Stimmen
sie.
»Kein Sex«, erinnerte sie ihn.
»Ist doch klar.«
»Aber nimm mich in die Arme.« Was er tat.
»Ich lern’s nie«, sagte sie einige Minuten später, als er gerade einzunicken begann. Die roten Ziffern auf dem Wecker besagten, das es vier Uhr morgens war. Obwohl sie ihm den Rücken zudrehte, war ihm klar, dass ihre Augen weit geöffnet waren.
»Können wir später darüber reden?«, fragte Peter. »Ich habe einen sehr langen Tag gehabt.«
»Mhmm.«
•
Um neun Uhr morgens war er hellwach, blieb aber noch kurz neben Carlas dunkler Silhouette liegen, die leise Schnarchtöne von sich gab. Sie hatte sich wie eine Bettwurst eingewickelt und ihm fast die ganze Überdecke geklaut.
Nur mit Boxershorts und T-Shirt bekleidet, schlüpfte er aus dem Bett und trottete in die Küche, wobei er einen Arm streckte und beugte, um sich zwischen den Schulterblättern zu kratzen. Er setzte einen Kessel mit Wasser auf und inspizierte den Kühlschrank, in dem er noch fünf Eier fand. Er roch an der offenen Packung mit Frühstücksspeck und stellte fest, dass er noch essbar war, auch wenn das kalte Fett weiße Streifen an der Plastikfolie hinterlassen hatte. Und die Milch war zwar nicht mehr frisch, aber noch nicht sauer. Dagegen war die Sahne im Becher inzwischen zu Käse geronnen. Außerdem fand er noch zwei Äpfel, Marmelade und etwas Brot. Wenn er den leichten Schimmel abkratzte, würde er damit einen schönen Toast machen können. Langt durchaus für das Frühstück, mit dem ich sie überraschen will.
Er musterte den Herd, dessen rostfreie Stahlplatten zwar leicht angekohlt wirkten, der ansonsten aber sauber war. Der saubere Herd eines Junggesellen. Irgendetwas läutete leise von weit her, und es war nicht die Soleri-Glocke. Er rätselte, was es sein könne, bis ihm das Trans in seiner Jackentasche einfiel.
Bis er die Jacke gefunden hatte, die über dem knallroten Sessel hing, den Apparat herausgekramt und aufgeklappt hatte, verging ein Weilchen, so dass er erst beim siebenten Läuten abnahm. »Peter am Apparat.« Halb rechnete er damit, dass es Michelle, vielleicht auch Weinstein sein könne.
»Hallo Peter, ich bin’s, Hank. Dachte, ich sollte dich mal anrufen oder so. Dieses Trans-Ding ist ja toll, du bist glasklar zu hören.«
»Tja, du auch.« Peter freute sich, zur Abwechslung mal eine männliche Stimme zu hören. »Wie ist es in Prag?«
»Nass. Die ganze Stadt steht bis zum Arsch in Dreckwasser. Sechs Produktionen, einschließlich unserer eigenen, mussten wegen der Überschwemmungen und Stromausfall verschoben werden, aber morgen geht’s bei uns weiter. Ich hab im Speisesaal des Hotels große Scheinwerfer installiert und sie an den hauseigenen Generator angeschlossen. Die ganze Nacht haben wir Lieder gesungen und Kaffee und Bier getrunken. Wegen der Scheinwerfer war es da drinnen so heiß wie in der Sahara. Sogar die Gepäckträger des Hotels sind hereingekommen, um sich aufzuwärmen und zu trocknen. Alle haben sich prächtig amüsiert.«
»Klingt ja toll«, sagte Peter und fuhr in etwas gedämpfterem Ton fort: »Die Totenfeier für Phil ist gut über die Bühne gegangen. Lydia war auch da.«
»Aha.«
»Ich hab Phils Asche am Strand von Point Reyes ins Meer gestreut.«
»Das hätte ihm gefallen.«
»Tja, vielleicht hab ich immer noch Reste davon unter meinen Fingernägeln. Soll ich ein Stäubchen für dich aufbewahren?«
Hank lachte nervös. »Ich würde Phil als Diamanten vorziehen, weißt du, zum Edelstein zusammengepresst. So was gibt’s tatsächlich.«
»Na ja, er war ja auch ein Juwel.«
»Als ich als Kind zum ersten Mal das Wort Kremation gehört hab, da hab ich gedacht, es bedeute, dass man in eine Creme verwandelt wird.«
Peter seufzte. »Klingt ja grässlich. – Carla ist gerade hier. Ist wieder mal mit einem ihrer Agenten zusammengerasselt.«
»Hast du ihr von der Godiva-Schokolade gegeben?«
»Und Tee. Sie schläft noch. Ich mache ihr gerade Frühstück. Schön, deine Stimme zu hören. Und gut zu wissen, dass wenigstens irgendjemand Arbeit hat.«
»Erst, wenn der Wasserspiegel wieder sinkt. Im Augenblick sitze ich in einem Hotelzimmer und lese einen Stapel Asterix- Hefte. Hab sie mir von einem italienischen Double ausgeliehen.«
Phil hatte früher einmal jedes Asterix- Heft in Französisch und Englisch besessen. Vielleicht lagen sie immer noch in den Kartons in seinem Haus. »Kann sein, dass ich auch bald wieder Arbeit hab«, sagte Peter. »Soll Werbespots und
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