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Stimmen

Stimmen

Titel: Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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ganzen Körper erfasste, war so drängend und heftig, dass er sich wieder wie ein Sechzehnjähriger fühlte, der den ganzen Tag hätte weitermachen können. Er hatte schon seit sechs Monaten mit keiner Frau mehr geschlafen. Peter Russell abstinent. Seit einem halben Jahr. Seit dem Verlust seiner Unschuld hatte er niemals eine so lange Zeitspanne ohne jeden Sex verbracht.
    Daran musste es liegen, das erklärte alles.

 
Kapitel 19
     
    Das leise Läuten des Windspiels unter dem Schlafzimmerfenster weckte ihn aus einem leichten Schlummer. Ein Blick auf die roten Ziffern des Weckers sagte ihm, dass es zwei Uhr nachmittags war. Er fühlte sich völlig erfrischt.
    Alles fing an diesem Punkt neu an. Sex hatte ihm immer schon dieses Gefühl vermittelt. Wenn er auf eine nackte Frau herunterblickte, verspürte er stets so etwas wie ein freudiges Staunen, ein Gefühl von Privileg, von Lust und – nicht ganz so ausgeprägt – von Selbstwert, der ihm bestätigt wurde. Dieses Selbstwertgefühl hing stark davon ab, in wieweit er den Frauen, mit denen er schlief, Lust schenken konnte.
    Als er sich herumwälzte, setzte sich Carla im Bett auf, seufzte und lächelte. Ihr Lächeln zeigte ein bisschen mehr von Zähnen und Gaumen auf der rechten Seite, und das ließ sie noch schöner wirken. »Stimmt es, dass eine Frau dich mal gebeten hat, zu ihr nach Hause zu kommen, damit du ein paar Jungs was über oralen Sex beibringst?«, fragte sie.
    »Stimmt.«
    »Ist ja irre.«
    »Das war in den Sechzigerjahren.«
    »Trotzdem ganz schön mutig. Hatte sie so was wie eine schriftliche Genehmigung von ihren Eltern?«
    Peter schob sein Kopfkissen neben ihres. »Weiß ich nicht. Sie hielt es für ihre Bürgerpflicht, den jungen Männern beizubringen, wie sie ihre Frauen glücklich machen können. Auf diese Weise wollte sie dazu beitragen, dass ihre Ehen später hielten.«
    Carla musterte ihn. »Ich brauche auch jemanden, der mich glücklich macht, aber du wirst das niemals sein. Obwohl du mich wirklich aufmunterst.«
    »Vielen Dank – oder auch nicht, wenn ich’s recht bedenke. Aber du munterst mich auch auf.«
    »Angesichts deiner Miene vorhin in der Küche hatte ich schon Angst, dass…«
    Peter drehte sich herum und legte ihr sanft einen Finger auf die Lippen. Carla neigte dazu, schöne Momente durch ihr Geschwätz zu verderben. Nur ein unbedeutender Fehler an ihr, aber Peter genoss diesen Neuanfang allzu sehr, um auf ihre Bemerkung eingehen zu wollen.
    Sie knabberte an seiner Fingerspitze. »Ich wette, du hast es den Jungs gut vermittelt. Aber wie hast du… Ich meine, wie hast du’s ihnen veranschaulicht?«
    »Hab Karten hervorgezaubert«, erwiderte Peter mit weitschweifender Handbewegung. »Anatomische Karten. Hab eine Kappe und ein langes Gewand getragen.« Er machte den Arm steif, schwang ihn herum, tat so, als zöge er eine Karte herunter und deutete auf die wichtigsten imaginären Punkte: »Labia, Vulva, Klitoris. Hab denen gezeigt, wo der Bartel den Most holt, wo man den Stier bei den Hörnern packt und wo das Bienchen den Honig saugt.« Mit flinken Fingern führte er eine wahre Pantomime auf und griff gleich darauf zu ihr herüber, um ihr seine Kenntnisse zu demonstrieren. Carla, die leicht schockiert wirkte, wälzte sich kichernd aus seiner Reichweite.
    Peter hob den Kopf. »Es war Jahre, ehe jeder Pornofilm in der christlichen Welt den jungen Leuten gezeigt hat, wie man Zunder gibt.«
    »Haben die Jungs später geheiratet? Und haben die Ehen gehalten?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Ich fühl mich so viel besser, ganz vielen Dank. Und jetzt muss ich gehen.« Sie stand auf und holte ihre Kleider aus dem Korb, in den sie sie in den frühen Morgenstunden der letzten Nacht geworfen hatte. Während sie in ihre schwarze Netzstrumpfhose stieg, betrachtete sie ihn aufmerksam. »Still«, sagte sie.
    »Was?«
    »Du denkst zu laut.«
    »Deine Beine sind zu lang.«
    Sie streifte erst die Bluse über, dann den Rock, wobei sie den Reißverschluss vorne halb zuzog, den Rock drehte und hinten ganz zuzog. Mit den Händen auf ein Knie gestützt, zwängte sie sich in die schwarzen hochhackigen Pumps, winkelte den Ellbogen an, bedachte ihn mit einem gespielt schüchternen Blick aus den Augenwinkeln und fuhr sich mit den Fingern durch das lange schwarze Haar.
    Peter lächelte.
    »Und jetzt?«, fragte sie.
    »Komm wieder ins Bett.«
    »Du könntest nicht, und ich sollte nicht«, entgegnete Carla mit süßem Lächeln und warf ihm einen Kuss zu. »Am besten,

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