Stirb, mein Prinz
Badezimmertür abgeschlossen und sich hinter dem Duschvorhang versteckt. Hat nichts gesehen. Hinterher hat sie dann die 999 angerufen.«
Mickey runzelte die Stirn. »Sie hatte ihr Handy mit im Bad?«
Der Anflug eines Lächelns erschien auf Phils Gesicht. »Angeblich hat sie Fotos für ihren Freund gemacht. Sie sagte, das sei so eine Abmachung zwischen ihnen.«
Jetzt lächelte auch Mickey. »Stilvoll. Das heißt also, er war geschäftlich hier? Adam Weaver?«
»Hat er zumindest behauptet. Wir werden das noch überprüfen.«
Erneut wanderte Mickeys Blick zu dem Toten am Boden. Von ihm war nicht viel übrig, anhand dessen man ihn hätte erkennen oder identifizieren können, aber als er die zurückgekämmten grauen Haare sah, war sein erster Gedanke: Das ist der Typ von gestern. Dann schüttelte er den Kopf. Er sah ja schon Gespenster.
»Was?« Phil sah ihn an. »Was war das gerade?«
»Äh … nichts.« Mickey war gar nicht klar gewesen, dass er laut geredet hatte.
Phil blickte ihn abwartend an.
»Nichts.«
»Sie hatten einen Gedanken, Mickey. Eine spontane Reaktion. Ihr Instinkt. Raus damit.«
Mickey versuchte es mit einem Lachen abzutun. »Na ja, also, ich habe den Typen schon mal gesehen. Zuerst gestern in der Anwaltskanzlei. Ich kannte ihn von irgendwoher, zumindest kam es mir so vor. Mir ist nur nicht eingefallen, woher. Na ja, jedenfalls habe ich mir nichts weiter dabei gedacht.«
Er hielt inne. Phil wartete.
»Aber dann …« Mickey seufzte. Wenn er es offen aussprach, kam es ihm noch viel absurder vor. »Dann habe ich ihn noch ein zweites Mal gesehen. Bei der Baufirma. Im Wagen zusammen mit Balchunas. Ich habe Balchunas gefragt, wer er ist. Der ist wütend geworden und hat mich rausgeworfen.«
»Und jetzt liegt er hier. Tot.«
»Falls er es überhaupt ist.«
Erneut sah Phil zur Leiche hinüber. »Glauben Sie an Zufälle, Mickey? Wenn es um Mord geht?«
Mickey antwortete nicht. Es war eindeutig eine rhetorische Frage gewesen.
Jetzt rutschte ihm der Stift aus der Hand. Er blinzelte. Fast wäre er eingedöst. Er trank einen Schluck von seinem Kaffee. Zwei. Dann sah er sich wieder um.
Der Einsatzraum füllte sich allmählich. Bei größeren Ermittlungen verlegten sie ihren Arbeitsplatz normalerweise immer in die Bar. Bestimmt würde der Umzug auch diesmal nicht lange auf sich warten lassen. Es war bereits jetzt zu eng im Raum, und der Fall hatte an Tragweite gewonnen.
Mittlerweile waren alle da. Die Birdies, die wie üblich nebeneinandersaßen. Der blinzelnde Milhouse, den man von seinem Rechner weggezerrt und gezwungen hatte, gegen seinen Willen mit realen Menschen zu kommunizieren. Anni. Sie saß Mickey direkt gegenüber. Als sie aufsah, lächelte sie. Er erwiderte das Lächeln. Hielt es vielleicht eine Sekunde zu lang. Genau wie sie.
Jedes Mal, wenn er sie sah – also so ziemlich jeden Tag –, kam ihm ein einziges Wort in den Sinn: fast . Fast wären sie miteinander ausgegangen. Was trinken. Oder zum Abendessen. Oder ins Kino. Fast hätten sie sich geküsst. Fast wären sie miteinander ins Bett gegangen. Fast. Immer nur fast. Da war definitiv eine Anziehung zwischen ihnen, keine Frage. Und sie beruhte auf Gegenseitigkeit. Aber keiner von ihnen wollte den entscheidenden Schritt machen. Als hielte irgendetwas sie davon ab – Angst vor Zurückweisung. Angst, ihre Freundschaft zu gefährden. Angst, den Respekt voreinander zu verlieren, wenn die Sache schiefging. Er konnte nicht genau sagen, was es war.
Vielleicht kam alles zusammen. Oder vielleicht war es auch etwas ganz anderes – etwas, das ihm gar nicht bewusst war. Jedenfalls waren sie nach wie vor nur gute Freunde. Die sich eine Idee zu lange anlächelten.
Auftritt Glass. Er baute sich vor dem Team auf, ließ eine dicke Mappe auf den Schreibtisch fallen und suchte dann in seiner Aktentasche nach weiteren Unterlagen. Kein Geplänkel, kein Geplauder, sofort zur Sache. Wie gewohnt.
Als Letzte trafen Phil und Marina ein. Mickey runzelte die Stirn. Die beiden kamen zusammen, sahen aber aus, als hätten sie nicht das Geringste miteinander zu tun. Sie setzten sich nebeneinander, achteten dennoch auf einen gewissen Abstand zwischen sich.
Haussegen hängt schief , dachte Mickey und wagte einen Blick zu Anni hinüber. Ihrer Miene nach zu urteilen, hatte sie es auch bemerkt. Das war der Haken daran, wenn man etwas mit einem Kollegen anfing: Wenn die Sache in die Hose ging, wurde es immer unangenehm.
Noch ein Blick zu Anni. So wie sie erst zu
Weitere Kostenlose Bücher