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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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gewesen, und sie hatte genau gewusst, dass er keine Ruhe geben würde, bis er was im Magen hatte, also war ihr nichts anderes übrig geblieben.
    Dann zurück in den Wald. Wo die Nacht, eng und ungemütlich und mehr oder weniger ohne Schlaf, langsam zum Morgen wurde. Und jetzt stand sie da, rauchte und fragte sich, ob sie noch alle Tassen im Schrank hatte.
    Ben starrte sie vom Wageninneren aus an. Er kniete auf dem Sitz, das Gesicht an die Scheibe gepresst. Sie drehte sich von ihm weg. Da öffnete er die Tür und kam zu ihr.
    »Wo ist Mum?«
    Donna antwortete nicht.
    »Ich will zu Mum. Wo ist Mum? Du hast gesagt, wir fahren zu Mum!«
    Hatte sie das? Hatte sie das wirklich gesagt? Sie wünschte, sie hätte sich was zu trinken mitgebracht. Oder einen Joint. Nur um über das Gröbste hinwegzukommen. Irgendwas, das sie am Laufen hielt.
    »Wo ist Mum?«
    Gott, dieses Kind …
    Faith zuliebe hatte Donna sich mit ihm abgefunden. Sie sah sich nicht als Homosexuelle. Als Lesbe. Als Leckschwester. Klar hatte sie so was schon gemacht, Lesbensex. Aber nur für Freier, damit die was zu gucken hatten, und immer gegen Geld. Nicht weil sie Spaß dran gehabt hatte. Faith war dabei ihre Partnerin gewesen. Es hatte ihnen nichts ausgemacht, weil sie sich mochten. Sie waren gute Freundinnen. Donna fühlte sich wohl bei Faith. Bei ihr konnte sie sich so geben, wie sie war. Mehr als bei irgendjemandem sonst in ihrem Leben. Und als Daryl dann aus seiner Wohnung geflogen war und Faith und Ben nicht gewusst hatten, wo sie hinsollten, da war es ganz selbstverständlich gewesen, dass sie bei Donna einzogen. Es war ein kleines Haus, und Ben hatte sein eigenes Zimmer gebraucht. Also war es noch selbstverständlicher gewesen, dass Faith sich mit Donna ein Zimmer teilte. Und ein Bett.
    Und dass sie das, was sie sonst nur für ihre Freier und wegen der Kohle getan hatten, zu ihrem eigenen Vergnügen machten. Und wenn das Donna zu einer Lesbe, einer Leckschwester machte – na und? War doch egal. Faith würde sie nie verprügeln. Niemals ihre Kohle klauen. Sie nie auf den Strich schicken, während sie selbst zu Hause oder im Pub rumhing und das Geld versoff, das Donna verdient hatte, um bei irgendeiner Schlampe Eindruck zu schinden.
    Und jetzt war Faith tot. Und Donna war ganz allein.
    »Wo? Wo ist Mum?«
    Donna fuhr herum und funkelte den kleinen Jungen an. Etwas in ihr zerriss. Irgendeine tiefsitzende, seit langem angestaute Wut kam an die Oberfläche geschossen. »Sie ist weg, okay? Weg. Sie kommt nie mehr wieder, weil sie nämlich –«
    Sie verstummte. Sah ihn an. Er stand da, als hätte sie ihn geschlagen. Sein Mund begann zu zittern, seine Augen füllten sich mit Tränen.
    »Nein, es tut mir leid. Ich …«
    Die Tränen quollen über. Sein Körper bebte unter gewaltigen, herzzerreißenden Schluchzern. Er weinte hemmungslos und untröstlich, so wie nur ein Kind weinen konnte, das das Liebste im Leben verloren hatte. Donna wurde klar, dass sie sich ganz genauso fühlte. Und ihr fiel nichts anderes ein, als mitzuweinen.
    »Es tut mir leid«, stieß sie zwischen Schluchzern hervor. »Es tut mir leid, ich wollte nicht … ich wollte nicht …«
    Sie nahm ihn in die Arme. Er wehrte sich nicht. Erst machte er sich steif, aber dann, als ihm klar wurde, dass sie alles war, was er noch hatte, ließ er sich fallen.
    »Ich hab Angst«, sagte er irgendwann, als die Tränen versiegt waren.
    »Ich auch«, flüsterte Donna. »Ich auch.«
    Er sah zu ihr auf. »Und was machen wir jetzt?«
    Es war fast zu schmerzhaft, seinen Blick zu erwidern. Aber sie musste es tun. »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Ich weiß es nicht …«
    47 Paul hatte es getan. Er war hingegangen und hatte es getan. Und jetzt tat es ihm leid. Genau wie er es vorausgesehen hatte.
    Er war zurück zur Höhle gegangen. Hatte Gärtner freigelassen.
    Er hatte sich fest vorgenommen, nicht nachzugeben. Dieses eine Mal nicht. Diesmal würde er nicht auf das Flehen und die Versprechungen hören. Oh nein. Egal, wie sehr Gärtner auch schrie und heulte. Dass er von jetzt an brav sein würde, dass er niemandem mehr weh tun würde. Wenn Paul ihn nur freiließ. Es tue ihm ja so leid, so leid …
    Dieselbe Leier, dieselben Worte, dieselben Beteuerungen, alles tausendmal gehört.
    Und es funktionierte jedes Mal.
    Denn Gärtner wusste, dass Paul schwach war. Und diese Schwäche nutzte er aus. Zermürbte ihn mit Schuldgefühlen, bis er die Höhle aufsperrte und ihn freiließ.
    Und natürlich hielt Gärtner

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