Stoerfall in Reaktor 1
Dann gehen wir mit den Sachen woandershin.«
»Wir?«, fragt Gunnar prompt nach. »Du bist nicht alleine? Da gehören noch andere dazu? Was sind das für Leute? Und woher habt ihr die Informationen überhaupt? Habt ihr jemanden im AKW , der euch …?«
Der Wirt kommt und stellt das neue Guinness vor Gunnar auf den Tisch. Als er Lukas fragend anblickt, schüttelt der nur den Kopf. Der Wirt verzieht das Gesicht und verschwindet wieder Richtung Theke.
»Okay«, sagt Gunnar nach einem kurzen Moment. »Ist vielleicht auch nicht so wichtig. Ich muss nur die Sicherheit haben, dass eure Informationen wirklich stimmen. Wenn das brauchbares Material ist, dann sind wir im Geschäft. Glaub mir, es würde mich sehr freuen, wenn wir diese Atom-Mafia mal ein bisschen aufmischen könnten! Gerade jetzt, wo ihre Tage gezählt zu sein scheinen und sie auf Teufel komm raus noch mal ordentlich Profit aus ihren Dreckschleudern holen wollen. Und keine Angst, ich erzähl dir nicht irgendwas vom Pferd, ich bin auf eurer Seite. Ich habe die Nase so gestrichen voll von den ganzen Mauscheleien, die hier ablaufen, das kannst du dir überhaupt nicht vorstellen! Ich bin Journalist, und ich habe meinen Beruf immer so verstanden, dass ich auch unbequeme Fragen stellen muss. Und mit unbequemen Antworten an die Öffentlichkeit gehe.« Jetzt schaut er Lukas eindringlich an. »Also, wann?«
»Was?«
»Wann treffen wir uns? Wann kann ich das Material haben?«
Was soll’s, denkt Lukas. Er scheint okay zu sein. Lassen wir es drauf ankommen!
»Wie Sie wollen«, sagt er. »Wir können uns auch heute Abend noch treffen.«
Gunnar zieht sein iPhone aus der Tasche. »Ganz schlecht. Ich habe einen Termin in Hannover, da komme ich nicht drum rum. Morgen würde gehen, ist mir egal wann. Morgen ist Dienstag«, überlegt er laut. »Für Freitag haben sie diesen Tag der offenen Tür angesetzt. Wäre gut, wenn wir am selben Tag mit dem Material in der Zeitung wären, damit es richtig knallt. Oder nein, halt! Vielleicht besser sogar erst am Samstag. Lass sie ruhig erst noch ihre Party feiern und die Leute verarschen, umso größer wird dann die Wirkung des Artikels sein. Und am Wochenende haben die Leute viel Zeit, um in aller Ruhe Zeitung zu lesen. Also?«
»Nach der Schule vielleicht. Können Sie nach Wendburg kommen? Aber nicht zur Schule, wir treffen uns …« Lukas überlegt. »Am Friedhof«, sagt er dann. »Da ist nie jemand zur Mittagszeit. Ist ausgeschildert. Aber es wäre vielleicht gut, wenn Sie ohne das Presseschild an Ihrem Auto kommen.«
Gunnar blickt ihn fragend an.
»Erstens«, sagt Lukas, »wir reden von Wendburg! Jeder sieht alles, auch wenn keiner da ist. Zweitens: Es gibt da vielleicht ein Problem, von dem ich Ihnen noch erzählen sollte …« Er berichtet kurz von Koschinski und Müller, wie sie bei seinen Eltern aufgetaucht sind und die Geschichte mit der Ärztin auf der Demo. Was Hannah über die beiden herausgefunden hat, verschweigt er, um zu vermeiden, dass er von der Computer-Hackerei erzählen muss.
»Klingt fast nach Staatsschutz«, meint Gunnar. »Und das wiederum würde bedeuten, dass da tatsächlich irgendwas verdammt faul ist. Mann, ich hoffe nur, dein Material ist wirklich so gut, wie du behauptest.«
»14 Uhr?«, fragt Lukas nur. »Ist das okay?«
Gunnar nickt. »Ich bin da.«
»Bringen Sie am besten einen Laptop mit, dann kann ich gleich ein paar Sachen erklären«, schlägt Lukas vor. Dann schiebt er seinen Stuhl zurück und steht auf.
»Ich zahle«, sagt Gunnar und erhebt sich ebenfalls. Das zweite Guinness hat er kaum angerührt.
Als Lukas wieder im Krankenhaus ankommt, findet er seine Mutter bei seiner Schwester im Zimmer. Karlotta schläft, Lukas’ Mutter sitzt am Fenster und liest. Auf dem Bett neben Karlotta liegen T-Shirt, Bademantel und Waschbeutel, alles von seiner Mutter.
»Heißt das, du musst hierbleiben?«, fragt Lukas leise.
»Sie wollen Karlotta für ein paar Tage zur Beobachtung dabehalten, bis sie sie richtig eingestellt haben. Und ich dachte, ich bleibe wenigstens wieder die erste Nacht bei ihr. Ich wusste ja schon vom letzten Mal, dass das passieren könnte und habe deshalb gleich meine Schlafsachen mitgenommen. Aber du musst dir keine Sorgen machen, sie kümmern sich hier wirklich alle ganz toll um Karlotta und sie macht ihre Sache gut. Sie ist jetzt einfach nur müde. Ist es okay für dich, wenn du mit dem Bus nach Hause fährst?«
»Klar«, sagt Lukas. »Das Auto wirst du mir ja
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