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Stirb

Stirb

Titel: Stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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seufzte Kobayashi, »wer auch immer dieses Loft hier gemietet hat, hat ihm die Miete stets pünktlich am Ersten des Monats in einem Umschlag mit kleinen Scheinen in den Briefkasten geworfen. Und das schon seit mehr als einem Jahrzehnt, wobei ihn der Vermieter kein einziges Mal zu Gesicht bekommen haben will.« Sie lachte kurz auf. »Allerdings müsste es schon mit dem Teufel zugehen, wenn die Spusis in diesem Loch nicht irgendwas finden würden, was uns weiterbringt, oder nicht?«
    Russbach antwortete nicht sofort. Er stand jetzt am anderen Ende des Regals und hatte etwas entdeckt. Er winkte sie heran.
    »Los, Kikki! Komm mal her!«
    An der äußeren Regalwand hing ein zerfledderter Stadtplan von Berlin.
    Kobayashi kniff die Augen zusammen.
    »Sieh sich einer das an – der hat sämtliche Orte, an denen er die Leichname der Opfer abgelegt hat, rot umkringelt.«
    Wütend schüttelte Russbach den Kopf. Es war, als dokumentiere diese Karte sein eigenes Versagen.
    »Bleibt nur zu hoffen, dass keine weiteren Kringel hinzukommen …« Er wollte sich gerade abwenden, da hielt er plötzlich inne. »Moment mal, darunter hängt noch was anderes.« Seine Hand fuhr zum Stadtplan und hob die untere Ecke, die ein Eselsohr hatte, vorsichtig an. Dahinter kam eine weitere Karte zum Vorschein. Als er registrierte, um welche Karte es sich handelte, hatte Russbach das Gefühl, eine tickende Bombe vor sich zu haben, die jeden Moment explodieren konnte.
    »Großer Gott, Hausmann und Kern haben sich geirrt – der Killer ist auf Rügen!«
    ***
    Auf Rügen …
    Eine Möwe flog kreischend über den Friedhof hinweg, als Lara und Sylvia Hausmann über den Parkplatz liefen. Als sie vor ihren Autos stehen blieben, zog Hausmann ihre Hand aus dem Trenchcoat und streckte sie Lara mit einem ermutigenden Lächeln entgegen. »Tja, dann …«
    Lara presste die Lippen aufeinander und erwiderte den festen Händedruck der Polizistin, die sie ebenso schätzen gelernt hatte wie die Frau hinter der Dienstmarke.
    Als Lara in ihren alten Saab stieg, war sie dennoch erleichtert, dass Hausmann abreiste und ihren Koffer voll schrecklicher Erinnerungen wieder mitnahm.
    Die Kommissarin schloss ihren Schirm und warf ihn neben den Trolley und die Handtasche auf die Rückbank des Passats. Türen fielen zu, Motoren sprangen an, und wenig später fuhren Lara und Hausmann in entgegengesetzte Richtungen davon.
    Tief vergraben in Sylvia Hausmanns Handtasche hatte das Handy, das sie auf dem Friedhof leise gestellt hatte, noch bis vor wenigen Augenblicken pausenlos vibriert.
    Neun Anrufe. Alle von Gregor Russbach.
    Alle sollten unbeachtet bleiben.
    ***
    Am Nachmittag …
    Wie so oft während der Woche herrschte auf dem Reiterhof nicht viel Betrieb. Lara lief durch die lichtdurchflutete Reithalle, nickte einem jungen Mann zu, der einen mächtigen Araberhengst zur Koppel hinausführte, und hielt weiter nach ihrer Tochter Ausschau.
    Wie immer war Emma nach der Schule direkt zu ihrem Pferd gefahren, doch in der Halle war sie nirgends zu sehen.
    Lara blickte sich immer wieder um, während sie an den leeren Tribünen vorbei zum Boxenstall ging. Der Geruch von Heu und Leder durchdrang die Stallungen, als sie im Vorbeilaufen den Hals nach den schnaubenden Pferden reckte.
    »Emma? Bist du hier?« Plötzlich hörte sie die Tür zur Sattelkammer zuschlagen. Emma stand mit dem Rücken zu ihr in Reitkappe und Stiefeln am Ende der Boxenreihe, hielt das Zaumzeug unter dem Arm und schloss die Tür mehrfach ab.
    Lara atmete auf.
    »Da bist du ja!«
    Emma hörte sie nicht, hatte wie so oft ihre iPod-Stöpsel in den Ohren. Lara lief auf sie zu, hielt aber vor der Box unverhofft inne, als sie Emmas braune Trakehnerstute seltsam röchelnd im Stroh liegen sah. Großer Gott!
    Geschockt rannte Lara weiter zu Emma, die am anderen Ende des Reitstalls noch immer am Türschloss hantierte. Sie griff das Mädchen am Oberarm und zerrte es panisch herum, bevor sie plötzlich losließ.
    »Vanessa! Entschuldigung, ich dachte, du … du seist …« Lara machte einen Schritt zurück, hob die Hände, um nicht die Balance zu verlieren, und starrte das Mädchen mit erschrockenen Augen an.
    Vanessa Klausner, die hin und wieder zusammen mit Emma ausritt, nahm ihre Ohrstöpsel heraus.
    »Was ist denn los, Frau Wöhler?«
    »Hast du Emma gesehen?«, fragte Lara mit ansteigender Stimme.
    Achselzuckend schüttelte Vanessa den Kopf.
    »Nö, war sie denn heute überhaupt hier?«
    Lara spürte, wie ihr die Angst

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