Stoer die feinen Leute nicht
aufgenommen und mit 4,75 abgespielt. Oder die Geschwindigkeit schwankte, wurde beim Abspielen mit dem Finger gebremst. Es klang schaurig. Sie verstand nicht alles, reimte sich aber das meiste zusammen.
… letzte Warnung… verschwinden Sie aus Bramme!… keine rote Hure hier … wir brauchen keine Anarch… Nur wenn… diesmal… nur … Stein, beim nächstenmal eine Kugel… spaßen nicht … Frist bis…
Aufgelegt!
7
Neun Uhr. Für Bramme war es ein Morgen, der keine Chance hatte, in die Annalen der Stadt einzugehen. Ein Morgen wie jeder andere. Auf dem Marktplatz hatten die Händler ihre Stände aufgeschlagen, durch die Brammermoorer Heerstraße zuckelten die Straßenbahnen, in der Galerie Bouché sahen fünfzehn Primaner Porträts, Selbstbildnisse und Stilleben von Paula Modersohn-Becker (1876-1907), im Albert-Schweitzer-Gymnasium fiel in der 12a wieder mal der Chemie-Unterricht aus, im. Rathaus empfing Bürgermeister Lankenau eine Jugendgruppe aus Clermont-Ferrand (Hauptstadt des Departments Puy-de-Dôme), im Wespennest trafen sich die norddeutschen Vertreter der NEDOKosmetik, der Bootsverleiher auf der Schloßinsel brachte das erste Ruderboot an den Mann, auf dem Matthäi-Kirchhof wurde die Rentnerin Anna Rethpohl beigesetzt (Unsere liebe Urgroßmutter, Großmutter, Tante und Großtante ist im gesegneten Alter von fast 91 Jahren… ), auf dem Gelände der BUTH KG besichtigten Leute mit 25 000 Mark Startkapital das Musterhaus B 2001 (WOHNE GUT MIT BUTH!), im Sex-Shop von Helmut Lemmermann verlangte der fünfzigjährige Architekt Werner Falldorf (BDA) EREKTA-Fix (schnellwirkend, für sexualmüde Männer), auf dem Bahnhof hatte der E 1904 nach Bremen (planmäßige Abfahrt 9.03) fünf Minuten Verspätung, in der Bank, im Lichthaus Bruns, im Schuhhaus Dopp, in der Zoohandlung Wachmann und im Café Klauer (italienisches Eis) erschienen die ersten Kunden, und am Wallgraben bestaunten Mütter und Kinder das stete Wachsen junger Enten.
Nur für Katja Marciniak, 22, Studentin der Soziologie, war es kein Morgen wie jeder andere.
Unausgeschlafen, überdreht vom vielen Kaffee und überempfindlich gegenüber Geräuschen und Farben saß sie Kommissar Kämena gegenüber, der sie hochfahrend und spöttisch behandelte und ihren Zustand offenbar auf Hasch oder LSD zurückführte.
„Das sieht mir ein bißchen nach Verfolgungswahn aus“, sagte er, als sie geendet hatte. „Erst der angebliche Ladendiebstahl, dann der… hm… Mordversuch mit dem Wagen, und zu guter Letzt der Stein ins Pensionszimmer…“ Er ging noch einmal seine Notizen durch.
Kriminalmeister Stoffregen schaute herein: „Wurthmann hat heute Geburtstag; kommen Sie mit, ein Glas Sekt trinken?“
Kämena ärgerte sich. „Ich kann doch mit meiner Galle keinen Sekt…!“
„Ach so, ja.“ Stoffregen grinste und verschwand.
Kämena versicherte Katja, sein Bestes tun zu wollen, um die Zwischenfälle aufzuklären. Sollte sich aber herausstellen, daß… Dann… Er habe kein Verständnis für Leute, die sich auf diese Art und Weise interessant machen wollten, denn… Ein Leibwächter komme gar nicht in Frage. „Dieser Anruf ist doch nur ein schlechter Scherz!“
Spinner, dachte Katja. Aber sie bedankte sich bei ihm für sein Verständnis und seine Hilfsbereitschaft und bat darum, das Telefon benutzen zu dürfen – dienstlich sozusagen, für die Untersuchung, die sie in Bramme durchzuführen hatten.
„Ja, wenn’s sein muß – aber bitte im Nebenzimmer.“
Auf Katjas Liste standen fünf Namen:
Otto Piaskowski, Sprecher der Heimatvertriebenen
Bernharda Behrens, Leiterin der Volkshochschule Bramme
Jens-Uwe Wätjen, 2. Vorsitzender des TSV Bramme
Enno Doehrenkamp, Amtsrat, Verwaltungsleiter des Kreiskrankenhauses Bramme
Dr. Hinrich Achtermann, Vorsitzender des Heimatkundlichen Vereins
Alles Personen, von denen man relevante Informationen erhoffen konnte und die es in einem ersten Kontaktgespräch für die Studie zu gewinnen galt… Sie fing von oben an und hatte Pech.
Piaskowski war nach Bonn gefahren, wie seine Frau berichtete, und bei Bernharda Behrens meldete sich überhaupt niemand, weder in der Volkshochschule noch zu Hause. Katja war leicht frustriert. Das einzige, was heute klappte, war die Tür zu Kämenas Dienstzimmer. Sie probierte es mit der Geschäftsstelle des mehr oder minder ruhmreichen TSV Bramme. Und siehe da, man war zugegen: frisch, fromm, fröhlich, frei.
„Turn- und Sportverein Bramme!“ schallte es ihr
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