Stirb ewig
ist nun Sache?«
Der Kellner brachte das Wasser, und sie bestellten Essen. Als er gegangen war, berichtete Mark von dem Finger.
Sie schüttelte entsetzt den Kopf. »Das kann nicht wahr sein, Mark.«
Er hatte den Umschlag samt Finger in den Kühlschrank gelegt, schob ihr nun aber den Begleitzettel hinüber.
Ashley las ihn und formte lautlos die Worte, als könnte sie es nicht fassen. Dann flackerte Zorn in ihren Augen auf, und sie fragte anklagend: »Das ist doch nicht etwa dein Werk, oder?«
Nun war es an ihm, entsetzt zu sein. »Was? Du glaubst, ich hätte Michael irgendwo versteckt und ihm den Finger abgeschnitten? Mag sein, dass ich ihn nicht sonderlich leiden kann, aber – «
»Du hast kein Problem damit, ihn in einem Sarg ersticken zu lassen, würdest ihm aber nie im Leben den Finger abschneiden? Komm schon, was soll der Scheiß?«
Er sah sich besorgt um, weil Ashley so laut gesprochen hatte, doch niemand schien von ihnen Notiz zu nehmen.
Mark konnte nicht fassen, dass sie ihn derart angriff. »Ashley, ich bitte dich, das passt nicht zu mir. Was ist nur in dich gefahren? Wir beide sind doch ein Team, das war so abgemacht. Wir lieben uns und arbeiten zusammen, oder?«
Sie gab nach, griff nach seiner Hand und führte sie sanft an die Lippen. »Ich liebe dich so sehr. Aber das war eben ein Schock.«
»Ich weiß.«
»Jeder geht wohl auf seine Weise mit solchen Erlebnissen um.«
Er nickte und küsste zärtlich ihre Hand. »Wir müssen etwas für Michael tun.«
Sie schüttelte den Kopf. »Versteh doch, die Sache ist perfekt. Wir tun einfach gar nichts! Dieser Vic glaubt tatsächlich, du würdest reagieren, nur weil du Michaels Geschäftspartner bist.« Sie grinste. »Einfach unglaublich!«
»Ich habe dir noch nicht alles erzählt.« Mark trank das Bier aus und hielt bereits Ausschau nach seinem Wein. Dann berichtete er von Vics Anruf und Michaels Schreien.
Ashley hörte schweigend zu. »Mein Gott, der arme Michael – er – « Sie biss sich auf die Lippe, eine Träne rollte über ihre Wange. »Ich meine – ach, Scheiße.« Sie schloss für einen Moment die Augen, dann sah sie Mark fest ins Gesicht. »Wie – wie hat dieser Typ ihn gefunden?«
Mark beschloss, den Besuch des Polizisten zunächst nicht zu erwähnen, Ashley war zu aufgewühlt. »Ich kann mir nur vorstellen, dass er zufällig auf das Grab gestoßen ist. Es war ja nicht sonderlich gut versteckt. Verdammt, die Jungs hatten mit ein, zwei Stunden gerechnet. Ich habe versucht, es zu tarnen – aber ein Wanderer hätte es mühelos entdecken können.«
»Der Kerl ist aber kein Wanderer.«
»Vielleicht war alles Zufall. Er findet Michael, erfährt, dass er der reiche Typ ist, nach dem alle suchen, und sieht die Chance seines Lebens. Er bringt ihn weg und schickt uns den Brief – samt Beweisstück.«
»Wie – wie sollen – wir – irgendjemand – ich meine, woher wissen wir, dass es Michaels Finger ist?«
»Vor ungefähr drei Wochen haben wir doch am Boot gearbeitet, an einem Samstagnachmittag. Dabei hat sich Michael den Finger geklemmt. Ist fluchend rumgehüpft und hat ihn unter kaltes Wasser gehalten. Ein paar Tage später zeigte er mir den schwarzen Streifen unter dem Nagel.« Er hielt inne. »Den hatte der Finger auch. Kapiert?«
Ashley wurde ein Teller mit Avocado, Mozzarella und Tomaten serviert, Mark eine große Tasse Minestrone. Als der Kellner weg war, fragte Ashley: »Willst du zur Polizei gehen? Und diesem Bluthund von Ermittler davon erzählen?«
Mark ließ es sich durch den Kopf gehen, während seine Suppe abkühlte. Wenn sie zur Polizei gingen und der Mann seine Drohung wahr machte, wäre die Situation auf elegante Weise gelöst. Doch Michaels Schmerzensschreie waren ihm bis ins Mark gedrungen. Bislang war ihm alles so unwirklich erschienen. Vier Freunde waren tot. Er war zum Grab gegangen und hatte den Luftschlauch herausgezogen. Selbst Michaels Rufe aus dem Sarg hatten ihn nicht richtig berührt. Doch diese Schmerzenslaute waren etwas anderes.
»Michael muss irgendwo seinen Palm Pilot haben. Wenn er überlebt, erfährt er, dass ich von dem Grab wusste.«
»Seit dem Unfall stand doch gar nicht mehr zur Debatte, ob er überlebt, oder?«, fragte Ashley bissig.
Mark schwieg. Sein sonst so geordneter, kühl kalkulierender Verstand brachte keinen klaren Gedanken zustande. Sie hatten Michael nie Schaden zufügen, ihm nur die dummen Streiche heimzahlen wollen. Zudem sah der Plan, den er mit Ashley geschmiedet hatte,
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