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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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es nicht für wichtig gehalten.«
    Die anderen drei sahen Missionar durchdringend an.
    Da Missionar im Betteln eher ungeübt war, bemühte er sich um eine passable Nachahmung. »Ich war nicht vor Ort, das müsst ihr doch verstehen. Ich wollte nicht, dass der Deal platzt; was hätte ich denn tun sollen? Ich habe getan, was ich für das Beste hielt – für uns alle. Ich dachte, ich bekomme ein Dankeschön. Stattdessen jetzt das hier.«
    Noch immer durchdringende Blicke.
    »Ganz ehrlich«, fuhr Missionar fort. »Ich konnte doch nicht ahnen, dass er immer noch da unten ist, oder? Nach all der Zeit.«
    »Ach nein?« Lehrer hatte das Wort ergriffen. »Bist du so naiv? Oder bloß dumm?«
    »Woher hätte ich das wissen sollen?«
    »Hast du gedacht, er würde einfach aufhören? Sich ändern? Wenn jemand es besser wissen sollte, dann doch wohl du.«
    Missionar seufzte. »Es tut mir leid. Ich … ich habe nicht nachgedacht.«
    Lehrer beugte sich vor. »Der Käfig ist noch da unten.«
    Missionar erschauerte. »Ja. Nun … ich dachte, er hat noch … andere.«
    »Die hat er auch«, sagte Gesetzgeber. »Als Ersatz.«
    »Und warum kann er dann nicht –«
    »Weil jeder seine Vorlieben hat.« Wächter sprach in einem Tonfall, der der Diskussion ein Ende setzte. »Er ist darin nicht anders als wir. Es ist alles Teil des Rituals.«
    »Ich wusste nicht, dass der Ritus immer noch vollzogen wird. Ich dachte, jetzt, wo wir das neue Geschäft in Aussicht haben, würden wir endlich in die Zukunft blicken …«
    »Das führt doch zu nichts«, entschied Gesetzgeber. »Wir müssen besprechen, wie es weitergeht. Wir brauchen eine Schadensbegrenzung. Wir brauchen einen Plan.«
    »Du hast recht«, sagte Wächter. »Zustandsbericht. Vorschläge.«
    »Ich sehe es folgendermaßen«, sagte Gesetzgeber. »Es gibt drei Aspekte, die wichtig sind. Erstens: Wir müssen die polizeilichen Ermittlungen in Bezug auf den Käfig und den Jungen im Auge behalten. Zweitens: Wir müssen sicherstellen, dass die Sache keinerlei Auswirkungen auf unsere Waren­lieferung hat. Drittens: Wir müssen dafür sorgen, dass das Ritual wie geplant vollzogen werden kann.«
    Missionar schien verwirrt. »Das Ritual soll trotzdem noch stattfinden? Nach allem, was passiert ist?«
    »Unter allen Umständen«, sagte Gesetzgeber. »Es ist wichtig – für ihn. Er ist wegen der Vorkommnisse aufgebracht. Sehr aufgebracht.«
    Erneut erschauerte Missionar. »Gut. Na dann. Könnten wir nicht einfach …?« Er wusste bereits, wie die Antwort lauten würde, und ließ den Rest der Frage unausgesprochen.
    Lehrer fixierte ihn schweigend.
    Wieder entfuhr Missionar ein Seufzer. »Gott, was für eine verfahrene Situation.« Dann sah er auf, und seine Augen blitzten. »Wartet. Muss es denn unbedingt derselbe sein? Würde es nicht auch mit einem anderen gehen?«
    »Diese Frage kannst du dir selbst beantworten.« Wächter schüttelte den Kopf. »Es muss das erwählte Kind sein. So verlangt es das Ritual.« Er lehnte sich mit der Andeutung eines Lächelns vor. »Oder möchtest du ihm deinen Vorschlag vielleicht gerne persönlich unterbreiten?«
    »Ihr seht, wir haben keine Wahl«, schloss Lehrer. »Wir müssen uns das Kind zurückholen.«
    »Und«, ergänzte Wächter, »jemand muss die Ermittlungen verfolgen.«
    Alle Augen ruhten auf Gesetzgeber. Auf dessen Zügen breitete sich ein müdes Lächeln aus. »Also bleibt alles an mir hängen. Wieder einmal.«
    »Stellt die Frau noch eine Bedrohung für uns dar?«, wollte Lehrer wissen.
    »Nein«, antwortete Gesetzgeber. »Sie hatte heute Morgen einen tragischen Unfall.«
    »Gut«, sagte Lehrer. »Ein Problem weniger. So ist es doch, nicht wahr?«
    »Die Sache ist aus der Welt. Ich denke nicht, dass es ein Nachspiel geben wird.«
    »Gott, was für ein Fiasko«, sagte Missionar
    »An dem du schuld bist«, beschied Lehrer ihn.
    »Wir drehen uns im Kreis«, mahnte Gesetzgeber. »Wir müssen nachdenken, uns einen Plan zurechtlegen. Also, bitte: Fokus. Konzentration. Das ist unser wichtigstes Vorhaben für dieses Jahr.«
    Die vier ließen sich in ihre Stühle zurücksinken und dachten nach.
    Das einzige Geräusch im Raum war das leise Summen der Klimaanlage.
    Dann, nachdem sie sich eine Weile besonnen hatten, begannen sie zu sprechen.
    Bald darauf stand ihr Plan.
    30 Donna hob den Becher an die Lippen. Zu heiß. Sie stellte ihn zurück auf den Tisch neben dem Sofa. Nahm die Zigarette aus dem Aschenbecher, steckte sie sich zwischen die Lippen und zog tief durch.

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