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Stoer die feinen Leute nicht

Titel: Stoer die feinen Leute nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Dabei sah er aus wie das blühende Leben, braungebrannt, trotz der fünfzig Jahre kaum eine Falte im Gesicht, volle weiße Haare, wegen seines Charakterkopfes von vielen Leuten beneidet.
    „… und wenn schon: die würden mir doch keine Briefe klauen!“ Magerkort monologisierte weiter. „Mir fehlt ja kein Pfennig von dem Geld, das ich eingenommen habe… Merkwürdig!“
    Kämena fand es ebenfalls merkwürdig. Es gab zwei Möglichkeiten: entweder hatte der Täter geglaubt, Magerkort würde eine größere Summe bei sich haben, oder er hatte verhindern wollen, daß ein von ihm geschriebener Brief den Empfänger erreichte. Eine Liebesgeschichte? Erpressung? Ein Geständnis? Aber warum um alles in der Welt war der Gute in diesem Fall nicht einfach zum Postamt gegangen, hatte seinen Ausweis vorgelegt, die Adresse des Empfängers aufgeschrieben und um die Herausgabe des Briefes gebeten? Das wäre doch anstandslos über die Bühne gegangen.
    „Ich kann mir da keinen Vers darauf machen“, sagte Magerkort. „Wenn das so weitergeht – man ist ja seines Lebens nicht mehr sicher…“
    Kämena klappte sein Notizbuch zu. Sonderlich viel war bei Magerkort weiß Gott nicht zu holen gewesen. Sehr mager, Herr Magerkort… Ein Scherz vielleicht, eine alberne Wette? Oder vielleicht jemand, der die Briefe zu Hause öffnete, um zu sehen, ob sich eine Erpressung starten ließ? Immerhin eine Möglichkeit; in der Knochenhauergasse wohnten nicht die Ärmsten der Armen.
    „… da kann ich Ihnen auch nicht weiterhelfen“, sagte Magerkort.
    „Macht nichts, Herr…“ Kämena drückte ihm die Hand. „Herr Magerkort. Und vielen Dank für Ihre Auskünfte. Wenn was ist, melden wir uns bei Ihnen. Tschüß dann! Und erholen Sie sich gut!“
    Frau Magerkort geleitete ihn zur Tür.
    Kämena war zu Fuß gekommen, also mußte er auch zu Fuß ins Stadt- und Polizeiamt zurückgehen, es sei denn, er nahm sich ein Taxi oder telefonierte nach einem Dienstwagen. Aber das erste war ihm zu teuer und das zweite zu mühselig. Also ging er die Wallanlagen entlang, obwohl seine beiden Hühneraugen brannten. An sich war es ein schöner Spaziergang – die vielen kleinen Enten, die Schwäne und die Amseln, die frische Luft – , aber die rechte Freude daran wollte sich bei ihm nicht einstellen, denn einmal waren ihm die Wallanlagen wegen der vielen kleineren und größeren Verbrechen unsympathisch, die hier regelmäßig des Nachts geschahen, und zum andern beneidete er die Rentner, Hausfrauen und Wermutbrüder, die sich auf den Bänken sonnten, während er Dienst schieben mußte.
    Seine Laune wurde auch nicht besser, als sein engster Mitarbeiter, Kriminalmeister Stoffregen, zum Rapport erschien. Stoffregen, Mittelstürmer in der zweiten Mannschaft des TSV Bramme, robust und selbstbewußt, wollte mit seiner Freundin zum Essen und hatte es eilig.
    „Keine Spuren am Tatort. Unter den Straßenpassanten und den Anwohnern keiner, dem was aufgefallen ist… Ich hab in der Knochenhauerstraße rumgefragt: keiner, der ‘n Brief erwartet hätte, der so einen Überfall rechtfertigen, eh… Ich meine, erklären könnte.“
    „Und der Mann aus dem Kino?“
    „Der hat nichts mehr gesehen. Ehe der die Wendeltreppe runter war… Ein alter Opa, wissen Sie – so zwischen siebzig und scheintot… Nur ein paar Geräusche, ein dumpfer Fall, hastige Schritte – nichts weiter. Er hat sich erst mal um den Briefträger gekümmert, ehe er auf die Straße gelaufen ist. Anschließend war’s zu spät.“ Stoffregen sah auf die Uhr.
    „Nun gehn Sie schon essen!“ sagte Kämena. „Guten Appetit!“
    „Danke, gleichfalls.“
    „Ich mit meinem Magen…“
    Kämena wartete, bis Stoffregen verschwunden war, dann machte er sich daran, seine Lottoscheine auszufüllen. 3, 13, 24, 38, 39, 41, Zusatzzahl 21. Endlich mal was gewinnen und den ganzen Scheiß hier vom Hals haben. Nun wieder dieser idiotische Überfall auf den Briefträger. Und das kurz vor der Wahl. Wenn er nicht rauskriegte, was dahintersteckte, würde Lankenau ihm wieder mal ganz schön die Hölle heiß machen. Hoffentlich wurde Trey neuer Bürgermeister, mit dem war auf alle Fälle besser Kirschen essen. Der Briefträger… Und dazu noch der dauernde Ärger mit diesem Armleuchter von Lemmermann, dem sie jede zweite Nacht die Scheiben einschmissen. Offensichtlich ein Irrer in der Stadt – fehlte bloß noch, daß der mal Amok lief. Aber an sich war’s schon ganz schön, daß der Lemmermann sich ärgerte. Was kam der auch

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