Stirb schön
willkürlich gewählten Namen, den der Computer der Sussex Police ausgeworfen hatte.
Nur Glenn Branson blickte hoch, als Grace eintrat. Der hoch gewachsene Schwarze mit dem kahlen Kopf hob grüßend die Hand. Er trug wie immer einen eleganten Anzug, diesmal mit Nadelstreifen, der ihn eher wie einen wohlhabenden Drogendealer aussehen ließ, ein weißes Hemd mit gestärktem Kragen und eine Krawatte, die vermutlich ein farbenblinder Schimpanse auf Crack entworfen hatte.
»Yo, Oldtimer«, sagte er so laut, dass alle Köpfe in die Höhe fuhren.
Grace lächelte seinen acht Teammitgliedern zu. Die meisten kamen direkt vom letzten Fall und hatten keine richtige Pause gehabt, doch sie waren ein gutes Team, das reibungslos zusammenarbeitete. Und er wusste aus Erfahrung, dass man alles tun musste, um ein gutes Team zusammenzuhalten.
Die Zweitälteste war die fünfunddreißigjährige Bella Moy, Detective Sergeant, die mit fröhlichem Gesicht und einer offenen Schachtel Schokolade vor ihrem PC hockte. Sie tippte konzentriert weiter, während ihre rechte Hand wie ein Insekt verstohlen zur Seite kroch, ein Stückchen schnappte und in den Mund beförderte. Sie war gertenschlank, und doch kannte Grace niemanden, der mehr aß als sie.
Neben ihr saß Detective Constable Nick Nicholas. Er war Ende zwanzig, lang aufgeschossen, mit kurzem Haar und als Ermittler ebenso eifrig wie als Fußballstürmer. Grace spielte mit dem Gedanken, ihn fürs Rugbyteam der Polizei zu werben, dem er ab Herbst als Präsident vorstehen würde.
Gegenüber arbeitete sich DC Emma-Jane Boutwood durch einen dicken Stapel Computerpapier. Zuerst hatte Grace die hübsche Frau, die erst vor kurzem zum Team gestoßen war, wegen ihrer blonden Haare und der perfekten Figur ein wenig unterschätzt, doch sie hatte sich rasch profiliert und würde eine große Zukunft haben, sofern sie bei der Polizei blieb.
»Und?«, fragte Glenn Branson. »Meine Ahnung geht jetzt in eine andere Richtung. Wie kann ich dich davon überzeugen, dass ich diesmal Recht habe? Sie heißt Teresa Wallington.«
»Was wissen wir über sie?«
»Stammt aus Peacehaven. Ist gestern Abend nicht zu ihrer Verlobungsfeier erschienen.«
Ein Schauer überlief ihn. »Weiter.«
»Ich habe mit dem Verlobten gesprochen. Wirkt überzeugend.«
»Na, ich weiß nicht«, meinte Grace. Sein Instinkt sagte ihm, dass es noch zu früh war, doch er wollte auch Glenns Enthusiasmus nicht bremsen. Er betrachtete die Tatortfotos an der Wand, die auf sein Drängen hin schnell entwickelt worden waren. Eine Nahaufnahme der abgetrennten Hand, die grauenhaften Bilder des Torsos im schwarzen Müllbeutel.
»Vertrau mir, Roy.«
»Dir vertrauen?«, fragte Grace noch immer mit Blick auf die Fotos.
»Schon wieder!«, beschwerte sich Branson.
»Was?«, fragte Grace verwirrt.
»Jetzt tust du es schon wieder, Mann. Beantwortest eine Frage mit einer Frage.«
»Weil ich nie kapiere, wovon du eigentlich redest!«
»Ach, Scheiße!«
»Wie viele vermisste Frauen kommen immer noch in Betracht?«
»Fünf, genau wie gestern. Innerhalb eines angemessenen Radius. Mehr, wenn wir landesweit suchen.«
»Noch nichts über die DNA?«
»Heute Abend um sechs wissen sie hoffentlich, ob sie das Opfer in der Datenbank haben«, warf DC Boutwood ein.
Grace sah auf die Uhr. Noch eine Viertelstunde, dann musste er ins Leichenschauhaus. Er rechnete rasch im Kopf nach. Nach Schätzung von Dr. Theobald war die Frau noch keine vierundzwanzig Stunden tot gewesen. Es kam gar nicht so selten vor, dass jemand einen Tag lang vermisst wurde. Nach zwei Tagen setzte bei Freunden, Verwandten und Kollegen gewöhnlich die Sorge ein. Im Laufe des Tages würden sie hoffentlich eine definitive Liste der in Frage kommenden Frauen aufstellen können.
»Haben wir einen Abguss von den Fußabdrücken?«, fragte er DC Nicholas.
»Ist in Arbeit.«
»Das reicht mir nicht«, sagte Grace leicht gereizt. »Bei der Besprechung heute Morgen habe ich angeordnet, dass zwei Beamte mit Abgüssen zu den Berufsausstattern in der Gegend fahren, vielleicht hat jemand Arbeitsstiefel für diesen Zweck gekauft. Und wenn ja, könnte ihn die Überwachungskamera gefilmt haben. So viele Geschäfte, die Arbeitsstiefel führen, kann es ja nicht geben. Ich will den Bericht um halb sieben auf dem Tisch haben.«
DC Nicholas nickte und griff nach dem Telefon.
»Sie hat sich seit zwei Tagen nicht gemeldet«, drängte Branson.
»Wer?«
»Teresa Wallington. Wohnt mit ihrem Verlobten
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