Stimmen
Ausrüstung genauso gut kaufen. Für ein paar Tausend bekommst du schon was ziemlich Tolles.«
Peter schüttelte den Kopf. »Hier geht’s um einen Auftrag, Karl.«
»Das meine ich ja gerade. Wenn du so ein Ding, nicht viel größer als deine Faust, auf ein Hundert-Dollar-Stativ montierst, fährst du wunderbar damit. Um welches Budget geht’s denn?«
»Ist noch nicht festgelegt, aber es geht um eine Einführungskampagne für ein Start-up-Unternehmen in der Telekommunikation.«
Karl bemühte sich, nicht das Gesicht zu verziehen. »Und die wollen tatsächlich was Schräges?«, fragte er, die Augen skeptisch zusammengekniffen.
»Sieht ganz so aus.«
»Aha. Dann wollen die sicher was, das richtig nach Film aussieht, mit schlechtem Farbausgleich, Kratzern und Flecken, wie in den guten alten Zeiten. Ich hab eine tolle Arri Super 16, die bei mir auf dem Speicher eh nur Staub ansetzt. Kannst du jederzeit haben.«
Peter nickte dankend, schlenderte durchs Zimmer und musterte die Plakate. »Ich hab deinen letzten Film gesehen. Schöne Arbeit.«
»Hat nicht viel dazugehört«, bekannte Karl. »Wir haben Robin Williams in einen sprechenden Elefanten verwandelt. Wusstest du eigentlich, dass er ein Fan von dir ist?«
Peter lachte.
»Nein, ganz im Ernst. Er hat für mich ein paar Zeilen aus Q. T. zitiert.«
»Das wusste ich nicht.«
Karl schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Komm, ich zeig dir was. Die Computergrafik-Industrie ist drauf und dran, all deine hübschen Mädchen arbeitslos zu machen.«
•
Karl machte mit Peter einen Rundgang durchs Studio. Nachdem sie einen von weiteren Plakaten gesäumten Gang durchquert hatten und an einem Vorführraum mit fünfzig Plätzen vorbeigekommen waren, öffnete Karl eine schwere weiße Metalltür. Sie betraten einen stillen, abgedunkelten Raum mit langen Reihen kleiner Nischen.
»Hier werkeln unsere genialen Schöpfer«, bemerkte Karl.
Weinstein hatte Recht gehabt: Es bestand kaum ein Unterschied zwischen einer solchen Arbeitsnische und einer Gefängniszelle. In jeder Nische stand ein Schreibtisch mit einem einundzwanzig Zoll großen Bildschirm, einer Maus und einer Tastatur. Bücher, Betriebsanleitungen und Spielzeuge aus Plastik füllten die Regale. Eine junge Frau in Jeans und T-Shirt war gerade dabei, an ihrem Arbeitsplatz im Umfeld einer nicht kolorierten menschlichen Figur mit Farbe zu experimentieren. Sie griff sich ein Körperteil heraus, schob es so lange hin und her, bis sie zufrieden war, wirbelte auf dem Stuhl herum und lehnte sich zurück, um Karl anzulächeln, wobei sie alle Zähne zeigte.
Gnädig wie der Boss gegenüber seinem Lohnsklaven, erwiderte Karl ihr Lächeln. »Tracy, das hier ist Peter, ein alter Freund.«
»Schön, Sie kennen zu lernen«, sagte Tracy mit glasigen Augen, gähnte und streckte sich. »Entschuldigung, aber ich arbeite schon seit vier Uhr früh daran.«
»Dann machen Sie mal Pause.«
»Ist nicht nötig.« Mit schicksalsergebener Bedächtigkeit wandte sie sich wieder dem Bildschirm zu und ließ die animierte Figur eine Grimasse ziehen.
»Tracy ist zweiundzwanzig«, sagte Karl, als sie zum Ende des Ganges schlenderten, der rechts und links von Nischen gesäumt wurde. »Hat gerade das Massachusetts Institute for Technology hinter sich und ist eine der Besten bei uns.«
»Das MIT? Nicht die University of Southern California?«
»Sie entfernt Viren, Würmer und alle Macken aus unserer Slicer- und NextMove-Software«, erklärte Karl, während er mit Peter eine Treppe hinaufstieg, die zu einem lang gestreckten Dachraum führte. Dort befanden sich weitere Plakate, Figuren, die Drachen und Dinosaurier darstellten, und ein mit Chromplatten verkleideter Roboter in menschlicher Größe. »Iiich biin Eisenschwengel«, sagte der Roboter mit monotoner Stimme, als sie vorbeigingen. Er warf den Kopf herum und schwenkte drohend die Arme. »Kratz mir den Buuuckel.«
»Sheila, meine Frau – ich bin jetzt verheiratet, kannst du dir das vorstellen? – hat mir das Ding zum Geburtstag gebastelt«, sagte Karl, ließ sich auf einen roten Ledersessel fallen und schaltete einen Flachbildschirm von vierzig Zoll ein. »Das hier ist streng geheim, nicht mal Sheila weiß davon, nur ein paar der Jungs. Wird dir sicher gefallen.« Er stülpte sich ein Kopfmikro und Kopfhörer über.
Auf dem Bildschirm nahm Jean Harlow flimmernd Gestalt an, in Schwarzweiß und von den Schultern aufwärts. Das Haar floss ihr in glänzenden silbernen Wellen auf den
Weitere Kostenlose Bücher