Stirb
Zufahrtsstraße zur Pension ein und fuhr über den Schotterweg auf den »Burlacher Hof« zu, als sie den grünen VW -Bus in der Einfahrt stehen sah. Sollte sie in der ganzen Aufregung die Ankunftsdaten neuer Gäste verbummelt haben?
Beunruhigt registrierte sie das Berliner Kennzeichen. »Emma, sei doch so lieb und geh schon mal ins Haus.«
Erst als ihre Tochter in der Haustür verschwunden war, ging Lara auf den Bus zu. Hinter dem Steuer saß niemand.
Lara klopfte an die Seitentür. Im Innern wurde ein Poltern laut. Es verging eine Weile, ehe die Tür aufgeschoben wurde.
»Torben!« Erleichtert lachte Lara auf. »So schnell habe ich gar nicht mit dir gerechnet!«
Torben Landsberg sprang aus dem Bulli.
»Komm her, lass dich drücken!« Er schlang die Arme um sie. »Mein Gott, ist das lange her!«
Lara strahlte ihn mit Tränen in den Augen an.
»Kannst du wohl laut sagen!«
Bis auf die Brille, die ihm etwas Intellektuelles verlieh, und die grauen Strähnen, die seine dunklen Haare vereinzelt durchzogen, sah Torben noch immer aus wie damals.
»Warum hast du mich nicht schon viel früher angerufen?«, wollte er wissen.
»Torben, du weißt, ich hatte keine Wahl.«
Er nickte nur, dann machte er einen Schritt zurück und musterte sie.
»Mensch, die hellen Haare, die Klamotten – du siehst so verändert aus … Ich erkenne dich kaum wieder.«
»Mir wurde damals dazu geraten, mich auch äußerlich zu verändern«, erklärte Lara und strich ihren dunklen Hosenrock glatt.
»Verstehe.« Leicht schmunzelnd blickte er an ihr hinunter. »Lara, Lara – ich wette, die Rüganer oder wie die heißen liegen dir zu Füßen …«
»Ja, ja, spar dir das«, lachte sie und spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. »Ach, und bitte …« Sie legte ihre Hand auf seine Schulter und zog ihn zu sich heran. »Karoline. Karoline Wöhler – bitte vergiss das nicht, solange du hier bist.«
»Okay, Karoline Wöhler« – er rümpfte die Nase –, »kannst ja nichts dafür.«
Lara rollte im Spaß mit den Augen, dann spähte sie neugierig an Torben vorbei zu seinem VW-Bus.
»Schicker Wagen«, witzelte Lara und zog ironisch eine Augenbraue hoch. »Früher hätte man dich mit allem, was auch nur im Entferntesten nach Camping aussieht, jagen können.«
»Tja, die Zeiten ändern sich. Außerdem habe ich mein Bett gleich dabei.«
»Aber du kannst doch in der Pension schlafen, wir haben reichlich freie Betten.«
»Nein, nein, lass mal«, sagte er, nahm sie bei der Hand und zog sie in den Bus.
»Komm, wirf mal ’nen Blick in meine bescheidene Stube!«
»Und sonst so?«, fragte sie, während sie sich ihm auf der kleinen Sitzgelegenheit neben der Schlafvorrichtung gegenübersetzte und ihre Augen weiter umherwanderten. »Wie läuft’s an der Charité?«
Sie hatte in dem Berliner Krankenhaus angerufen, um Torbens Nummer ausfindig zu machen, da er bei der Auskunft nicht verzeichnet war.
»Was soll ich sagen, die Toten auf meinem Seziertisch sind leider immer noch nicht sonderlich gesprächig.«
Sie lachte. »Mach dir nichts draus – die stehen den wenigen Gästen, die sich hin und wieder in die Pension verirren, in nichts nach.«
Torben nickte und betrachtete mit dem Anflug eines Lächelns den Ring, der an Laras Finger steckte.
»Du bist wieder verheiratet?«
»Nein, das nicht. Genau genommen sind Frank und ich erst seit einigen Monaten ein Paar. Er ist im Augenblick nicht da, aber vielleicht triffst du ihn ja noch.«
»Wie lange ist er denn weg?«, hakte Torben interessiert nach.
»Nur ein paar Tage, seine Mutter liegt im Sterben …«
Wie in Zeitlupe nickte Torben.
»Und, wie ist er so?«
Sie schürzte die Lippen.
»Frank hat so seine Launen, aber er hat ein gutes Herz und wir lieben uns.« Aus irgendeinem Grund wollte sie das Thema damit beenden. »Und du – immer noch auf der Suche nach Mister Right?«
»Ach, frag besser nicht …«, sagte Torben und winkte ab. »Der Bus gehört eigentlich Mister Right, der sich nur leider als Mister Wrong entpuppt hat.«
»Tut mir leid«, sagte Lara bedauernd.
»Ja, ja, mir auch. Andererseits bin ich auch irgendwie froh, dass er weg ist, hat immer irgendwelche krummen Dinger gedreht …« Achselzuckend schüttelte er den Kopf. »Eines Tages ist er Hals über Kopf abgehauen.«
»Und den VW -Bus hat er dir einfach dagelassen?«
»Äh, ja … nein«, sagte er schnell und seufzte. »Ach, Mensch – ist so viel passiert in all den Jahren, was?«
»Du weichst mir
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