Stirb schön
die Schulter.
Mit der Glatze und der Brille wirkte Blane wie ein netter Onkel, dessen ruhige, kultivierte Art den Menschen Vertrauen einflößte. Er tippte auf der Tastatur herum, worauf ein kompletter Satz mit zehn Abdrücken erschien. Noch eine Taste. Grace’ Herz setzte aus. Auf dem Bildschirm erschien ein Polizeifoto samt Namen des Mannes. Kein Zweifel, es war der Golffahrer, Janie Strettons Begleiter aus der Karma Bar.
»Wir haben eine Übereinstimmung«, erklärte Blane. »Ich habe den Abdruck durchs NAFIS gejagt. Er wurde ihm vor über einem Jahr nach einem Streit im Escape-Nachtklub abgenommen. Der Mann heißt Mik Luvic und wurde auf Kaution freigelassen. Albaner ohne festen Wohnsitz.«
»Was haben Sie sonst noch über ihn?«, erkundigte sich Grace.
»Das hier.« Blane betätigte einige Tasten. »Jemand hat ihn in der PNC zur Beobachtung markiert – auf Ersuchen von Interpol.«
Grace spürte, wie seine Erregung wuchs. PNC war die landesweite Datenbank der Polizei.
»Also habe ich international mit dem vollen Satz an Fingerabdrücken gesucht, mit einem Abdruck allein geht es nicht. Und stieß auf die Verbindung zu diesem Schätzchen hier.«
Auf dem Monitor erschienen Kopf und Oberkörper eines ungeheuer fetten Mannes, der das Haar mit Gel zurückgekämmt und zu einem winzigen Pferdeschwanz gebunden hatte. Der Kopf wirkte geradezu verloren auf dem massigen Körper.
»Sein Name ist Carl Venner. Wahlweise auch Jonas Smith. Interessante Vergangenheit. Venner war bei der US-Armee, fing als Hubschrauberpilot in Vietnam an. Wurde verwundet und mit dem Purple Heart ausgezeichnet. Dann konnte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr fliegen und wurde Funker. Später beförderte man ihn in eine hohe Position beim militärischen Nachrichtendienst. Wurde in einen Skandal verwickelt. Ein Kameramann und einige Kriegsfotografen wurden angeklagt, weil sie die Folterung und Hinrichtung von Vietcong mitgeschnitten und verkauft hatten.«
»Snuff?«, fragte Grace.
»Genau. Venner konnte sich allerdings irgendwie herauswinden. Er blieb bei der Armee und wurde nach Deutschland auf einen Posten im Nachrichtendienst versetzt. Als der Krieg in Bosnien ausbrach, landete er dort. Und es geschah das Gleiche wie in Vietnam. Schließlich stellte man ihn vor ein Kriegsgericht, weil er die Hinrichtung von Gefangenen gefilmt und die Filme auf dem internationalen Snuff-Markt verkauft hatte.«
»Ist das Ihr Ernst?«
»Absolut, der Typ ist der letzte Dreck. Ein aalglatter Anwalt bekam ihn frei, aber Venner wurde aus der Armee entlassen. Als Nächstes tauchte sein Name im Zusammenhang mit einem internationalen Kinderpornoring auf, der von Atlanta aus operierte. Allerdings ging es nicht nur um Männer, die Sex mit Kindern haben; man filmte auch Morde an Kindern. Vor allem an ostasiatischen und indischen, auch ein paar weiße waren darunter.«
»Du suchst dir deine Gesellschaft wirklich sorgfältig aus, Roy«, meinte Tindall grinsend.
»So bin ich eben. Du solltest mal zu einer Dinnerparty kommen.«
»Ich kann’s kaum erwarten.«
»Was ist aus ihm geworden?«, fragte Grace, nun wieder ernst.
»Hat die Fliege gemacht. Verschwand vom Radarschirm des FBI. Und dann, vor drei Jahren, tauchte er in der Türkei wieder auf. Danach in Athen. Dann in Paris. Dort ließ man einen reizenden kleinen Snuff-Ring hochgehen. Die französische Polizei veranstaltete eine Razzia in einer Wohnung im 16. Arrondissement. Beschlagnahmte einen Haufen Ausrüstung und verhaftete einige Leute, die Venner als ihren Anführer bezeichneten. Seither wurde er nicht mehr gesehen.«
»In welcher Verbindung steht er zu Luvic?«
»Interpol hat einen Mann in London, der darüber Bescheid weiß, Detective Sergeant Barry Farrier. Hier ist seine Nummer.«
»Danke, Derry, das war super. Und so schnell!« Wegen des Verkehrs hatte Grace zwanzig Minuten länger als geplant gebraucht, um in die Zentrale zurückzukehren. Joe Tindall dürfte es ähnlich ergangen sein.
In seinem Büro schloss sich Grace mit dem Überwachungsteam kurz, das den Golf beobachtete. Der Fahrer war noch nicht aufgetaucht. Er wollte gerade Barry Farrier anrufen, als sein Handy klingelte. Sofort erkannte er Harry Frames schrille Stimme.
»Haben Sie was?«
»Na ja, ich weiß nicht, ob es wichtig ist; ich bekomme hier eine Uhr.«
»Eine Uhr?«, fragte Grace verwundert.
»Genau!« Frames Begeisterung wuchs. »Eine Armbanduhr! Sie ist sehr wichtig. Eine Armbanduhr wird Sie zu einem sehr
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