Stimmen
Russell-Familie.«
»Nett von Russ, mich weiterzuempfehlen.« Peter blickte über die Schulter zur Tür. Das Büro war bemerkenswert klein.
»Das Schicksal hat Sie hierher geführt«, erklärte Weinstein und sah von rechts nach links. »Zellen für die Verdammten«, sagte er mit kaum wahrnehmbarem Frösteln. »Wann immer ich die Gelegenheit habe, versuche ich rauszugehen. Wähle jedes Mal eine andere Route, nur für den Fall des Falles.« Weinstein stieß sich so vom Schreibtisch ab, dass sein Stuhl gegen die Betonmauer prallte. »Man könnte hier ein paar Kanarienvögel brauchen, stimmt’s?«
Peter kicherte, aber es lag wenig echter Humor in der Luft.
»Am besten, wir gehen jetzt, und ich mache Sie mit unserem hauseigenen Nikola Tesla bekannt. Hat genauso viel Genie und technischen Erfindungsgeist wie sein Vorgänger. Falls Sie miteinander klarkommen, ist die Sache geritzt. Haben Sie übrigens Ihr Trans dabei?«
Als Peter es aus der Jackentasche zog, griff Weinstein danach und verstaute es in der Schreibtischschublade. »Wir lassen die Dinger nicht näher als bis hier an den Transponder heran, der die Signale empfängt und sendet. Gibt sonst eine Art Funkstörung. Und das betrifft nicht nur die Energie, sondern auch die Information.« Diesmal fiel sein Grinsen außerordentlich sarkastisch aus. »Und das hat faszinierende Folgen.«
•
Während Peter seinem Gastgeber quer durch das Netz trostloser Gänge hinterher trottete, war er in seine eigenen Gedanken vertieft. Dass Weinstein Russ Meyer erwähnt hatte, brachte die alten Zeiten zurück.
Weinstein führte ihn in einen Trakt mit kreisrund angeordneten Zellen, der älter als die anderen Blöcke war. Das Mauerwerk bestand hier aus großen ockerfarbenen Ziegelsteinen, und die Zellen waren geräumiger. Sie gingen an mehreren Reihen von Büros vorbei, in denen geschäftige junge Männer und Frauen saßen und auf Bildschirme starrten.
Peter löste sich gerade noch rechtzeitig aus seinem Tagtraum, um durch eine Stahltür in die größte Zelle zu treten, die er bislang gesehen hatte. Sie maß mindestens zwei Meter siebzig auf drei Meter, hatte Betonwände in blassen Grün- und Blautönen und war mit einem elegant geschwungenen Schreibtisch ausgestattet, dessen Platte ein Laptop und Computerausdrucke einnahmen. Es gab hier weder Fotos noch Plakate: Er hatte soeben die Klause eines Hightech-Mönchs betreten.
Weinstein machte ihn mit einem großen, bärenhaften Mann in Golfhemd und schwarzen Jeans bekannt, der dazu seinen Platz hinter dem Schreibtisch verließ. »Peter Russell – Arpad Kreisler.«
Der Bär reichte Peter die Hand und drückte so kräftig zu, dass es schmerzte; sein aufmerksames, freundliches Gesicht wirkte im Gegensatz zu seiner Statur fast kindlich. »Freut mich, Sie kennen zu lernen.« Irgendein mitteleuropäischer Akzent war bei Kreisler ganz leicht herauszuhören. Er war über einen Meter achtzig groß, hatte ausgeprägte, kantige Züge und breite, aber hängende Schultern. Das strähnige schwarze Haar fiel ihm in die tief liegenden dunklen Augen. Seine Körperhaltung verriet lockere, aber unbeholfene Kraft und eine seltsam jungenhafte Anmut für einen Mann seiner Größe. »Stanley hat mir erzählt, dass Sie uns aus der Patsche geholfen haben.«
Peter machte freundliche Miene zum Spiel, beschloss aber, so wenig wie möglich zu sagen. Er hatte keine Ahnung, mit wem oder was er hier rechnen musste. Es vergingen Sekunden, bis er merkte, dass sie irgendeine Reaktion von ihm erwarteten.
»Danke, aber eigentlich habe ich gar nicht viel getan. Mrs. Benoliel hat die Überzeugungsarbeit geleistet. – Tut mir Leid, dass ich nicht ganz bei der Sache war«, entschuldigte er sich nachträglich, »aber ich hatte nicht gut geschlafen.«
»Keiner von uns hat letzte Zeit viel geschlafen.« Kreislers Augen verloren sich einen Augenblick in der Ferne. »Zu viel Arbeit, aber wir bekommen in Griff, stellen uns darauf ein.«
Peter spürte irgendeine Spannung in der Luft, ohne sie richtig einordnen zu können. Sie mochte daher rühren, dass die beiden mit ihrem Unternehmen noch am Anfang standen, ihren Scharfsinn und Erfindungsgeist überstrapaziert hatten oder einfach zu schwer arbeiteten und eigentlich ein Jahr Pause gebraucht hätten. Kein Grund zur Beunruhigung, versuchte er sich einzureden und die andere Stimme zu übertönen, die ihm eindringlich sagte, er solle so schnell wie möglich von hier verschwinden.
»Wunderbare Gelegenheit, mit solchen
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