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Stirb

Stirb

Titel: Stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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treibenden Stöckelschuh gestolpert. Ein penetranter Gestank von Urin, Kerzenwachs und Räucherstäbchen durchzog den beengten Raum.
    Sieht ganz danach aus, als seien wir soeben im Herzstück dieser Hölle angelangt, dachte Russbach, als sein Blick auf einen mit kitschigen Plastikblumen und heruntergebrannten Kerzen dekorierten Tisch im hintersten Eck fiel.
    »Scheint so, als hätten wir’s wohl doch mit einem Frauenhasser zu tun«, überlegte Kumiko Kobayashi, die soeben die Kammer betreten hatte. Die pummelige Asiatin war zuletzt bei einem spektakulären Fall, bei dem es um das Verschwinden einiger Kinder aus Berliner Tagesstätten ging, beteiligt gewesen und erst kürzlich vom LKA zur Mordkommission gewechselt.
    »Ich glaube nicht, dass er Frauen grundsätzlich verabscheut«, gab Russbach zur Antwort und stellte das gerahmte Schwarzweißporträt, das aussah, als sei es zerrissen und wieder zusammengeklebt worden, wieder zurück auf den Tisch. »Ich denke, dass er nur diese eine hier verabscheut.« Das Gesicht, das ihn von dem Foto anlächelte, kam ihm nur allzu bekannt vor. Aber warum sie? Warum nur hat sich ausgerechnet diese Frau in dein krankes Hirn eingebrannt?
    Kumiko Kobayashi trat dicht an Russbach heran.
    »Ist das nicht diese Frau, die das Café hatte, wie hieß sie noch gleich?«
    »Lara Simons«, meinte Russbach beunruhigt und fixierte mit versteinerter Miene das Foto.
    ***
    Zur gleichen Zeit auf Rügen …
    Der Regen war stärker geworden und prasselte auf die tiefschwarzen Regenschirme der Trauergäste, die rund um das Grab versammelt waren.
    »Liebe Trauergemeinde, wir haben uns heute hier versammelt, um Abschied von Barbara Linz zu nehmen, die uns auf so grausame Art und Weise genommen wurde«, begann der Pfarrer mit seiner Predigt. »Gott wird abwischen alle Tränen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Schmerz wird mehr sein. Es segne dich Gott, der Vater, der dich geschaffen hat nach seinem Bilde …« Lara hatte sich unter dem Schirm bei Torben eingehakt und starrte auf den Sarg von Barbara Linz. Es war das erste Mal, dass sie seit dem Tod ihrer Mutter zu einer Beerdigung gegangen war.
    Damals war Lara sechs Jahre alt, und außer ihr waren lediglich noch der Pfarrer und ihr Vater anwesend gewesen, um ihrer Mutter die letzte Ehre zu erweisen. Es war das erste Mal, dass Lara ihren Vater hatte weinen sehen. Dabei hätte er schon vor dem tragischen Tod der Mutter allen Grund dazu gehabt.
    Ein kühler Ostseewind pfiff Lara um die Ohren und brachte sie mit den Gedanken an das Grab von Barbara Linz zurück. Hier und da wurde ein Schniefen oder ein Schluchzen laut. Und während der Pfarrer mit seiner Rede fortfuhr, sah Lara kurz auf und ließ ihren Blick über die Trauernden schweifen.
    »Der dreieinige Gott, der deinen Eingang gesegnet hat, segne deinen Ausgang in Ewigkeit. Wir legen dich nun in Gottes Erde. Asche zu Asche. Staub zu Staub. Und nun nehmet Abschied in Frieden.«
    Lara nahm die Schippe, die ihr Torben gereicht hatte, und warf ein Häufchen Erde auf Linz’ Sarg. Wenngleich der Zeitpunkt denkbar unpassend war, drängten sich ihr die Fragen auf, ob und, falls ja, wie lange Frank sie schon mit Barbara Linz betrogen haben mochte? Und ob er es ihr je gesagt hätte, und was er für Barbara Linz empfunden hatte. War er deshalb noch nicht zurückgekehrt – aus Angst, seine Trauer würde ihn verraten? Lara wusste es nicht, doch all diese Gedanken lösten ein Stechen in ihrer Brust aus.
    Obwohl sie in den letzten Tagen noch nicht die Ruhe gefunden hatte, sich darüber klarzuwerden, ob sie ihm die Affäre je verzeihen könnte, war Lara letzten Endes doch froh darüber, den Kriminalbeamten nichts davon erzählt und Frank nicht unnötig belastet zu haben. Auch Torben hatte kein Sterbenswörtchen darüber verloren. Und nicht zuletzt war er es gewesen, der sie überzeugt hatte, auf Linz’ Beerdigung zu gehen, um nicht noch mehr Gerede auf sich zu ziehen.
    Sie folgten der Trauergesellschaft in einigem Abstand zum Gemeindehaus, als ihr Sylvia Hausmann vom Eingangstor des Friedhofs zuwinkte. »Ich wollte ohnehin aufbrechen«, seufzte Torben, der mit seinem VW-Bus noch ein paar Tage die Insel erkunden wollte. Obwohl er vor seiner Rückreise nach Berlin noch einmal im »Burlacher Hof« einkehren würde, fiel Lara es schon jetzt schwer, ihren alten Freund gehen zu lassen. Sie biss sich auf die Unterlippe und rang sich ein Lächeln ab, als sie Torben verabschiedete. Reiß dich zusammen, und

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