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Stine

Stine

Titel: Stine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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gekostet zu haben. Ich weiß, Sie machen sich nichts draus, unter allen Umständen ist Ihnen die Stunde zu früh; aber ich lasse Sie nicht los, und wenn Sie nicht trinken wollen, nun so nippen Sie wenigstens. Anstoßen müssen wir doch, um dem Geschäftlichen einen ungeschäftlichen und, wenn's sein kann, einen gemütlichen Abschluß zu geben.«
    Während er noch so sprach, war er an einen Wandschrank getreten, der in seinem untersten Fach zugleich sein Weinkeller war, und kam mit zwei Gläsern und einer Flasche zurück. An der Art, wie er den Kork zog, erkannte man den Frühstücker von Fach, und nun goß er ein und stieß an. »Hören Sie, wie das klingt. So harmonisch soll alles klingen. Ja, harmonisch, das ist das rechte Wort. Und nun Ihr Wohl, Waldemar. Ich halte Sie nicht mehr lange fest, aber doch fünf Minuten noch. Ich muß Ihnen nämlich eine Liebeserklärung machen, die Sie mir zugute halten wollen. Einem solchen ›vieux‹ wie ich muß man was zugute halten. Sehen Sie, Sie haben ein so gutes Gesicht, ein bißchen schwermütig, aber das tut nichts, das gibt einen Charme mehr, und ich wollte mein Leben darauf verwetten, daß Sie keinem Menschen je was zuleide getan haben. Ich schloß Sie gleich in mein Herz, gleich den ersten Abend... Und nun bring ich noch eine Gesundheit aus, aber ohne Namen. Wozu sollt ich ihn auch nennen? Er steht ohnehin in Ihrem Herzen... Und sehen Sie, Sie sind mir seitdem noch lieber geworden. Im ersten Augenblick bekam ich einen Schreck, ich kann es nicht leugnen, und als ich nun gar noch einen Rat geben sollte, ja, das war mir ein bißchen zuviel. Aber das Diplomatische, das Offizielle, das liegt nun hinter uns, und ich kann nun sprechen, wie mir der Schnabel gewachsen ist. Und da will ich Ihnen denn aufrichtig sagen, aber nur so ganz unter uns, Sie brauchen sich nicht auf mich zu berufen, ich freue mich immer, wenn einer die Courage hat, den ganzen Krimskrams zu durchbrechen. Es gilt auch von dieser Ebenbürtigkeitsregel, was von jeder Regel gilt, sie dauert so lange, bis der Ausnahmefall eintritt. Und Gott sei Dank, daß es Ausnahmefälle gibt. Es lebe der Ausnahmefall. Es lebe... Noch ein halbes Glas, Waldemar. Und was ich Ihnen zum Abschiede noch sagen wollte, ja, sagen muß, der jüngste Schwilow, von dem ich Ihnen vorhin erzählte, hatte recht, und Ihr Onkel hatte zweimal recht, und die Gesellschaft beruhigte sich über die Duperré. Noch kein Vierteljahr, daß ich die jetzige Baronin Schwilow auf Tzschatschow, etwas schwer auszusprechen, im Französischen Theater traf, wo die Subra die Froufrou spielte. Sie sah reizend aus, ich meine die Schwilow – die Subra natürlich auch –, und als sie im Zwischenakt das Köpfchen warf und dabei die Brillanten im Ohrläppchen hin und her läuteten, da läutete sie zugleich die ganze vornehme Gesellschaft zusammen. Und wissen Sie, wer ihr am meisten den Hof machte? Natürlich der Herr Onkel, der aussah, als ob er selber geneigt sei, das von ihm prognostizierte dicke Buch von der gräflichen Admiralstochter zu schreiben. Ja, ja, Waldemar, Erfolg und Mut. Oder beginnen wir mit dem Mut. Am Mute hängt der Erfolg. Und nun Gott befohlen.«
    Waldemar hatte sich inzwischen erhoben und seinen Hut genommen. Er dankte dem Baron und bat ihn, wenn ein ernsteres Zerwürfnis eintreten sollte, seinen Besuch wiederholen zu dürfen.
     

Zwölftes Kapitel
     
    Waldemar, als er bei Baron Papageno vorsprach, hatte die Meinung des Barons in einer ihm wichtigen Angelegenheit hören, im übrigen aber in eben dieser Sache sich durchaus nicht beeilen wollen. Umgekehrt, ein seiner Natur entsprechendes Abwarten und Hinausschieben, und wenn auch nur auf ein paar Tage, war auch diesmal sein Plan gewesen, und erst der ermutigende Ton, in dem der Baron gesprochen hatte, hatte den Gedanken in ihm angeregt, den Besuch beim Onkel, in Ausnutzung der guten Stimmung, in der er sich befand, auf der Stelle machen zu wollen. So bog er denn vom Zietenplatz her in die Mauerstraße ein, sah, als er das Königsmarcksche Palais passierte, zu der zweiten Etage, hinter deren kleinen Fenstern er mit einem vor Jahr und Tag dort wohnenden Freunde manche glückliche Stunde verplaudert hatte, hinauf und stand, nach einer abermaligen Straßenbiegung, vor dem altmodischen, im übrigen aber gut und sauber gehaltenen Hause, dessen oberes Stockwerk der Onkel seit einer Reihe von Jahren innehatte. Portiersleute fehlten, statt ihrer aber war ein ganzes System von Gittertüren da, das, wenn

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