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Stirb

Stirb

Titel: Stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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Folterkammer wurde.
    Die Schwelle des Todes.
    »Ich … brauche hier bitte einen Moment für mich«, erklärte Russbach und schickte seine Leute raus. Ganz allein im Raum, ließ er den Anblick, der sich ihm bot, auf sich wirken.
    Inmitten des Raums stand eine klapprige Pritsche. Einige Gurte an jeder Seite sowie Hand- und Fußfesseln, um die Opfer an der Flucht zu hindern und ihnen jeglichen Bewegungsspielraum während der Folter zu versagen. An der Wand dahinter lehnte ein Kamerastativ.
    » N U T T E N « stand an der Wand. Die Farbe der Buchstaben waren in feinziselierten Bahnen hinabgeronnen und von dem gleichen bräunlichen Rot wie die Blutkrusten auf der Pritsche, über der brummende Fliegen kreisten.
    Gregor Russbach spürte, wie ihn ein Schauer überlief, während ihm die Schreie der Frauen, die hier gefoltert worden waren, durch den Kopf geisterten. Ihre vergeblichen Hilferufe. Ihr Winseln um Gnade. Russbach kniff die Augen zusammen.
    »Du gottverdammter Bastard …«, brummte er vor sich hin, »… dieses Mal kriegen wir dich. Wir sind in dein Reich eingedrungen, in eine Schatzkammer, bis oben hin voll mit Beweisen.«
    »Scheiße noch mal«, hörte er plötzlich jemanden hinter sich ächzen. »Wie seid ihr Jungs denn auf diese gottverdammte Gruft hier gestoßen?« Die Stimme gehörte Claudius Killing, dem Schneemann, der mit seinem Team der Spurensicherung soeben eingetroffen war. »Eine Immobilienannonce war das sicher nicht …«
    Russbach zog die Stirn kraus.
    »Nein, nicht ganz.« Er wandte sich zu seinem Kollegen um, dessen Overall das rötliche Licht reflektierte und ihn wie einen Astronauten aussehen ließ. »War ein Notruf von einem Klempner. Eine Etage tiefer hat eine Jazzgruppe ihren Proberaum. Und jemand von denen hat ihn gerufen, weil Wasser von der Decke getropft ist und weder der Hausmeister noch der Vermieter zu erreichen waren.«
    »Wusste gar nicht, dass ihr Jungs vom Morddezernat euch jetzt schon um Wasserschäden kümmert«, feixte der Schneemann, »aber wenn bei mir demnächst die Abflüsse gereinigt werden müssen, gebe ich gerne Bescheid.«
    »Ich lach später drüber«, brummte Russbach und wandte sich mit ernster Miene einer Wäscheleine zu, die quer durch den hinteren Teils des Raums gespannt war und an der zahlreiche Schwarzweißabzüge aufgehängt waren.
    Russbach verengte seine Augen zu schmalen Schlitzen. Was er da vor sich sah, waren Schnappschüsse, wie man sie von Paparazzi kennt. Nur waren darauf keine Prominenten zu sehen. Die mit den Jahren teils stark verblichenen Bilder zeigten die getöteten Frauen.
    »Er ist seinen Opfern auf Schritt und Tritt gefolgt und hat ihre Gewohnheiten genaustens studiert«, sagte er mehr zu sich selbst. Er ließ seine Augen weiter über die Abzüge wandern, auf denen neben der Krankenschwester Franziska Hoffmann und der Prostituierten Irina Petrova auch die letzten Opfer zu sehen waren, deren Fotos sie der Presse aus strategischen Gründen bislang vorenthalten hatten.
    Die Bilder zeigten die Frauen, die sich auf den ersten Blick zum Verwechseln ähnlich sahen, im Alltag. Beim Rausbringen des Hausmülls, beim Ausführen ihres Hundes, beim Leeren des Briefkastens, in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit und so weiter und so weiter. Die Anzahl der Motive schien endlos. Und den sorglosen Mienen der Frauen war anzusehen, dass sie nicht die leiseste Ahnung hatten, beobachtet zu werden.
    Russbach duckte sich unter den Fotografien hindurch und betrachtete die Bilder an der Leine dahinter. Sie zeigten die Opfer während der Folter. Der bloße Anblick raubte selbst dem hartgesottenen Leiter der Mordkommission den Atem.
    Augen, in denen entsetzliche Angst stand. Weit aufgerissene Münder, die von einem qualvollen Todeskampf zeugten. Blutverschmierte Gliedmaßen. Gregor Russbach spürte, wie sich sein Magen immer weiter zusammenzog, als habe sich eine Schlinge um seine Gedärme gelegt. »Sieh einer an, dein Tranchiermesser hast du gleich mitfotografiert«, sagte er laut. »Scheinst mächtig stolz auf dein kleines Spielzeug zu sein.«
    Dann verharrte sein Blick auf einem Foto, auf dem im Hintergrund ein Campingbus erkennbar war.
    »Russi, sieh dir das an, hier geht’s noch weiter …«, rief der Schneemann. Mit der Schulter drückte er eine schmale Tür auf, deren Umrisse sich kaum merklich auf der Wand abgezeichnet hatten, und verschwand in der dahintergelegenen Kammer.
    Vorsichtig folgte ihm Russbach und wäre dabei um ein Haar über einen im Wasser

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