Stimmt's?
abbekommt, weniger als ein Prozent der pharmakologisch wirksamen Menge. Und zweitens nimmt die Lunge sowieso schon praktisch das gesamte Nikotin aus dem inhalierten Rauch auf.
Als Fazit kann man feststellen, dass der Zusatzstoff Kakao wohl nicht die pharmakologische Wirkung einer Zigarette erhöht. Er gehört zu den Stoffen, die das Aroma und den Geschmack des Tabaks verbessern – und so natürlich auch zur Sucht beitragen.
Brauner Zucker ist gesünder als weißer
Stimmt nicht. Über den Zucker und seine Wirkung auf den Körper gibt es fast religiöse Auseinandersetzungen. Zucker wird nicht nur wegen seiner dick machenden und zahnschädigenden Wirkung gescholten, der raffinierte, «isolierte» Industriezucker soll auch Allergien befördern und das Immunsystem belasten. Ich will hier gar nicht über die Frage richten, ob der Haushaltszucker, der praktisch aus reiner Saccharose besteht, ganz besonders schädlich ist. Nur: Wenn es der weiße ist, dann ist es der braune auch.
Denn brauner Zucker ist keinesfalls «natürlicher» als weißer, sondern er entsteht beim Prozess des Raffinierens. Die braune Farbe kommt daher, dass ihm noch Spuren von Sirup anhaften. Wirklich nur Spuren: Sie machen insgesamt weniger als ein Prozent aus. «Entgegen vielen Fehlmeinungen ist brauner Zucker nicht gesünder als der normale Haushaltszucker», schreibt etwa die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. «Er ist ebenfalls ein isolierter Zucker und hat auf den Körper die gleichen schädlichen Wirkungen.» Es kann also durchaus vernünftig sein, den Konsum von Zucker einzuschränken – egal, welche Farbe der hat. Aber wahrscheinlich assoziieren viele Menschen braun irgendwie mit «öko» und glauben, etwas besonders Gesundes zu sich zu nehmen.
Zucker ist ein Vitaminräuber
Stimmt nicht. Seinen Ruf als «Vitaminräuber» hat der Zucker daher, dass bei seiner Verarbeitung im Körper das Vitamin B 1 (Thiamin) als Coenzym wirksam wird. Für 250 Gramm Zucker (entspricht 1000 Kilokalorien) sind 0,3 Milligramm Thiamin vonnöten. Das Vitamin wird dabei aber nicht verbraucht, es steht nach dem Stoffwechsel wiederzur Verfügung. Außerdem nimmt jeder von uns, der sich noch von etwas anderem ernährt als von reinem Kristallzucker, täglich etwa zwei Milligramm Thiamin aus anderen Quellen zu sich – genug also, um fast anderthalb Kilo Zucker zu verdauen.
Es gibt zwar Menschen, die unter Vitamin-B 1 -Mangel leiden, aber das hat wenig mit dem Zuckergenuss zu tun. Häufig ist der Alkoholkonsum schuld, denn Alkohol hemmt tatsächlich die Aufnahme von Thiamin in den Körper.
Man kann dem Zucker also viel Böses nachsagen, etwa dass er dick macht und die Zähne schädigt – aber der Vorwurf, dass er Vitamine raubt, ist unberechtigt.
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Die Fähigkeit, die Zunge zu einem Röllchen zu formen, ist genetisch bedingt
Stimmt nicht. Die Fähigkeit, die Zunge an den Rändern aufzurollen (eine Art U zu formen), ist ein schönes Beispiel, mit dem man im Biologieunterricht die Vererbung von Eigenschaften nach den Mendel’schen Gesetzen untersuchen kann: Sie ist leicht zu überprüfen, außerdem macht es den Schülern viel Spaß, ihre Verwandtschaft daraufhin zu testen und sie in «Roller» und «Nichtroller» zu unterteilen.
Nur: Das Beispiel ist zu schön, um wahr zu sein. Alfred Sturtevant, der im Jahr 1940 zu den Ersten gehörte, die ein dominantes Gen für diese Eigenschaft verantwortlich machten, schrieb schon 1965 in seinem Buch «A History of Genetics» über «eine unglückliche Tendenz» in der Wissenschaft, manche Merkmale als Beispiel für die Mendel’sche Vererbung zu akzeptieren, obwohl die Beweislage sehr dürftig ist. Im Fall des Zungenrollens kam der Todesstoß bereits 1952, als ein gewisser Philip Matlock eineiige Zwillinge untersuchte. Deren Fähigkeit müsste ja aufgrund ihrer identischen Erbanlagen immergleich sein – bei 21 Prozent der von Matlock untersuchten Paare war aber jeweils ein Zwilling ein «Roller» und einer ein «Nichtroller». Zwingender Schluss: Es gibt zumindest noch weitere Faktoren, die die Zungenrollfähigkeit beeinflussen. Und offenbar können manche «geborenen» Nichtroller das Rollen sogar lernen.
«Es ist mir immer noch peinlich», schrieb Sturtevant, «wenn ich das Beispiel in aktuellen Arbeiten zitiert sehe.» Und daran hat sich auch in den vergangenen 45 Jahren nicht viel geändert.
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Stimmt es, dass man betrunken wird, wenn man in Sekt badet?
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