Stirb, mein Prinz
Adam Weaver. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ihn gestern gesehen habe. Im Büro von Fenton Associates, der Anwaltskanzlei direkt gegenüber von dem Haus, wo wir den Jungen im Käfig gefunden haben. Und später dann noch mal bei der Baufirma. Er saß zusammen mit Karolis Balchunas, dem Besitzer der Baufirma, im Auto.«
Anni sah auf. »Die zwei Fälle hängen zusammen?«
Phil merkte, wie Glass ihn musterte. Er ignorierte es.
»Das wissen wir noch nicht«, sagte er. »Aber wir haben diesen Mr Balchunas überprüft. Er stammt ebenfalls aus Litauen. Wie im Übrigen auch der Großteil der Angestellten, die er beschäftigt.«
Glass räusperte sich. »Ein in Litauen ansässiger Geschäftsmann wird ermordet, während er einen anderen, in England lebenden litauischen Geschäftsmann besucht. Was hat das mit dem Jungen im Keller zu tun?«
»Keine Ahnung«, sagte Phil. »Aber wir werden prüfen, ob es einen Zusammenhang gibt.«
»Objektiv betrachtet«, fuhr Glass fort, »sieht es doch nach einem Geschäftsrivalen aus, der wartet, bis Weaver außer Landes ist, um ihn dann aus dem Weg zu räumen – irgendwo, wo man nicht gegen ihn vorgehen wird. Bestimmt hatte er viele Konkurrenten in Litauen. Da drüben geht es doch zu wie im Wilden Westen.«
»Vielleicht haben Sie recht, Sir«, sagte Phil, den die Unterbrechungen sichtlich ärgerten. »Und wir werden der Sache nachgehen. Das ist eine Möglichkeit. Die andere ist, dass es in irgendeiner Form mit dem zusammenhängt, was wir gestern in dem Abbruchhaus entdeckt haben.«
Glass zuckte mit den Schultern.
»Wir müssen in alle Richtungen ermitteln.« Erneut sah Phil zu seinem DS hinüber. »Danke, Mickey.«
Mickey nickte und warf Phil dabei einen Blick zu.
Phil wusste, was dieser Blick zu bedeuten hatte. Mickey wollte sich bei ihm dafür bedanken, dass er nichts von Mickeys Vermutung gesagt hatte, Weaver von irgendwoher zu kennen. Sie hatten sich darauf geeinigt, dass Mickey diese Spur zunächst allein weiterverfolgen sollte. Falls sich seine Ahnung als richtig erwies, umso besser. Dann hätten sie einen weiteren Anhaltspunkt. Falls nicht – nun, so etwas kam bei polizeilichen Ermittlungen oft vor.
»Könnte es ein professioneller Auftragsmord gewesen sein?«, wollte Anni wissen.
»Also«, meinte Phil, »um ganz ehrlich zu sein, hatte die Tat absolut nichts Professionelles an sich. Das war einer der brutalsten Morde, der mir je untergekommen ist. Geradezu bestialisch. So was passiert normalerweise nur dann, wenn persönliche Faktoren im Spiel sind. Aber endgültig ist nichts. Wir brauchen mehr Informationen.«
»Gibt es denn schon erste Anhaltspunkte oder Hinweise?«, wollte nun Adrian wissen.
»Noch nichts Handfestes«, antwortete Jane Gosling. »Aber ein Mann, auf den die Beschreibung des Obdachlosen passt, den wir gestern vernommen haben, wurde in der näheren Umgebung des Hotels gesehen.«
»Was?« Phil sah in die Runde. »Ich dachte, der ist noch in Gewahrsam. Auf wessen Veranlassung hin wurde er freigelassen?«
Glass beugte sich vor. »Auf meine.«
Phil wirkte verwirrt und auch ein bisschen wütend. »Warum?«
Glass hob die Hände. »Denken Sie etwa, er ist unser Täter?«
»Nein, aber –«
»Exakt. Also habe ich ihn laufenlassen.«
»Aber er könnte etwas gesehen haben. Er könnte etwas wissen.«
»Er hatte uns nichts weiter zu sagen«, beharrte Glass. »Er wurde eingehend befragt, und ich bin sicher, jeder, der mit ihm gesprochen hat, wird mir darin zustimmen, dass derjenige, der den Jungen im Keller eingesperrt hat, jünger und kräftiger gewesen sein muss als dieser Obdachlose. Und klarer im Kopf. Den Kerl konnte man doch nicht mal als menschliches Wesen im engeren Sinne bezeichnen. Und mit Sicherheit war er körperlich nicht zu der Tat in der Lage.«
»Vielleicht hat er Drogen genommen?«, meinte Mickey.
»Davon gehe ich aus«, entgegnete Glass.
»Na ja, man weiß doch nie«, fuhr Mickey fort, um seinem Boss Schützenhilfe zu leisten, »wenn diese Leute irgendwas eingeworfen haben …«
Glass war sichtlich verstimmt darüber, sein Handeln in Frage gestellt zu sehen. »Ich habe ihn laufenlassen. Es war meine Entscheidung, und ich stehe dazu. Weiter im Text.«
»Und kurz darauf«, sagte Phil, »wird er in der Nähe des Hotels gesehen, in dem ein Gast ermordet worden ist.«
Glass’ Stimme wurde lauter. »Falls es überhaupt derselbe Mann war, Detective Inspector.«
»Wir sollten der Sache auf alle Fälle nachgehen.«
Glass erwiderte
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