Stirb, mein Prinz
als hätte sie ihn geohrfeigt. Schlagartig kam eine ganz andere Person in ihm zum Vorschein. Schock zuckte über sein Gesicht, gefolgt von Angst. Auf einmal, spürte sie, fühlte er sich nicht mehr so wohl mit seinen Homies im Rücken.
»Im Ernst?« Seine Stimme war leise, voller Unglauben. Wie die eines Kindes.
»Im Ernst. Wo waren Sie gestern Nacht, Daryl? Beziehungsweise heute Morgen?«
Er wich vor ihr zurück und stieß dabei gegen den Pooltisch. »Nee, nee … ich war das nicht. Mir hängen Sie das nicht an.«
»Wo waren Sie, Daryl?«
Wieder ein Blick zu seinen Homies. Sie waren von ihm abgerückt. Nicht mehr ganz so dicke, was? Rose begann die Sache Spaß zu machen. Diesem arroganten Wichser würde sie schon zeigen, wer hier das Sagen hatte.
»Bei … bei meiner Neuen.«
»Wer soll das sein, Ihre Mutter?« Sie konnte nicht widerstehen.
Dreckiges Lachen aus seiner Clique. Daryl wurde wütend.
»Nein, nicht meine Mutter. Ich war bei meiner neuen Freundin. Denise. Bei der war ich.«
»Aha. Und muss Denise auch für Sie auf den Strich gehen?«
»Was?« Fassungslosigkeit.
»Muss sie auch für Geld mit fremden Männern schlafen, und Sie kassieren ab? Wenn jemand weiß, was ein Zuhälter ist, dann doch wohl Sie.«
»Ich bin kein Zuhälter.«
»Nein?« Roses Zorn schwoll an. »Ich hasse Lügner, Daryl. Ganz im Ernst. Jemanden anzulügen zeugt von mangelndem Respekt. Aber wissen Sie was? Zuhälter hasse ich noch mehr. Dreckiges Gesocks. Der mieseste Abschaum überhaupt. Feiglinge, die sich von Frauen aushalten lassen. Zu faul, um selbst zu arbeiten.«
»Ich bin kein Zuhälter!«
»Lügner.«
»Ehrlich, ich bin kein …« Wieder sah er zu seinen Homies, die keinerlei Anstalten machten, ihm zu helfen. Sie hatten sich zurückgezogen. Er stand allein da. Das machte ihn noch wütender. Rose sah, wie sich seine Lippen bewegten, wie sein Blick hin und her flog. Wie er verzweifelt versuchte, ihr irgendwas ins Gesicht zu schleudern. »Aber wenn ich ein Zuhälter wäre«, sagte er schließlich, »dann würde ich dich anschaffen schicken. Damit du mal ein bisschen Respekt lernst und nicht mehr so ’ne dicke Lippe riskierst.«
Mehr war nicht nötig. Das war genau der Anlass, auf den sie gewartet hatte.
Sie packte ihn. Nahm ihn in den Schwitzkasten, zerrte seinen Arm auf den Rücken und bog ihn so weit es ging nach oben. Er schrie auf vor Schmerz. Sie spürte seine Muskeln reißen, hörte es knacken.
»Regelt das draußen!«, rief der Barkeeper von der Theke herüber.
»Du hältst dich da raus«, sagte Rose, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder Daryl zuwandte. »Also, wo waren wir? Ach ja. Lügner und Zuhälter. Ich hasse beide. Soll heißen: dich, Daryl. Und jetzt mach den Mund auf. Du warst Faiths Freund. Musste sie für dich anschaffen gehen?«
»Nein …«
Sie zog heftiger an seinem Arm. Er brüllte. »Ja oder nein?«
»Nein …«, ächzte er.
Klingt wie die Wahrheit , dachte sie missmutig. Er war ein zu großer Schwächling, um auf seinen Lügen zu beharren, während sie ihn in die Mangel nahm. Sie machte trotzdem weiter. »Wo warst du gestern Nacht?«
»Bei Denise, hab ich doch gesagt …«
Sie zog noch ein bisschen.
»Okay, okay … zu Hause. Bei meiner Mum …«
»Schon besser.«
»Warten Sie … warten Sie …«
Rose wartete.
»Hat … Donna Sie geschickt? Hat … sie Ihnen das gesagt? Die alte Schlampe …«
Plötzlich wurde Rose einiges klar. Sie war reingelegt worden. Donna hatte sie belogen, sie heißgemacht und auf Daryl gehetzt. Sie nach Strich und Faden verarscht.
»Warum ist sie eine Schlampe, Daryl?« Sie wollte ihn loslassen, wusste aber nicht, wie. Wusste nicht, wie sie da rauskommen sollte.
»Weil … sie hasst mich. Hat mich immer schon gehasst … dass ich mit Faith was hatte, diese Psycholesbe wollte sie für sich haben. Hat sie dann ja auch gekriegt …«
Verarscht.
Das war ein Scheißgefühl.
Sie zog noch ein letztes Mal an seinem Arm. Er jaulte auf, und sie ließ ihn los. Er sackte vor dem Pooltisch zu Boden, keuchte und heulte. »Sie sind ja irre, eine beknackte Irre …«
»Und du bist trotzdem der letzte Dreck«, sagte sie und ging.
Die Straße entlang, ohne zu wissen, wohin, einfach nur weiter, während das Adrenalin sich langsam verflüchtigte.
Verarscht. Nicht zu fassen.
Unbefriedigt, voll angestauter Wut. So fühlte sie sich. Sie hatte sich komplett lächerlich gemacht. War keinen Schritt weitergekommen. Und auch noch auf einen Unschuldigen losgegangen. Na
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