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Stimmen

Stimmen

Titel: Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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ab, zeichnete der Regisseur King Regent verantwortlich.
    In juristischer Hinsicht herrschten damals schlechte Zeiten für erotische Filme, und es sollte sogar noch schlimmer kommen, aber man konnte Geld damit machen und mit hübschen Frauen ins Bett gehen. Außerdem war es eine aufregende Sache, den Schauspielerinnen und Schauspielern unter den heißen Scheinwerfern ihre Positionen zuzuweisen, und natürlich träumte Peter, wie jeder in Hollywood, von größeren Dingen.
    Zwischen 1969 und 1983 drehte Peter insgesamt einundzwanzig Filme, davon fünfzehn unter seinem eigenen Namen. In derselben Zeit verkaufte er mehr als hundert Fotoserien, anfangs nur an Männer-Magazine, die unter dem Ladentisch gehandelt wurden, wie GRR oder Tuff. Später schaffte es eine seiner Serien in die Zeitschrift Rogue, 1972 brachte auch Oui zwei Serien erotischer Fotos von Peter Russell.
    Die Fotohonorare und das Bargeld, das er für drei innerhalb eines Monats abgedrehte Filme kassierte, verschafften ihm die Grundlage für den Kauf des gebrauchten Porsches und des Hauses in den Hügeln von Glendale.
    Angezogen von seinem Einfluss, wie gering er auch sein mochte, und auf der verzweifelten Suche nach etwas, das man Charme nennen mochte, standen mit der Zeit so viele Frauen mit üppigen Brüsten und langen Beinen bei Peter Schlange, dass selbst er vor dem Andrang kapitulieren musste. Doch im Vergleich zu dem, was er sich erträumte, hatte das alles kaum Bedeutung.
    Später folgten die drei Monate mit Sascha und, zufällig zur selben Zeit, die Anklage wegen eines »Verbrechens gegen die Sittlichkeit« vor dem Bezirksgericht von Los Angeles. Der Prozess brachte Peter zwangsläufig zur Einsicht, dass seine Glückssträhne sich ihrem Ende näherte. Er war eigentlich nur ein kleiner Fisch, den sich die Justiz am örtlichen Strand geschnappt hatte, um den Haien der Tiefsee eine Lektion zu erteilen. Beim Geschäft mit Pornofilmen setzten sich immer mehr die Hard-Core-Streifen durch, was heftige, aber nutzlose Versuche der Justiz nach sich zog, solche Filme zu verbieten. Gleichzeitig erregten sie auch den Zorn des Pöbels.
    Irgendwann schaffte es Peter, fünf Karikaturen an den Playboy zu verkaufen. Doch sämtliche Romane und Kurzgeschichten, an denen er in Arbeitspausen am Drehort und zu Hause schrieb, wurden von den Verlagen abgelehnt. Wohin mit all der überschüssigen Energie? Und wie sollte er die ganzen Rechnungen bezahlen? Schließlich ließ er sich darauf ein, die Romanfassung von Canine Planet, einer populären Fernsehserie, zu schreiben. »Auf dem Planet der Hunde herrschen die Köter, und die Menschen sind Sklaven…«
    Das zumindest war unter seinem eigenen Namen erschienen…
    Peter staubte den Hocker vor dem Zeichentisch ab und nahm seufzend darauf Platz. Das alberne Storyboard mit den altmodischen Schablonen für Fernsehfilme lag leer vor ihm.
    Er versuchte, irgendeinen Anfang für einen Werbespot über Trans zu finden, egal ob Film, Video oder sonst etwas; er dachte an Carlas Traum, skizzierte Kästen mit Menschen, die Sprechblasen hinter sich herzogen und Spuren von Gesprächen zurückließen.
    Das Menschliche herausstellen. Reden ist menschlich. Zuhören ist göttlich. Wenn man’s auf billige Weise tun kann, ist das nichts anderes als ein gutes Geschäft.
    Er lächelte, schüttelte die Hand aus und skizzierte zügig eine Karikatur in Phils Stil. Sie zeigte einen Alltagsmenschen mit dümmlichem, breitem Lächeln, der viele Stangen mit Sprechblasen in der Hand hielt und sie an Menschen austeilte. Die Menschen, Männer und Frauen, stiegen in Taxis und U-Bahnen oder waren auf Fahrrädern zu sehen, schwätzten dabei grinsend vor sich hin und tauschten ihre Sprechblasen mit anderen aus.
    Phil und er hatten jederzeit in den Stil des anderen schlüpfen können. Jetzt schien eine Figur nach Phils Art die bessere Wahl.
    Was wir tun, ist reden. Reden, um andere Menschen zu erreichen. Berühre sie mit deiner Stimme, ehe es zu spät ist. Sprich mit deiner Mutter, deinem Vater, deinen Freunden…
    Nutze die Zeit, solange sie noch am Leben sind.
    Das ließ ihn innehalten. Er starrte auf Phils Figur mit der langen Nase und dem breiten, unbekümmerten Grinsen, der klammheimlich Sprechblasen verteilte – kostenlose Gespräche.
    Die nächsten zehn Minuten verbrachte Peter damit, einen Kreis an den Papierrand zu tüpfeln. Danach sah er zum Kellerfenster hinauf und lauschte auf die Vögel im Garten. So verstrich eine ganze Stunde. Schließlich grunzte

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