Stimmen
den Schreibtisch herum und legte Peter die Hand auf die Schulter. »He, die wollen dich, Mann, nicht irgendeine MTV-Version von Ridley Scott. Die wollen genau das, was du so gut konntest, und nichts spricht dagegen, dass du es wieder schaffst, stimmt’s?«
Peter nickte, die Hand um die Plastikflasche geklammert.
Als Karl Peter zur Tiefgarage begleitete, gelang es ihm nicht, seine Erleichterung zu verbergen. »Wenn du Geräte oder sonst was brauchst, egal was, gib mir Bescheid«, sagte er, während er neben dem Porsche stehen blieb. »Wir bekommen in der ganzen Stadt Sonderkonditionen. Ich würde dir wirklich gern helfen.«
»Danke.«
Peter öffnete die Wagentür. Karl wollte zurück an die Arbeit und zuckte schon vor Nervosität.
»Mann, wirklich schön, dass du mich besucht hast«, sagte er, während Peter auf den Sitz rutschte. »Genau wie in alten Zeiten. He, erinnerst du dich noch an den Unterricht, den du seinerzeit gegeben hast?«
Peter blickte auf. »Unterricht?«
»Lektionen in oralem Sex. Cunnilingus.«
»Kann mich gar nicht erinnern, dass du dabei warst.«
Karl grinste blöde. »Ich war damals sechzehn und ein völlig unbelecktes Unschuldslamm. Wir haben zu dir wie zu einem Gott aufgesehen. Meine Güte, was du alles gewusst hast. Na ja, es hat funktioniert. Sheila und ich sind jetzt schon sechzehn Jahre verheiratet. Danke, Mann. Ich schulde dir was.«
Trotzdem war Peter klar, dass Karl sich beim nächsten Anruf verleugnen lassen würde.
Kapitel 22
Er bog ab und hielt in der Nähe des Piers von Santa Monica. Mittlerweile war es achtzehn Uhr. Ihm blieben noch drei Stunden, bis Helen bei ihm zu Hause aufkreuzen würde.
Er kurbelte das Fenster herunter und holte tief Luft. Langsam und mit prächtigem Farbenspiel näherte sich die Sonne dem Horizont und sorgte für das besondere Licht, das die Küste am Abend wie ein seidenes Gewand umschmeichelt.
Vielleicht sollte er wirklich ein EKG machen lassen. Schließlich hatte er Pflichten und sich allzu lange in Ausreden geflüchtet. Außerdem war es eine außerordentlich harte Woche gewesen. Da er nichts Besseres zu tun hatte, zog er sein schwarzes Adressbuch aus der Brusttasche des Jacketts, blätterte es durch und suchte nach alten Kollegen – solchen, die nicht so erfolgreich und beschäftigt waren wie Karl. Es gab so etwas wie ein Netz alt gewordener, vom Leben enttäuschter Jungs, deren Verfallsdatum bereits abgelaufen war, so dass nicht vorhersehbar war, was bei ihnen gerade passierte oder noch passieren würde.
Dann aber schloss er die Augen und klappte das Adressbuch zu. Er spürte, wie er in eine neue Welle der Verzweiflung eintauchte. Stell dich.
Wem? Wem sollte er sich stellen? Seinem eigenen Versagen? Er hatte ja noch nicht einmal angefangen, zum Scheitern noch gar keine Zeit gehabt. Stell dich dem Mangel an Selbstvertrauen? Selbst auf dem so genannten Gipfel seiner Karriere hatte Peter bei neuen Filmprojekten nie Selbstvertrauen gehabt.
Er konnte die obszönen Bilder von Sascha einfach nicht wegdrängen. Auf diese Weise auf dem Bildschirm verewigt, so dass alle Welt sie sehen konnte, gezwungen zu tun, was immer man von ihr verlangte, auf immer und ewig…
Was, wenn jedes Foto, das Peter je aufgenommen hatte, jede Filmsequenz, die er je geschossen hatte, den Schauspielerinnen und Schauspielern ein Stück von ihrer Seele geraubt hatten? Konnte das als Erklärung dafür herhalten, dass so viele Schauspieler und Models mit der Zeit zu verblassen schienen und gleichzeitig immer exzentrischer und verzweifelter wirkten?
Und einen solchen Hunger nach Liebe und Leben entwickelten?
Drängte man sie irgendwann bis an einen Punkt, an dem sie nichts mehr zu geben hatten, an dem nichts mehr übrig war, das man aus ihnen hätte heraussaugen können? Und war es möglich, dass die Kamera diesen Zustand erkannte?
Angewidert von seinen eigenen Vorstellungen – es gab nun mal Gedanken, die man besser nicht dachte –, legte er den Sicherheitsgurt an. Für heute Abend war er fertig. Er würde ein bisschen früher als geplant nach Hause kommen, das Abendessen zubereiten und auf Helen und Lindsey warten. Das Wiedersehen mit Lindsey würde ihm helfen.
Und derzeit brauchte Peter jede Hilfe, die er bekommen konnte.
Kapitel 23
Ein riesiger Verkehrsstau hatte die 5 verstopft und sich bis zur 10 ausgebreitet. Peter hockte in seinem niedrigen Sitz hinter einem massiven Sportgeländewagen – einem Porsche SUV, wie er mit verächtlich verzogenen
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