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Stoer die feinen Leute nicht

Titel: Stoer die feinen Leute nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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ein. Sie zuckte zusammen, fror plötzlich.
    Die alte braune Tapete… Auffallend die senkrechten Erhebungen. Eine Tür…? Sie klopfte die Wände ab. Nichts. Sie schaltete den Radioapparat wieder ein. Nur atmosphärische Störungen. Sie zog sich ins Bett zurück und knipste die Nachttischlampe aus. Ich bin doch kein Kind mehr!
    Blitze erhellten den Raum, warfen bizarre Schatten. Über ihr schlurfende Schritte. Die Haustür wurde zugeschlagen. Ein Feuerwehrzug polterte die Straße entlang. Die Scheiben klirrten. Wär ich doch bloß in Berlin geblieben!
    Sie zählte bis fünfzig, dann wieder rückwärts bis null, blieb bei 29 stecken. Sie versuchte, sich etwas Schönes vorzustellen: mit Corzelius am Brammer Meer, mit einem eleganten Mann in einer Kudamm-Bar – mal war es Buth, mal war es Lemmermann. Komisch! Klick, andere Bilder: Biebusch hielt ihre Diplomarbeit in der Hand und sagte: Ich kann nicht anders – magna cum laude. Die Großmutter schenkte ihr das Auto: Fahr damit ins Glück… Hatte sie nie gesagt, natürlich. Schwulst hatte ihr nie gelegen. Klick. Der Abend an der Havel, an dem sie…
    Die Tablette und das Bier ließen sie schläfrig werden, die Beklemmung, die Angst hielten sie wach. Noch zwanzig Zentimeter, und ich läge jetzt in so einem komischen Sarg, wie sie immer in den Fernsehkrimis… Diese flachen Dinger. Sind sie aus Blech? Aus Plastik?
    Sie knipste das Licht wieder an, riß sich das Nachthemd herunter, wusch sich noch einmal, aß einen Apfel, zog sich frische Sachen an, streifte sie wieder ab, warf sich nackt aufs Bett.
    Kein Schlaf, und morgen schwer arbeiten. Die ersten Interviews.
    Bramme und Marciniak, das geht nicht… Die Großmutter.
    Nerven behalten! Lankenau.
    Wie ich überhaupt gegen jeden Druck bin… Kossack.
    Da sitzen wir im gleichen Boot… Lemmermann.
    Das kann ja noch allerhand Zirkus hier geben… Corzelius.
    Ein Mann. Seinen Namen hat er nicht genannt. Er wollte nur wissen, wann Sie hier ankommen… Frau Meyerdierks.
    Wer da auf die Steinplatte tritt, der wird vom Unglück verfolgt… Der Zeitungshändler.
    Geht’s dir gut, liegt’s an Buth… Günther Buth.
    Freut mich, angenehm… Dr. Trey.
    Das ist ja ein wahres Kesseltreiben, das man da gegen uns eröffnet… Biebusch.
    Die Stimmen ließen sich nicht verjagen; die Bilder, die dazugehörten, ebensowenig. Gesichter tanzten vor Kulissen, die ineinander übergingen.
    Ihr Schlaf war flach und quälend, wie eine genau dosierte Narkose: zu wenig, um endgültig wegzutreten, zu viel, um wach zu bleiben. Vom Turm der nahen Matthäikirche schlug es zwei, schlug es drei. Fast schon dämmerte es. Neben ihr spielte das Kofferradio mit schwächer werdender Batterie. Eine Stimme hallte wie aus fremden Sternenhaufen… Nur die Liebe läßt uns leben… leben… leben… Leben, ja. Leben. Es fährt ein Zug nach nirgendwo… nirgendwo… nirgendwo…
    Die Träume jagten sich. Die meisten waren sanft und vergingen wie Ringe aus Rauch.
    Einer blieb.
    Sie stand in einem Keller. Die Kleidung zerrissen. Kein Fenster, nur eine Tür. Salpeter an den Wänden, Wassertropfen an der Decke. Auf dem Boden zwei große Gasflaschen. Zwei Schläuche. Ein Mann mit einer Maske vorm Gesicht hielt einen Schneidbrenner in der Hand. Eine scharfe Flamme zischte hervor. Der Mann kam auf sie zu. Langsam, schwebend wie ein Raumfahrer, zentimeterweise. Sie wollte sich bewegen, wollte fliehen, doch sie war zur Salzsäule erstarrt; ihre Glieder gehorchten nicht. Nicht einmal ein Schrei. Da war die Flamme. Der Mann zielte auf ihren Schoß… Jetzt!
    Sie fuhr hoch, ihr Entsetzen entlud sich in einem gurgelnden Aufschrei. Zitternd, schweißgebadet suchte sie nach dem Schalter der Nachttischlampe. Er war weg… Nein, da war er.
    Licht! Endlich Helligkeit. Sie sprang aus dem Bett, lief im Zimmer auf und ab, tat Sinnloses: wühlte in ihren Büchern, schloß die Schränke auf und zu, hing ihre Bluse auf einen Bügel, obwohl sie zur Reinigung sollte, schaltete den Durchlauferhitzer an und wieder aus, angelte einen Kronkorken unter dem Bett hervor. Schließlich drehte sie den kalten Hahn auf und hielt die Stirn unter den Strahl. Dann setzte sie die Cointreau-Flasche an den Mund, trank, verschluckte sich, hustete, warf sich wieder aufs Bett.
    Alkohol auf Beruhigungstabletten. Bald war sie betäubt. Das grausame Bild verblaßte.
    Ein neuer Traum.
    Sie stieg in eine U-Bahn. Wohl irgendwo in Berlin. Ein Umsteigebahnhof. Der Zug fuhr an. Glitt durch den Tunnel, kam zwischendurch

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