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Stirb

Stirb

Titel: Stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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Ostseezeitung, als sie den Artikel entdeckte.
    Drei Tote bei Brand in Diskothek
    Berlin. In der Nacht zum Samstag wurde im Berliner Stadtteil Mitte die Diskothek »Rouge« in Brand gesetzt. Die Flammen brachen gegen 4:30 Uhr aus. Die 132 Gäste, die sich in der Diskothek befanden, blieben unversehrt. Nach ersten Schätzungen beläuft sich der Sachschaden auf rund 120.000 Euro. Möglicher Tatverdächtiger ist der Barkeeper Daniel Rodriguez. Der Gesuchte ist circa ein Meter fünfundachtzig groß, hat kurze schwarze Haare und ein südeuropäisches Aussehen. In der Tatnacht war er zuletzt mit einem schwarzen Hemd, dunkelgrauen Jeans und halbhohen Stiefeln bekleidet. Das Landeskriminalamt Berlin bittet bei der Fahndung um Mithilfe.
    Für sachdienliche Hinweise wenden Sie sich bitte an Ihre nächste Polizeidienststelle.
    Lara nippte an ihrer Kaffeetasse und spürte, wie sich ihr beim Anblick des neben dem Artikel abgedruckten Fahndungsfotos der Magen verkrampfte. Er ist etwas magerer geworden, seine Wangen sind eingefallen und sein Stirnansatz zurückgewichen, doch er hat noch immer den gleichen unschuldigen Ausdruck im Gesicht.
    Für einen Moment dachte sie daran, dass die besagte Diskothek nur einen Katzensprung von ihrem ehemaligen Café entfernt lag, in das vermutlich längst eine der in Berlin wie Pilze aus dem Boden sprießenden Galerien gezogen war. Rasch schlug sie die Zeitung zu. Das alles lag lange zurück. Zu lange, als dass sie sich weiter mit dem Gedanken daran quälen wollte.
    Sie brachte die Zeitung zur Altpapiertonne, als sie vom Schuppen her ein scharfes Knurren hörte.
    Hector. Der Rüde, der den Großteil seines Hundelebens damit zubrachte, friedlich vor sich hin zu dösen, hatte sich zähnefletschend mit angelegten Ohren vor der Tür zum Schuppen aufgebaut, als habe sich der Leibhaftige darin versteckt. Was war bloß mit dem Hund los?
    Sie sah ihn gerade noch durch den Türspalt in den Schuppen flitzen, als sein Knurren nach einem plötzlichen Aufjaulen erstarb.
    Lara lief zu der Hütte. Ein Schwall modriger Luft schlug ihr entgegen, eine Mischung aus Schmieröl und verrottendem Holz.
    »Hector?« Der Schäferhund flitzte winselnd an ihr vorbei und bellte weiter den Schuppen an. Die Hand am morschen Türrahmen, spähte Lara in den dunklen Raum hinein, in den durch Risse im Holz stellenweise Licht sickerte.
    Dahinten lag etwas.
    Sie tastete sich zwischen Fahrrädern und von Spinnweben überzogenen Gartengeräten vor, ehe sie sah, dass es sich um einen umgefallenen Sack Blumenerde handelte. Doch dahinter, da war noch etwas anderes. Lara trat näher.
    Es war eine Kappe.
    Eine RedSox-Baseballkappe .
    ***
    Kaum hatte sie sich von dem ersten Schreck erholt, stürmte Lara mit der Mütze in der Hand Richtung Veranda. Dort hatte Arne ihren Platz auf der Hollywoodschaukel eingenommen und döste in der Nachmittagssonne. Die Füße über Kreuz auf dem Tisch, in der einen Hand einen großen Joint, mit der anderen kraulte er die Ohren des Schäferhundes, der hechelnd – und vollkommen unversehrt – neben ihm lag.
    Lara blieb auf dem Weg ins Haus stehen und streckte Arne die Kappe entgegen.
    »Ist die von dir?«, fragte sie, um einen beiläufigen Tonfall bemüht. Er nahm die Beine vom Tisch und schob seine Sonnenbrille in den Haaransatz.
    »Hm, nein, ich steh nicht so auf Baseball.« Er sank entspannt zurück und zog versonnen an seinem Joint. »Aber wenn du Lust hast, können wir die Tage mal segeln gehen, wie wär’s?«
    Lara erwiderte nichts und spürte, wie sie kurz davor war, die Nerven zu verlieren.
    »Zeig mal her, die könnte mir vielleicht passen«, überlegte Arne und nahm ihr die Kappe ab, die Lara ihm sofort wieder entriss.
    »Nicht anfassen!«
    »Ist ja gut, alles easy … Was ist denn auf einmal los mit dir?«
    Lara musterte ihn todernst.
    »Hast du jemanden aus dem Schuppen kommen sehen?«
    »Aus dem Schuppen?« Er blies Rauchkringel in die Luft. »Was sollte denn irgendwer in dem ollen Schuppen wollen?«, fragte er und streckte ihr seinen Joint entgegen. »Hier, zieh mal, das beruhigt die Nerven.«
    Lara rührte sich nicht.
    »Gehört die dem Papst, oder warum schiebst so einen Stress wegen dieser Kappe?«, lachte Arne und schnippte die Asche auf den Boden.
    Lara senkte den Blick auf die Baseballkappe und wusste, dass es nur eine Erklärung dafür geben konnte.
    Und in Sekundenbruchteilen kam alles wieder hoch. Die grässlichen Bilder von damals. Die alte Angst. Die Ungewissheit. Einfach

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