigenen waren.
    Als sich die Sperre, eine ganz gewöhnliche Holzschranke, schließlich hob, betrat Peter mit leichtem Widerstreben das Gelände.

 
Kapitel 16
     
    »Sie wirken ja so ernst«, bemerkte Weinstein, während er mit Peter den langen, glänzend sauberen Betonflur entlangging, der die einzelnen Trakte voneinander trennte. Links und rechts des Ganges lagen jeweils drei Stockwerke. Peter starrte mit finsterem Blick auf die Zellen, deren Vergitterung inzwischen entfernt worden war. Auf den Laufgängen rannten Arbeiter, die Schreibtische, Stühle oder Glasfaserkabel schleppten, geschäftig hin und her.
    »Der Ort sieht ja auch nach dem Ernst des Lebens aus«, erwiderte Peter. Ihm sagte diese Umgebung nicht sonderlich zu, doch Weinstein schien sie zu gefallen. Er wirkte erschöpft, aber gut aufgelegt, sogar leicht manisch.
    Weinstein starrte ihn aus rot umränderten Augen an. »In diesem Block haben wir nur ein paar Zellen angemietet, für den Fall, dass es uns zu eng wird, wissen Sie. Wir haben uns die Rosinen aus dem Kuchen gepickt. Haben den Vertrag schon früh abgeschlossen und konnten uns den T-Block sichern.«
    »T-Block?«
    »T steht für Todesstrafe. Der Trakt der lebenden Toten. Der Komplex gleich rechts von der Gaskammer.«
    »Du meine Güte.«
    »Der Tod gebiert neues Leben und der Knast Immobilien. Beides bringt Gewinn. Und die Frauen

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